Asylantrag

Hongkong, Moskau, Havanna: Snowden auf der Flucht (Update)

Vorbild Assange weiter in ecuadorianischer Botschaft gefangen
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Ricardo Patiño Aroca, Außenminister Ecuadors, bestätigt, dass Snowden in Ecuador politisches Asyl beantragt hat. Ricardo Patiño Aroca, Außenminister Ecuadors, bestätigt, dass Snowden in Ecuador politisches Asyl beantragt hat.
Bild: dpa
Nach seiner Flucht aus Hongkong sucht der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden offenbar im südamerikanischen Ecuador Schutz vor der Strafverfolgung durch die US-Behörden. Snowden, der als "Whistleblower" in den vergangenen Wochen umfangreiche Abhöraktionen der Geheimdienste der USA und Großbritanniens öffentlich gemacht hatte, habe einen Asylantrag gestellt, teilte der ecuadorianische Außenminister Ricardo Patiño Aroca über Twitter mit. Im Laufe des Tages will Aroca eine Pressekonferenz in Vietnam geben. Dort wird erwartet, dass er zum Antrag Snowdens Stellung bezieht. Derzeit gibt es noch keine Hinweise, ob der Antrag angenommen werden wird. Die USA appellierten an die Regierung in Quito, den Antrag abzulehnen.

Update: Snowden wohl nicht an Bord des Fliegers nach Havanna

11:44 Uhr: Laut Informationen des Wall Street Journal wird Russland tatsächlich nicht eingreifen und werde Snowden nicht vor dem Abflug festnehmen. Dies soll der russische Regierungssprecher Dmitry Peskov gesagt haben.

12:34 Uhr: Das Flugzeug nach Havanna hat das Gate mittlerweile verlassen. Weiterhin besteht Unklarheit darüber, ob Snowden in diesem Flugzeug sitzt. Eine VIP-Person soll das Flugzeug bestiegen haben, so die Reuters-Korrespondentin Lidia Kelly. Laut der Guardian-Korrespondentin Miriam Elder gebe es bis zum jetzigen Zeitpunkt aber keinen Beweis, er sei überhaupt am Flughafen gewesen.

13:08 Uhr: Der frühere US-Geheimdienstler Edward Snowden ist nach Angaben der russischen Fluggesellschaft Aeroflot nicht an Bord der Maschine nach Kuba. Das meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf das Unternehmen.

14:56 Uhr: Der ecuadorianische Außenminister hat nach Informationen des Guardian auf seiner Pressekonferenz eine Stellungnahme Snowdens verlesen. Snowden befürchte, kein faires Verfahren zu erhalten und ihm drohe Tod oder Gefängnis, werde er von den USA geschnappt. Der Minister selbst gab keine Details zum Aufenthaltsort des Flüchtenden bekannt. Ecuador hat offenbar auch noch nicht über den Antrag auf Asyl entschieden, befasst sich aber intensiv damit.

Ende der Updates.

Russland wird Snowden wohl nicht im Wege stehen

Ricardo Patiño Aroca, Außenminister Ecuadors, bestätigt, dass Snowden in Ecuador politisches Asyl beantragt hat. Ricardo Patiño Aroca, Außenminister Ecuadors, bestätigt, dass Snowden in Ecuador politisches Asyl beantragt hat.
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Russland sieht keinen Grund, den in Moskau zwischengelandeten früheren US-Geheimdienstler Edward Snowden festzunehmen und an die USA auszuliefern. "Die Amerikaner können nichts fordern. Wir können ihn übergeben - oder wir können ihn nicht übergeben", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Wladimir Lukin, der Agentur Interfax.

Snowden hält sich derzeit im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Aus Hongkong kommend war Snowden dort am Sonntagnachmittag gelandet. Dort wartet er auf den Weiterflug nach Havanna, Kuba. Der Aeroflot-Flug von Moskau mit der Nummer SU150 soll um 12.05 Uhr MESZ starten und 0.45 Uhr MESZ in Havanna landen.

Moskauer Medien berichten, dass Russland Snowden nicht festnehmen könne, weil er bei Interpol nicht zur Fahndung ausgeschrieben sei. Den Flughafen darf er den Berichten zufolge nicht verlassen, weil er kein russisches Visum hat. Russland sieht sich in den USA als Fluchthelfer für Snowden in der Kritik.

Snowden noch in Moskau, Abflug nach Havanna noch im Laufe des Tages

Die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden nach eigenen Angaben auf der Flucht unterstützt, teilte mit, dass dieser sich "auf einer sicheren Route" auf dem Weg nach Ecuador befinde und von Diplomaten und Rechtsberatern von Wikileaks begleitet werde. Ecuador gewährt auch Wikileaks-Gründer Julian Assange politisches Asyl, der diplomatische Geheimdokumente etwa über die Rolle der USA in den Kriegen im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte. Assange sitzt seit über einem Jahr in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Auch er fürchtet die Auslieferung in die USA.

Hongkong: Anträge auf Festnahme unvollständig

Hongkongs Behörden hatten Snowden trotz eines dringlichen Antrags der USA auf Festnahme wegen Geheimnisverrats ausreisen lassen. Washington forderte Ecuador, Kuba und auch Venezuela auf, Snowden kein Asyl zu gewähren, wie der TV-Sender CNN unter Berufung auf einen hohen Regierungsbeamten berichtete. Zudem haben die USA nach CNN-Informationen den Pass des 30-Jährigen annulliert.

Von Hongkong aus hatte der frühere Mitarbeiter einer für den Geheimdienst NSA tätigen IT-Firma erstmals vor zwei Wochen massive Spionage der USA im Internet enthüllt und damit weltweit Empörung über die Geheimdienst-Praktiken ausgelöst. Vor seiner Abreise aus Hongkong legte er außerdem noch Dokumente über ein britisches Überwachungsprogramm im Internet sowie die Datenspionage von US-Diensten in China offen.

Gegen Snowden liegt Anklage wegen Geheimnisverrat vor

Die US-Regierung hatte gegen Snowden Anklage wegen Geheimnisverrats erhoben und seine Festnahme beantragt. Die Behörden in Hongkong schickten den Antrag aber als unvollständig mit der Bitte um zusätzliche Angaben wieder zurück. Das teilte die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion laut Radio RTHK mit. Bislang fehlten "ausreichende Informationen" für eine Prüfung. So habe es "keine rechtliche Grundlage" gegeben, die Ausreise zu verhindern.

In einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Zeitung "South China Morning Post" berichtete Snowden, der US-Abhördienst habe Millionen chinesischer Mobilfunknachrichten und wichtige Datenübertragungsleitungen an der Tsinghua-Universität in Peking ausspioniert. Auch habe es 2009 amerikanische Hackerattacken auf Pacnet in Hongkong gegeben, die dann aber eingestellt worden seien. Pacnet betreibt eines der größten Glasfasernetze in der Asien-Pazifik-Region und wickelt auch Internetverkehr mit den USA ab.

Chinesische Regierung zeigt sich besorgt über Hacker-Angriffe

Die chinesische Regierung zeigte sich "tief besorgt" über die jüngste Enthüllungen. Die Sprecherin des Außenministeriums in Peking sagte, das zeige erneut, "dass China das Opfer von Cyberattacken ist". Die Regierung habe in Washington protestiert. Die englischsprachige "Global Times" schrieb: "Die ganze Welt profitiert von den Enthüllungen Snowdens." Er habe die Vorherrschaftspolitik der USA offengelegt. China müsse seine Datennetze besser dagegen schützen. "Wir wünschen Snowden viel Glück in dieser schwierigen Zeit."

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