Selbstkontrolle

Handy-Nutzungszeit kontrollieren unter Android und iOS

"Ich will nur kurz was am Smart­phone schauen" - doch wie oft machen Sie das täglich? Android und iOS bieten Funk­tionen zur Kontrolle der eigenen Nutzungs­zeit - die unge­schminkte Wahr­heit kann heilsam sein.
Von

Alle sitzen nur am Smartphone - aber wie lange pro Tag Alle sitzen nur am Smartphone - aber wie lange pro Tag?
Bild: dpa
Erwach­sene und Kinder, die ständig am Smart­phone hängen, sodass gar keine "analoge" Kommu­nika­tion mehr zustande kommt, können insbe­sondere in Gruppen für Ärger oder regel­rechte Ableh­nung sorgen. Oft hat man das Smart­phone aber auch nur wenige Sekunden oder Minuten in der Hand, was sich über einen Tag aller­dings auf mehrere Stunden summieren kann.

Unter dem Stich­wort Digital Detox gibt es daher schon seit einigen Jahren eine Gegen­bewe­gung mit dem Ziel, Smart­phone, Tablet, Laptop und andere digi­tale Geräte bewusst für einen gewissen Zeit­raum aus der Hand zu legen, um den damit verbun­denen Stress abzu­bauen oder wieder Zeit für andere Dinge und Menschen zu haben. Direkt auf Deutsch über­setzt bedeutet Digital Detox "digi­tales Entzugs­programm" oder auch "digi­tale Entgif­tungs­therapie", was im Umkehr­schluss darauf hindeuten kann, dass über­mäßiger Smart­phone-Konsum durchaus krank­hafte Züge annehmen kann.

Alle sitzen nur am Smartphone - aber wie lange pro Tag Alle sitzen nur am Smartphone - aber wie lange pro Tag?
Bild: dpa
Doch wie erkennt man bei sich selbst, wie lange man das Smart­phone an einem Tag wirk­lich in der Hand hatte und wie viel wert­volle Lebens­zeit es mögli­cher­weise gestohlen hat - neben der produk­tiven Zeit, in der man das Smart­phone für die Orga­nisa­tion des eigenen Lebens oder die beruf­liche Arbeit verwendet? Sowohl Apple als auch Google haben die Hilfe­stel­lungen zur digi­talen Kontrolle und Absti­nenz in letzter Zeit deut­lich ausge­baut. "Digital Wellbeing" in Android "Digital Wellbeing" in Android
Bild: Google

Android: "Digital Well­being"

Bei Android ist diese Funk­tion erst seit Android 9 Pie im System inte­griert. Davor gab es schon zahl­reiche Apps von Dritt­anbie­tern, die die eigene Nutzungs­zeit proto­kollieren konnten. Man findet die Android-eigene Funk­tion in Android Pie unter "Einstel­lungen - Digital Well­being". Bei Samsung-Geräten heißt der Menü­punkt "Digi­tales Wohl­befinden".

Oben auf der Über­sichts­seite sieht der Nutzer, wie lange er das Smart­phone oder Tablet bislang genutzt hat bezie­hungs­weise wie lange der Bild­schirm einge­schaltet war. Zudem erfährt der Anwender, wie oft er das Handy entsperrt hat und wie viele Benach­rich­tigungen von Apps ihn erreicht haben. Außerdem lässt sich dort die maxi­male Nutzungs­dauer diverser Apps fest­legen. Mit "Bitte nicht stören" lassen sich sämt­liche Benach­rich­tigungen stumm­schalten.

Durch den Entspan­nungs­modus wird der Nutzer abends daran erin­nert, das Smart­phone auszu­schalten: Ab der vorein­gestellten Zeit werden die Farben auf dem Display durch Grau­stufen ersetzt. Gleich­zeitig werden über die Funk­tion "Bitte nicht stören" alle Benach­rich­tigungen stumm­geschaltet, damit der Anwender unge­stört schlafen kann. Kontrolle der Bildschirmzeit unter iOS Kontrolle der Bildschirmzeit unter iOS
Bild: Apple

iOS/iPhone: "Bild­schirm­zeit"

Bei iOS nennt sich die Funk­tion "Bild­schirm­zeit" und ist ebenso wie bei Android direkt als Haupt­punkt im Haupt­menü zu finden. Auch hier wird zunächst die Bild­schirm­zeit des aktu­ellen Tages, aber auch die der vergan­genen sieben Tage ange­zeigt, auch aufge­schlüs­selt nach Apps und Webseiten oder nach Kate­gorien wie beispiels­weise "Produk­tivität".

Unter "Auszeit" lässt sich ein Zeit­plan für die bild­schirm­freie Zeit fest­legen. Während dieser Auszeit werden nur vom Nutzer zuvor zuge­lassene Apps und Tele­fonan­rufe verfügbar gemacht. "App-Limits" ist eine Funk­tion, um tägliche Zeit­limits für App-Kate­gorien fest­zulegen. Auch hier hat Apple bereits Kate­gorien wie "soziale Netz­werke", "Spiele", "Produk­tivität", "Unter­haltung" oder "Gesund­heit und Fitness" fest­gelegt. Unter "Immer erlauben" kann der iPhone-Nutzer Apps defi­nieren, die auch während der Auszeit und außer­halb eines App-Limits immer verwendet werden können. Auch unan­gemes­sene Inhalte lassen sich im Menü­punkt "Bild­schirm­zeit" beschränken.

Alle Einstel­lungen lassen sich auch auf andere Geräte über­tragen, die mit demselben iCloud-Konto ange­meldet sind. Separat können auch Bild­schirm­zeiten für weitere Fami­lien­mitglieder wie beispiels­weise Kinder einge­richtet werden.

Was bringen diese Funk­tinen wirk­lich?

Die genannten Funk­tionen sind zunächst einmal ein Proto­koll darüber, wie lange man tatsäch­lich sein Smart­phone aktiv verwendet hat. Diese unge­schminkte Wider­spie­gelung des eigenen Verhal­tens kann im ersten Moment etwas erschre­ckend sein, da man die eigene Gesamt-Nutzungs­zeit aus der Erin­nerung mögli­cher­weise deut­lich kürzer einge­schätzt hat. Die genannten Funk­tionen helfen auch dabei, zu ermit­teln, mit welchen Apps oder Diensten man seine Zeit am Smart­phone haupt­säch­lich verbringt. Es ist also ganz normal, dass jemand, der sein Smart­phone beruf­lich verwendet, mehrere Stunden täglich "Produk­tivität" proto­kolliert bekommt. Gleich­zeitig merkt jemand, der mögli­cher­weise länger als 5 bis 6 Stunden in sozialen Netz­werken unter­wegs ist, dass er dies einschränken sollte.

Der Smart­phone-Nutzer kann die ange­botenen Möglich­keiten der Betriebs­systeme nutzen, um sich selbst zu beschränken. Noch besser ist es aber, dies auch ohne die Funk­tionen des Betriebs­systems zu planen und sich daran zu halten. Viele Nutzer nehmen das Smart­phone vermehrt als Stören­fried und Zeit­räuber wahr (vor allem im Bezug auf soziale Nezwerke), meinen aber gleich­zeitig, sie müssten auf jede persön­liche Nach­richt und jede App-Benach­rich­tigung sofort reagieren, was nicht in allen Fällen tatsäch­lich notwendig ist. Denn oft ergibt der Griff zum Handy, dass der Kollege im Urlaub gerade mögli­cher­weise nur ein Foto seines Eisbe­chers am Strand auf Face­book gepostet hat, worauf man sich fragt, ob es wirk­lich notwendig war, dafür das Gerät in die Hand zu nehmen.

Tages­planung auch ganz ohne digi­tale Helfer

Man kann sich beispiels­weise schon am Vorabend oder zu Beginn des neuen Tages über­legen, welche Zeiten man für Arbeit, Frei­zeit, Familie, Haus­arbeit, Ausruhen, Sport, Smart­phone-Nutzung oder Enter­tain­ment verwenden möchte - und sich dann auch daran halten. Um das Ziel zu errei­chen, muss man das Smart­phone aus der Hand legen - egal ob man dies über die eigene Selbst­diszi­plin schafft oder die Funk­tionen der Smart­phone-Betriebs­systeme zur Kontrolle der Bild­schirm­zeit als Unter­stüt­zung hinzu­zieht. Man kann alter­nativ auch einen Freund oder ein Fami­lien­mitglied als "Kontrol­leur" einsetzen und diesem das Recht einräumen, einem verüber­gehend das Smart­phone wegzu­nehmen, wenn man sich selbst nicht an die eigenen Vorgaben hält.

Ledig­lich bei Kindern und Jugend­lichen ist es ratsam, dass die Eltern bzw. Erzie­hungs­berech­tigten die Bild­schirm­zeit regel­mäßig kontrol­lieren, in gegen­seitiger Absprache sinn­voll beschränken und dies dann auch konse­quent durch­setzen, während gleich­zeitig für Smart­phone-freie Zeiten inter­essante alter­native Frei­zeit-, Sport- oder Kreativ-Ange­bote gemacht werden.

Mehr zum Thema Digitale Gesellschaft