Reise durch die Zeit

Zeitreise durch die Radiogeschichte im Rundfunkmuseum

Radios, Plattenspieler, Fernsehapparate, Mikrofone und technisches Zubehör sind im Chamer Rundfunkmuseum zu sehen. Unter den 4000 Exponaten finden sich Raritäten wie Thomas Gottschalks altes Mischpult.
Von dpa / Dominik Haag

Rundfunkmuseum Cham Das Rundfunkmuseum in Cham.
dpa
Flachbildschirme, Internetradio und Smartphones sind Standard vielen in deutschen Haushalten. Das Rundfunkmuseum im oberpfälzischen Cham nimmt seine Besucher mit auf eine Zeitreise zu den Anfängen der Kommunikationstechnik. In dem auf private Initiative hin entstandenen Museum sind rund 4000 Exponate zu sehen. Sie richten sich vor allem an die Schülergeneration, die mit dem Internet aufgewachsen ist, wie Museumsgründer Michael Heller sagt. Aber auch Erwachsene und Senioren, die Musikboxen und Röhrenfernseher noch selbst erlebt haben, sind angesprochen.

Erstaunen über Kurbeln

Rundfunkmuseum Cham Das Rundfunkmuseum in Cham.
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Das im ehemaligen Fernmeldeamt untergebrachte Museum zeigt seit Herbst 2017 die Entwicklung der Rundfunk- und Fernsehtechnik. Die Besucher starten in der Zeit rund um das Jahr 1900. In der im Stil eines nostalgischen Cafés eingerichteten Abteilung läuft Musik über originale Abspielgeräte. Die meisten der Phonographen und Grammophone sind voll funktionstüchtig. Ein paar Handgriffe und der Edison Phonograph "Triumph" aus dem Jahr 1905, das "Berliner Grammophon" und die Musikbox von 1900 setzen sich in Gang.

"Das war schon immer der Traum der Menschen, das einzufangen und zu konservieren, was so flüchtig ist: den Schall", erzählt Heller. Stimmen ließen sich mittels der Technik festhalten und zu jeder Zeit abspielen. "Lange Zeit war das unvorstellbar." Vor allem Schüler seien erstaunt, dass man Lautstärkeregler, Kabel und Steckdosen bei den antiquarischen Geräten vergebens sucht und dennoch Musik hört. "Damals wurde noch gekurbelt", sagt Heller und macht es vor. "Und die Lautstärke hat man über die Dicke der Nadeln geregelt."

Ein Museum als Hobby

Bei der Zeitreise durch die Jahrzehnte, vorbei an alten Radio-, Tonbandgeräten und Fernsehstudioausstattung, ist die Begeisterung des 70-Jährigen für Technik spürbar. Schon als Bub habe er fasziniert zugesehen, wenn sein Vater im eigenen Elektroladen Rundfunkgeräte reparierte, erzählt er. Lötkolben und Messgeräte waren sein liebstes Spielzeug. Als Heller sich 2012 in den Ruhestand verabschiedete, hatte er plötzlich sehr viel Zeit. "Ich habe ein Hobby gesucht", sagt er. "Und da ich meinen erlernten Beruf als Radio- und Fernsehmeister sehr gerne, aber lange nicht mehr gemacht hatte, dachte ich mir: Mach' da weiter und besinne Dich auf Deine Wurzeln."

Heller schmunzelt. Dass er damit den Grundstein für das Chamer Rundfunkmuseum legte, war ihm damals noch nicht klar. In den folgenden Jahren kaufte er Gerätesammlungen auf - etwa des früheren Rundfunkmuseums Schloss Brunn im mittelfränkischen Emskirchen - und hielt Ausschau nach Raritäten. Heraus kam eine stattliche Sammlung.

Mit dem Lötkolben zum eigenen Radio

Darunter sind Thomas Gottschalks erstes Mischpult aus seiner Anfangszeit als Radiomoderator, die erste Farbfernseh-Studiokamera von Bosch, das erste Tonbandgerät AEG K 2, eine Nipkow-Anlage, der Siemens Rundfunkempfänger "Kammermusik II" aus den 1930er-Jahren und der letzte Mittelwellensender des Bayerischen Rundfunks. Auch der voll funktionstüchtig, wie Heller vorführt. Das Museum betreibt damit einen eigenen kleinen Sender. "Allerdings dürfen wir nur mit einem Watt und nur im Landkreis senden."

Heller will aber nicht nur mit Worten, Ausstellungsobjekten und Führungen die Menschen für Technik begeistern. Schulkinder können im Physikraum bei Experimenten zuschauen oder ihr eigenes Radio basteln. Das Museumsteam hat dazu einen Bausatz entwickelt. Viele haben zum ersten Mal einen Lötkolben in der Hand und sind stolz, wenn sie ihr selbstgebautes Radio mit nach Hause nehmen dürfen.

Begeisterung durch eigenen Einsatz

Ein Ansatz, der auch beim Generaldirektor des Deutschen Museums in München gut ankommt. "Wir profitieren von den technischen Errungenschaften der Vergangenheit. Aber nur, wer die alte Technik verstanden hat, kann auch die neue Technik verstehen", sagt Wolfgang Heckl. Junge Menschen ließen sich am einfachsten für technische Berufe begeistern, wenn sie etwas bauen, reparieren oder austüfteln dürften. Im Chamer Rundfunkmuseum sei das möglich.

Auch Christoph Heiner, zweiter Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde der Geschichte des Funkwesens, freut sich über die Initiative in Cham: "Wenn Sie als Museum einen Ort definieren, der sich klar von einer Privatsammlung abgrenzt und für die Öffentlichkeit attraktiv ist, dann gibt es nach meiner Einschätzung weniger als zehn derartige Rundfunkmuseen in Deutschland."

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