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Smart Farming: Tablet, Smartphone & Sensoren auf dem Feld

Smart Farming: Experten spre­chen von einer Revo­lution in der Land­wirt­schaft. Mit digi­taler Technik sollen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Eine Arbeits­erleich­terung für Land­wirte und mehr Umwelt­schutz.
Von dpa /

Smart Farming spart den Landwirten einiges an Geld Smart Farming spart den Landwirten einiges an Geld
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GPS-gesteu­erte Maschinen, Drohnen im Steil­lagen-Weinbau, Sensoren für exaktes Düngen oder Wässern - die Digi­tali­sierung macht vor der Land­wirt­schaft nicht Halt. Viel­mehr ist sie gerade hier auf dem Vormarsch. Smart Farming, Land­wirt­schaft mit moderner Infor­mations- und Kommu­nika­tions­tech­nologie, soll Ernte­ausfälle verrin­gern, Ressourcen und die Umwelt schonen, Pflan­zenschutz­mittel sparen. Bei allen Vorteilen verän­dert sie das Berufs­bild des Land­wirts stark, birgt auch Risiken und stößt bisweilen an ganz prak­tische Grenzen.

"Ich sehe in der Digi­tali­sierung der Land­wirt­schaft große Chancen sowohl für den Arbeits­alltag der Land­wirte als auch für die umwelt- und klima­scho­nende Bewirt­schaf­tung der Äcker", sagt der rhein­land-pfäl­zische Land­wirt­schafts­minister Volker Wissing (FDP). Seine Amts­kollegin auf Bundes­ebene, die Rhein­land-Pfäl­zerin Julia Klöckner (CDU), betont, die Digi­tali­sierung sei kein Selbst­zweck, sondern könne Ziel­konflikte lösen, ermög­liche eine nach­halti­gere Erzeu­gung von Lebens­mitteln. Nach­wuchs­probleme könnten gelin­dert werden - "nicht nur, weil Arbeits­kraft und Ressourcen einge­spart werden, sondern weil Acker und Stall heute 'High­tech' sind. Das macht das Berufs­bild für die Genera­tion Smart­phone attraktiv."

Digi­tale Steue­rung und digi­tales Daten­manage­ment

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Digi­tale Steue­rung und digi­tales Daten­manage­ment sind zentrale Begriffe des Smart oder auch Digital Farming. Genau dazu wird an der Tech­nischen Univer­sität (TU) Kaisers­lautern nun eine neue Professur einge­richtet - in Koope­ration mit dem eben­falls in der Stadt sitzenden Fraun­hofer Institut für Expe­rimen­telles Soft­ware Engi­neering. Am Dienst­leis­tungs­zentrum Länd­licher Raum (DLR) in Bad Kreuz­nach wurde die GeoBox-Infra­struktur entwi­ckelt. In ihr laufen behörd­liche Daten zu Boden, Wetter, Erosion, Schäd­lingen, Feld­umrissen oder topo­grafi­schen Gege­benheiten zusammen und werden Land­wirten bereit­gestellt - nach dem Open-Source-Prinzip, also grund­sätz­lich kostenlos.

Die Bauern können die Daten schlag­bezogen - also auf einzelne Teil­flächen bezogen - nutzen und bald auch in einen vom DLR entwi­ckelten Messenger einbinden. Die Agrar­minis­terkon­ferenz beschloss kürz­lich in Mainz, dass das Angebot für die bundes­weite Nutzung erwei­tert werden soll. DLR-Dienst­stel­lenleiter Michael Lipps sagt: "Wir sind weg gekommen vom analogen Berater auf dem Feld hin zum Daten­dienst­leister".

Warnung vor Kata­stro­phen wird wich­tiger

Warnungen vor Hagel­schlag oder Pilz­infek­tionen würden in Zeiten des sich wandelnden Klimas immer wich­tiger, sagt Herwig Köhler, der beim DLR Abtei­lungs­leiter der Tech­nischen Zentral­stelle ist. "Früher galt die Faust­regel, dass es alle sieben Jahre einen Hagel­schlag gibt. Heute haben sie das jedes Jahr." Lipps ergänzt, Geodaten ermög­lichten präzises Steuern von Land­maschinen, um Felder best­möglich ausnutzen und Abstands­vorgaben etwa an Gewäs­sern einzu­halten. "Früher fuhr der Land­wirt "Pi mal Daumen, heute GPS-gesteuert", sagt Lipps.

Gerade im Gemü­sebau komme es stark auf exaktes Fahren und das Ausnutzen der Flächen an, sagt Wolf­gang Schneider, der beim DLR Experte für Digi­tali­sierung ist. In Sonder­kulturen wie dem Obst- oder Weinbau sind laut DLR eher Sensoren zur lokalen Steue­rung der Geräte oder zur Ausrich­tung der Breite wichtig. Sensoren erkennen Pflanzen und öffnen über ihnen Düsen zum Besprühen mit Pflan­zenschutz­mitteln, erkennen die Blüten­dichte an Obst­bäumen und steuern deren Ausdün­nung.

Satel­liten­gestützte Traktor-Steue­rung

Auch der Traktor von Land­wirt Chris­tian Glahn aus Zwei­brücken wird satel­liten­gestützt gesteuert, beim Sprühen von Pflan­zenschutz­mitteln, der Boden­bear­beitung oder dem Aussäen. Er spare so etwa ein Prozent an Saatgut, erklärt Glahn. Bei einem 100-Hektar-Betrieb sei das durchaus etwas. "Davon kann man in Urlaub fahren." Auch könne er dank Technik gerade Reihen fahren, das redu­ziere den Verschleiß, spare Zeit und Diesel - "eine Win-Win-Situa­tion für Umwelt und Geld­beutel".

Glahns System lenkt die Maschine bis auf etwa 20 Zenti­meter genau über den Acker, wie er erklärt. Es gehe noch genauer mit einer SIM-Karte im Traktor, via Mobil­funk sorge ein Korrek­tursi­gnal dafür, dass bis auf etwa zwei Zenti­meter genau gefahren werde. Dafür brauche es den Mobil­funk­stan­dards 2G, doch der sei bei ihm nicht flächen­deckend verfügbar.

Lipps vom DLR geht einen Schritt weiter: "Wo ich digi­tale Land­wirt­schaft will, brauche ich 5G. Das wird eine Heraus­forde­rung." Über­haupt ein Netz würde Land­wirt Markus Bamberger mit seinen Flächen nahe Stein­hardt im Kreis Bad Kreuz­nach helfen. "Was nutzt die ganze Technik, wenn sie nicht funk­tioniert", sagt er. Während er auf der Höhe Empfang habe, gehe in tieferen Lagen nichts mehr. Es gebe ein Funk­loch zwischen Wald­böckel­heim und Bad Sobern­heim. "Da bin ich."

Zudem kostet die neue Technik ganz ordent­lich. "Das kann Betrieben das Genick brechen", sagt Lipps. Sinn­voll sei der gemein­same, über­betrieb­liche Einsatz von Maschinen. Das sei an sich eine gute Sache, meint Bauer Elmar Kremer aus Buch im Huns­rück. Doch dann müsse man sich darauf verlassen können, dass Maschinen pfleg­lich behan­delt würden und bei Bedarf einsatz­bereit seien. Er hat schon einen GPS-gesteu­erten Schlepper getestet, gekauft hat er ihn noch nicht, das sei eine "ganz schöne Inves­tition".

Nach Einschät­zung Köhlers vom DLR lohnt sich smarte Technik vor allem auf großen Flächen und kann die Indus­tria­lisie­rung der Land­wirt­schaft voran­treiben. Land­wirte müssten darauf achten, nicht alle Daten und Erfah­rungs­werte kostenlos in Clouds preis­zugeben und so großen Inves­toren zugäng­lich zu machen. "Das ist das Kapital der Land­wirte", sagt Köhler. "Doch das erkennen viele nicht."

Smart­phone und Tablet sind heute auf vielen Bauernhöfen und Äckern nicht mehr wegzu­denken. Einige Land­wirte im Südwesten setzen neuer­dings zudem auf Daten aus dem All.

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