Bund plant abhörsicheres Quanteninformationsnetz
Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Institutsleiter am Fraunhofer IOF, Prof. Dr. Gerd Leuchs, Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Bundesministerin Anja Karliczek und Fraunhofer-Präsident Prof. Dr. Reimund Neugebauer mit einer verschränkten Photonenpaarquelle für den Einsatz im Weltraum (v.l.n.r).
Bild: Hans-Joachim Rickel, BMBF
Das Forschungsministerium will die Entwicklung der
Quantentechnologie für eine künftige sichere Datenkommunikation in
Deutschland und Europa voranbringen. In einem ersten Schritt soll die
Technologie erforscht und auf einer Pilotstrecke zwischen zwei
Behörden erprobt werden. Für das Projekt "QuNET" sollen dafür in
einem ersten Schritt 165 Millionen Euro über sieben Jahre hinweg
bereitgestellt werden, kündigte Forschungsministerin Anja Karliczek
(CDU) in Berlin an. Die Fraunhofer Gesellschaft will bei
dem Projekt "QuNET" dabei zusammen mit der Max-Planck-Gesellschaft
und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt die Basis für ein
erstes Netz zur Quantenkommunikation entwickeln.
Vertrauenswürdige Kommunikation sei die Grundlage für eine freie
Gesellschaft, sagte Karliczek. "Im digitalen Zeitalter sind
Wirtschaft und Gesellschaft auf eine sichere Kommunikation mehr denn
je angewiesen." Die Quantentechnologie biete eine einzigartige
Chance, sensible Informationen abhörsicher zu übertragen, besser als
alle bisherigen Verfahren. Jeder Abhörversuch könne unmittelbar
bemerkt werden.
Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Institutsleiter am Fraunhofer IOF, Prof. Dr. Gerd Leuchs, Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Bundesministerin Anja Karliczek und Fraunhofer-Präsident Prof. Dr. Reimund Neugebauer mit einer verschränkten Photonenpaarquelle für den Einsatz im Weltraum (v.l.n.r).
Bild: Hans-Joachim Rickel, BMBF
"QuNET" als Basis für gesamteuropäische Architektur?
Die Initiative soll dafür nun die physikalischen Grundlagen entwickeln, auf der ein hochsicheres Netz für die Bundesregierung entstehen solle. Die internationale Konkurrenz sei groß, sagte Karliczek. "Wir müssen die Forschung dazu deshalb schnell voranbringen." China etwa habe bereits 2017 einen Versuch zur quantenbasierten Satellitenkommunikation erfolgreich durchgeführt, sagte Karliczek. Deutschland und Europa müssten deshalb eigene Kompetenzen ausbauen, um nicht von anderen Ländern abhängig zu werden. "QuNET" solle ein erster Schritt hin zu einer gesamteuropäischen Architektur werden.
Auch große Tech-Konzerne wie Microsoft, IBM oder Google forschen derzeit aktiv an den Möglichkeiten der Quantentechnologie. Wie der "Spiegel" berichtete, will Google noch in diesem Jahr eine Plattform auf Basis von Quantencomputern kommerziell an den Start bringen. Das soll etwa großen Unternehmen wie Chemie- oder Autokonzernen ermöglichen, komplizierte Entwicklungsprozesse in einer "Quantum Cloud" erheblich zu beschleunigen. Zudem wolle Google in naher Zukunft einen Quantenprozessor vorstellen, der komplizierte Rechenaufgaben in einer Sekunde lösen soll, für die herkömmliche Supercomputer eine ganze Woche bräuchten.
Kommunikation bisher nur bis zu 100 Kilometern
Bereits vor 30 Jahren habe es die erste Idee gegeben, Quantentechnologie zur Nutzung sicherer Kommunikation zu nutzen, erläuterte Gerd Leuchs vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts. Die Theorie basiert auf ganz eigenen physikalischen Prinzipien, die den Forschern bislang immer wieder Rätsel aufgegeben hat. So gebe ein Objekt bei einer Messung niemals seine ganzen Informationen preis, die Messungen könnten auch nicht wie in der herkömmlichen Physik wiederholt werden, erläuterte Leuchs.
Bisher ist es nach Angaben von Fraunhofer nur möglich, von einem zu einem anderen Punkt sicher zu kommunizieren - und dies auch nur auf Distanzen bis zu 100 Kilometern. Künftig soll das auch über große Entfernungen hinweg realisiert werden können. Bayern, Sachsen und Thüringen seien deshalb bereits jetzt eingebunden. Über die Ländergrenzen hinweg soll dort eine Infrastruktur als Teststrecke entstehen sowie Labors für Wissenschaft und Technologieunternehmen bereitgestellt werden.
Insgesamt will die Bundesregierung die Forschung in der Quantentechnologie in der laufenden Legislaturperiode mit 650 Millionen Euro unterstützen. Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gehört Deutschland aktuell zur internationalen Spitze.