Swisscom: EU-Schweiz-Roamingflatrate zum Hammerpreis
Swisscom CEO Urs Schaeppi stellte den neuen Roaming-Tarif der Presse persönlich vor.
Foto: Swisscom
Ab und zu lohnt es sich einen Blick über die Landesgrenzen in die Schweiz zu werfen. Drei konkurrierende Netzbetreiber gibt es dort. Der älteste Anbieter und zugleich mit einem Marktanteil von knapp 60 Prozent ist die Swisscom (inklusive Discount-Marken).
Wer zu Besuch in die Schweiz kommt, stellt fest, dass vieles im Land spürbar teurer als in Deutschland ist. Wer sein Mobiltelefon auch in der Schweiz intensiv nutzt, stellt eine spürbar bessere Netzabdeckung als daheim fest, sogar in Eisenbahntunnels. Schweizer Züge haben kein WLAN eingebaut, der direkte Mobilfunkempfang ist in den Zügen einfach besser als hierzulande.
Schweiz: Mobilfunk muss nicht teuer sein
Swisscom CEO Urs Schaeppi stellte den neuen Roaming-Tarif der Presse persönlich vor.
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Auch tariflich galt die Schweiz bisher als teuer, doch auch hier haben sich die Zeiten längst gewandelt. Die Schweiz ist bekanntlich kein Mitglied der Europäischen Union, aber über zahlreiche bilaterale Verträge mit der EU "verbunden". Bei Mobilfunk müssen die deutschen Anbieter mit der Swisscom und ihren Mitbewerbern direkt verhandeln, die EU-Roaming-Grenzwerte gelten hier nicht. Nur die Deutsche Telekom "traut" sich, die Schweiz in ihre "Roam like Home"-Angebote, wie sie in der EU verbindlich gelten, mit einzubeziehen.
Schweizer Europa-Tarif - (fast) alles drin
Swisscom-Marketing-Chef Dirk Wierzbitzki erklärte die Details des neuen Roaming-Tarifes: Europa+Schweiz flat und alle 3 deutschen Netze für unter 70 Euro im Monat. Doch es gibt einen Haken.
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Und ausgerechnet der in der Schweiz mitunter als "schwerfällig" verrufene Anbieter Swisscom hat sich jetzt von den Roaminggebühren verabschiedet und den Tarif inOne mobile go vorgestellt. Das ist ein Laufzeitvertrag (auf schweizerdeutsch "Abonnement" oder kurz "Abo"), mit dem man in der Schweiz und in Europa (fast) unbegrenzt telefonieren und surfen kann. Der neue Tarif startet Ende des Monats.
"inOne mobile go" löst die über 1,8 Millionen bestehenden Laufzeitverträge ("Abonnemente") vom Typ "inOne mobile XS-XL" ab. Swisscom-Marketing-Manager Dirk Wierzbitzki (früher bei Mannesmann/Vodafone in Deutschland tätig), ist sich sicher, dass das neue Abo "die Bedürfnisse von etwa 80 Prozent der Swisscom Kunden" abdeckt und sie ihr "Smartphone deutlich flexibler nutzen" lässt.
Im Tarif sind unbegrenztes Telefonieren, SMS und MMS (!) in der Schweiz und EU-Europa enthalten, ferner Datenübertragungen mit bis zu 100 MBit/s Datenrate (soweit das lokale Netz es zulässt) innerhalb der Schweiz und der EU enthalten. Erst im Kleingedruckten erfährt man, dass das Datenvolumen im Ausland auf 40 GB pro Monat begrenzt ist, danach wird auf 128 kBit/s gedrosselt, was im "Normalfall" trotzdem ausreichen sollte.
Damit entfallen erstmals die schweiz- und europaweit oft kritisierten Gebühren für die Handynutzung im EU-Ausland. "Wir waren schon bisher die attraktivste Schweizer Anbieterin beim Roaming. In unseren Abos war eine bestimmte Anzahl Tage und ein Datenvolumen inbegriffen. Unsere Kunden empfinden dies teils immer noch als Einschränkung. Mit dem neuen Abo können unsere Kunden im EU-Ausland so sorglos surfen wie daheim", erklärt Dirk Wierzbitzki, Leiter Produkt und Marketing bei Swisscom.
Der Preis für diesen Rundrum-Sorglos-Tarif sind 80 Schweizer Franken im Monat, das sind umgerechnet etwa 68 Euro. Sollte man schon einen Festnetzvertrag bei Swisscom haben, reduziert sich der Preis nochmals um 20 Franken im Monat (etwa 17 Euro). Einen solcher Tarif mit dieser Leistung ist in Deutschland derzeit nahezu undenkbar, nur der nagelneue o2-Free XL kommt diesem Angebot relativ nahe, umfasst aber nicht die gesamte EU.
Smartphone auf Wunsch
Im Gegensatz zu Deutschland läuft ein "inOne mobile go"-Vertrag bei Neuabschluss nur 12 Monate. Erstmalig trennt Swisscom den Kauf eines Handys (Smartphones) vom Laufzeitvertrag. Damit reagiert Swisscom auf veränderte Kundenbedürfnisse: Während das subventionierte Gerät früher ein wesentlicher Grund für die Anbieterwahl darstellte, verliere es zunehmend an Bedeutung. Laut einer von Swisscom in Auftrag gegebenen Umfrage möchten 87 Prozent der Kunden ihr Gerät nutzen, "bis es kaputt geht". Nur 10 Prozent wünschen sich heute noch regelmässig ein neues, vergünstigtes Gerät. Die Trennung von Vertrag und Handy schlägt sich in einem niedrigeren monatlichen Vertragspreis nieder und so betonen die Schweizer Marketingexperten, schütze außerdem die Umwelt, wenn die Kunden ihr Smartphone länger nutzen. Kunden können aber auch getrennt ein neues Smartphone beziehen – etwa per Ratenzahlung – und dabei das alte Handy bei Swisscom in Zahlung geben, ähnliche Modelle gibt es bei o2 in Deutschland.
Wer noch etwas drauflegen mag: Für monatlich weitere 25 Franken (etwa 21 Euro) erhalten Kunden zu "inOne mobile go" noch ein "Rundum-sorglos-Paket", für das Smartphone, welches unter anderem eine Versicherung gegen Sturz-, Display- und Wasserschäden sowie bei Geräten von Apple und Samsung eine garantierte Express-Reparatur innerhalb von drei Stunden (an Arbeitstagen) beinhaltet.
Pakete und Optionen buchbar - sogar mit 5G!
Durch zusätzliche Pakete und Optionen lässt sich "inOne mobile go" noch je nach Bedarf anpassen. Alle Optionen können jederzeit gebucht und flexibel gekündigt werden (Kündigungsfrist 30 Tage) Das "Connect Pack" für 20 Franken steht drei Geräten zur Verfügung und erlaubt mit bis zu 1 GBit/s (sofern man ein superschnelles 5G-kompatibles Smartphone und entsprechende 4G-LTE-CA oder bald 5G(!)-Versorgung hat) zu surfen. Das "Intercontinental Pack" beinhaltet für monatlich 70 Franken (60 Euro) "unlimitiertes Roaming" innerhalb Nordamerikas sowie unlimitierte Anrufe in die EU, USA und nach Kanada, nach 40 GB im Monat wird gedrosselt.
Weitere spezielle Optionen erlauben das Surfen "über mehrere Geräte" (mit MultiSIM) oder die maximale Surfgeschwindigkeit oder unlimitierte Anrufe ins Ausland, Wer all Optionen habe möchte, bekommt mit "inOne mobile premium" ein Komplettpaket aus Laufzeitvertrag und allen Optionen zum "Vorzugspreis" ab 200 Franken im Monat (etwa 170 Euro) an, Festnetzkunden bekommen wiederum 20 Franken Rabatt.
Das neue "inOne mobile go"-Angebot startet ab dem 25. Februar. Bestehende Kunden werden nicht automatisch umgestellt, können aber unkompliziert auf das neue Abo wechseln, verspricht Swisscom.
Für Kunden, die ihr Smartphone nur in der Schweiz nutzen oder aber nicht von unlimitierten Daten profitieren wollen, führt Swisscom zum gleichen Zeitpunkt die Tarife "Swiss mobile flat" und "inOne mobile basic" ein. Beim "inOne mobile basic" ist Datenguthaben für die Schweiz und das EU-Ausland enthalten. Für Wenignutzer wird Swisscom im April ein neues Einstiegsangebot vorstellen. Außerdem sollen für alle Neu- und Bestandskunden (auch in älteren Tarifen) die Preise für die Datenpakete im Ausland deutlich gesenkt werden.
InOneGo: Idealer Tarif für Deutsche Kunden?
Für 68 Euro im Monat eine EU- und Schweiz-weite Quasi-Flatrate (sogar für MMS!) und die Möglichkeit, wahlweise in allen drei deutschen Netzen telefonieren und surfen zu können: Das wäre doch aufgrund der aktuellen Netzausbaulage in Deutschland genau ein Tarif, der intensiven Nutzern, die auf mobile Erreichbarkeit angewiesen sind, weit entgegen käme. Doch leider steht hier eine hohe bürokratische Hürde im Weg: Wie wir von Swisscom auf Anfrage erfahren haben, benötigen beispielweise deutsche Kunden, die diesen Vertrag abschließen wollen, eine "Aufenthaltsbewilligung" für die Schweiz (sprich einen Schweizer Wohnsitz). Und damit dürfte dieser Tarif für viele aus dieser Zielgruppe eher unerreichbar bleiben.
In Deutschland müsste man dazu den Magenta Mobile Premium XL der Telekom wählen, der allerdings aktuell 199,95 Euro (inkl. "neuem" Handy alle 12 Monate) kostet, Vodafone bietet Geschäftskunden zum gleichen Preis einen in etwa vergleichbaren Tarif (Red Bussiness Europe) aber mit weniger Daten an. Dabei bliebe man in Deutschland dann nur auf jeweils ein Netz beschränkt.