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Editorial: Regionales Roaming als Lösung aller Probleme?

Die Politik hatte eine Idee: Wir fordern "regionales" Roaming, weil der Begriff "Nationales Roaming" bei den Netzbetreibern nicht gut ankommt.
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Die Politik hatte eine Idee: Wir fordern "regionales" Roaming, weil der Begriff "Nationales Roaming" bei den Netzbetreibern nicht gut ankommt. Zu regulierten Preisen? Die Politik hatte eine Idee: Wir fordern "regionales" Roaming, weil der Begriff "Nationales Roaming" bei den Netzbetreibern nicht gut ankommt. Zu regulierten Preisen?
Fotos: Vodafone, Telekom, o2 Montage: telarif.de
Regionales Roaming soll es richten? Seit Wochen zieht es sich wie ein roter Faden durch Zeitungen und Online-Magazine wie teltarif.de. Die Aussage: "Wir brauchen unbedingt National Roaming". Die Idee ist so einfach wie bestechend: Wenn ich in einem Funkloch bin, zeigt mir mein Handy allzu oft "Nur Notrufe" an. Also muss es hier doch noch ein anderes Netz geben. Wie schön wäre es, wenn ich dort einbuchen dürfte. So wie ich im Urlaub im Ausland mich in ein beliebiges "fremdes" Netz einbuchen darf, der Fachmann spricht von "International Roaming", sollte es auch daheim "National Roaming" geben, so wie in Frankreich, Kanada oder den USA beispielsweise.

Risiken und Nebenwirkungen

Die Politik hatte eine Idee: Wir fordern "regionales" Roaming, weil der Begriff "Nationales Roaming" bei den Netzbetreibern nicht gut ankommt. Zu regulierten Preisen? Die Politik hatte eine Idee: Wir fordern "regionales" Roaming, weil der Begriff "Nationales Roaming" bei den Netzbetreibern nicht gut ankommt. Zu regulierten Preisen?
Fotos: Vodafone, Telekom, o2 Montage: telarif.de
Doch so bestechend diese Idee klingt, sie hat einige Nebenwirkungen. Nehmen wir eine Ecke, wo bisher gar niemand versorgt. Da hilft auch das "National Roaming" nichts, solange dort keiner ausbaut.

Nehmen wir an, Netzbetreiber A baut viele Funklöcher aus und ist dafür etwas teurer als der Rest. Was passiert? Preisbewusste Kunden wechseln zum günstigsten Anbieter B oder C, besonders wenn dieser auch National Roaming anbietet. Damit hätten sie das beste Netz zum günstigsten Preis. Die Kunden des teuren Anbieters A würden schnell sauer und wechseln auch zu B oder C. Ergo wollen die Netzbetreiber das so nicht.

Nun ist die Politik aufgeschreckt. Täglich kommen neue Berichte, wo es überall "kein Netz" gibt oder wenn, dann nur sehr schlechtes (langsames) Netz. Da muss was getan werden. Gleich. Jetzt. Sofort!

100 000 Stationen oder National Roaming?

Dass die Netzbetreiber weder das Geld, noch das Material oder das Personal vorrätig haben, um im Hauruck-Verfahren auf einen Schlag 100 000 oder mehr Sendestationen für eine volle Flächendeckung aufzustellen, wird gerne übersehen. Ok, machen wir also Nationales Roaming, dann geht das schon. Eben nicht.

Warum regulierte Preise?

Die Politik hat verstanden, dass "nationales Roaming" unschön klingt, als nennen wir es "Regionales Roaming". Das ist neu und unverbraucht. Schauen wir etwas näher hin: Dass Kunden von Netzbetreiber C auch im Netz von A roamen dürfen, wenn C vor Ort nicht empfangbar ist, ist eine gute Idee. Warum aber um alles in der Welt zu regulierten Preisen?

Regulierte Preise sind für (mindestens) einen Beteiligten immer zu niedrig. Ergo wird der sich in Zukunft genau überlegen, warum er überhaupt noch irgendwo weiter ausbaut, wenn die "Schmarotzer" in sein Netz dürfen und ihm damit die Kalkulation verhageln.

Warum keine frei verhandelten Marktpreise?

Richtig wäre, regionales oder nationales Roaming auf Wunsch zu erlauben, aber zu frei verhandelten Preisen. Wenn der Kunde von Anbieter B kein Netz findet, darf er zu Anbieter A rein, wenn der dort Netz bietet, aber: Zuvor muss Kunde B erst beim eigenen Anbieter B eine "Nationale / Regionale Roaming-Option" buchen, die regelmäßig einen extra Aufpreis kostet. Pro genutzter Minute oder MB werden dann ebenfalls Kosten fällig. Es wird also spürbar teurer, wenn Kunde B nicht im "eigenen" Netz unterwegs ist. Ergo werden die preisbewussten Kunden genauer darauf achten, in welchem Netz sie telefonieren können und welchem nicht.

Automatische Preisbalance

Ist der Aufschlag von A extrem hoch, werden sich die Kunden von B oder C sich dreimal überlegen, ob sie dieses Angebot wirklich nutzen wollen. Kunden, die an dieser Stelle aber unbedingt Netz brauchen, werden sich überlegen, direkt zu Anbieter A zu wechseln, was vermutlich günstiger als ein Vertrag bei B (oder C) mit Roaming-Option sein wird. Das wird Anbieter B oder C bestimmt nicht gefallen und sie werden sich schnell überlegen, ob es nicht rentabel wäre, an dieser Stelle vielleicht selbst auch zu bauen, damit die Kunden bei B oder C bleiben. Da jeder Kunde von "B" oder "C" frei entscheiden kann, ob er die Nationale Roaming Option buchen will, wird sich schnell herausstellen, welche Funklöcher "wichtig" sind und welche nicht. Durch die schaltbare Option wird der sparsame Kunde vor Kostenrisiken bewahrt.

Qualitätsbewusste Kunden, die viel unterwegs sind, werden den höherwertigen Anbieter A buchen, weil ihnen die Funkversorgung das "wert" ist. Die Mehreinnahmen können in den weiteren Netzausbau gesteckt werden. Preisbewusste Kunden, wissen, dass sie hier und da kein Netz haben werden und bleiben bei Anbieter B oder C. Durch den Mehrausbau bei B oder C steigt auch die Qualität deren Netze, was A erneut anspornen könnte, noch besser und intensiver auszubauen, um wieder Qualitätsführer zu sein.

Das einzige Gegenargument wäre die Lethargie der Kunden, die es möglichst einfach und pauschal und zum günstigsten Preis haben möchten.

National Roaming gibt's schon: 112

Die älteste Form des nationalen Roamings ist übrigens der Notruf. Wählt man irgendwo in der GSMA-Welt die "112" am Handy, so wird sich das Handy in irgendein vor Ort verfügbares Netz einbuchen. Dieser Notruf ist und bleibt kostenfrei. Und das ist auch gut so.

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