Reaktion

Preiserhöhung durch den Provider: So reagieren Sie richtig

Ein Brief kündigt die Preis­erhö­hung an: Der Internet- oder Handy-Anbieter will mehr Geld. Aber ist das über­haupt zulässig - und wie können sich Verbrau­cher wehren?
Von dpa /

Richtige Reaktion bei Preiserhöhung durch Provider Richtige Reaktion bei Preiserhöhung durch Provider
Foto: contrastwerkstatt - fotolia.com, Grafik/Montage: teltarif.de
Der Handy- oder Fest­netz-Vertrag läuft schon eine Weile und der Tarif passt gut zum eigenen Nutzungs­verhalten. Doch plötz­lich will der Anbieter mehr Geld für die gleiche Leis­tung. Darf er das? Es kommt darauf an, was im Vertrag steht.

Klar ist: Der Anbieter kann nicht einfach einseitig den Preis erhöhen. "Grund­sätz­lich muss ein Vertrags­partner Verab­redungen einhalten - also ein Produkt zu einem verein­barten Preis liefern", sagt Michèle Scherer von der Verbrau­cher­zentrale Bran­denburg.

Will der Anbieter etwas am Vertrag ändern, bedarf es der Zustim­mung des Kunden. "Denn einsei­tige Vertrags­ände­rungen sind nicht tragbar", erklärt Scherer. Um dem zu entgehen, können Anbieter bei lang­fris­tigen Handy- oder Inter­netver­trägen eine Preis­ände­rungs­klausel in die Allge­meinen Geschäfts­bedin­gungen (AGB) aufnehmen. "Nur wenn die Möglich­keit zur Preis­ände­rung vertrag­lich verein­bart wurde, ist sie zulässig", so die Verbrau­cher­schüt­zerin.

Dürfen Anbieter die Preis­ände­rungs­klausel frei bestimmen?

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Nein, dafür gibt es hohe Anfor­derungen. Die Klausel muss trans­parent und die Erhö­hung für den Kunden nach­voll­ziehbar sein. "Zudem darf die Preis­ände­rung nicht dazu führen, dass die Gewinn­marge dadurch erhöht wird", sagt Scherer. Und die Klausel muss auch mögliche Kosten­senkungen mit einschließen - und diese an Kunden weiter­geben.

Legitim ist eine Erhö­hung nur, wenn der Anbieter einen klaren Grund nennt - typi­sche Argu­mente von Kabel­anbie­tern sind etwa gestie­gene Ener­giekosten oder die Inves­tition in den Netz­ausbau.

Wie muss der Anbieter die Erhö­hung mitteilen?

Der Anbieter muss Verbrau­chern seine Absicht sowie die weiteren Optionen klar und verständ­lich vermit­teln. Es reicht nicht aus, wenn er sein Vorhaben online in den Kunden­bereich einstellt und den Kunden per E-Mail infor­miert, dass er dort Neuig­keiten findet. Das zeigt ein Urteil des Ober­landes­gerichts Frank­furt/Main (Az.: 6 U 110/17, es ging um eine unge­recht­fertigte Preis­erhö­hung der Dril­lisch-Marke WinSIM). Viel­mehr muss der Anbieter Preis­erhö­hungen so mitteilen, dass der Kunde zwin­gend davon Kenntnis bekommt.

Eine Erhö­hung ist weder nach freiem Belieben noch von heute auf morgen möglich. "Anbieter müssen die Erhö­hung mit einer ange­messenen Frist ankün­digen - zum Beispiel sechs Wochen", sagt Scherer. So hat der Kunde die Möglich­keit, zu reagieren.

Haben Kunden bei Preis­erhö­hungen immer ein Sonder­kündi­gungs­recht?

Nein, nicht auto­matisch. Entschei­dend ist, was genau im Vertrag steht - und da gibt es verschie­dene Optionen. "Entweder haben Sie ein Wider­spruchs­recht, oder ein Sonder­kündi­gungs­recht, oder die Erhö­hung wird zum Beispiel erst dann wirksam, wenn der Kunde den Vertrag ordent­lich kündigen kann", sagt Scherer. Es lohnt sich also, in den AGB zu prüfen, ob die Preis­erhö­hung über­haupt wirksam ist.

Wenn eine Preis­ände­rungs­klausel von Anfang an im Vertrag steht und diese rechts­wirksam ist, können Verbrau­cher dagegen in der Regel nicht vorgehen. Unity­media und Tele Columbus haben in den vergan­genen Jahren beispiels­weise die Preise um 4,8 Prozent pro Jahr erhöht. Kunden mussten dies bislang dulden, weil sie mit ihrer Unter­schrift den Vertrags­bedin­gungen zuge­stimmt hatten - dort war eine mögliche Erhö­hung um bis zu fünf Prozent fest­geschrieben.

Aus Sicht der Verbrau­cher­schützer ist eine solche Preis­erhö­hung aber unwirksam, da sie die Hand­lungs­optionen des Kunden an Bedin­gungen knüpft - der Kunde also bei einer geringen Erhö­hung kein Sonder­kündi­gungs- oder Wider­spruchs­recht hat, weil die Anpas­sung im vertrag­lichen Rahmen liegt.

"Dies entspricht nach unserer Ansicht nicht der EU- Univer­saldienst­richt­linie. Deshalb haben wir diesen Anbieter abge­mahnt", erklärt Michèle Scherer (gemeint ist Tele Columbus/Pyur [Link entfernt] ). Bislang gab es noch kein Urteil vom Bundes­gerichtshof zu einer solchen Klausel. Unab­hängig davon ist klar: Fällt eine Erhö­hung höher aus als in den AGB fest­geschrieben, können und sollten Kunden sich wehren.

Wie können Verbrau­cher gegen eine Preis­erhö­hung vorgehen?

Indem sie ihre Rechte nutzen. Die Wider­spruchs­frist beginnt zu dem Zeit­punkt, an dem die Ankün­digung der Preis­erhö­hung zuge­stellt wurde, also der Brief im Brief­kasten landet. Plant jemand eine längere Reise, sollte er einen Bekannten beauf­tragen, seine Post regel­mäßig zu öffnen. Grund­sätz­lich sollte man genau prüfen, ob das Schreiben des Anbie­ters nur Werbung ist oder den Vertrag betrifft.

Wer ein Sonder­kündi­gungs­recht hat, muss dem Anbieter recht­zeitig schrift­lich antworten. "Damit die Kündi­gung gilt, sollte der Brief vor dem Zeit­punkt eintreffen, zu dem die Preis­anpas­sung wirksam wird", rät Scherer. Am besten schi­cken Verbrau­cher die Kündi­gung oder den Wider­spruch per Einschreiben. Dann können sie beweisen, dass das Schreiben ange­kommen ist.

Wenn Kunden mit einer Preis­erhö­hung unzu­frieden sind, lohnt es sich oft, den Anbieter zu kontak­tieren. Denn viele möchten ihre Kunden halten. Zudem wollen sie einen Image­schaden vermeiden und reagieren entspre­chend kulant. Es gibt Beispiele, bei denen Provider nach dem Wider­spruch die Erhö­hung zurück­genommen haben.

Scherer nennt noch eine Möglich­keit: "Ist die Erhö­hung wirksam und nach­voll­ziehbar, sollten Verbrau­cher prüfen, ob der Vertrag für sie trotz der Erhö­hung weiterhin attraktiv ist." Unter Umständen passen der neue Preis und die Leis­tung ja immer noch zu den eigenen Bedürf­nissen, etwa weil Ange­bote der Konkur­renz nicht güns­tiger sind.

Was gibt es beim Neuab­schluss zu beachten?

Über­raschenden Erhö­hungen kann man bis zu einem gewissen Grad auch vorbeugen. Wer vor dem Neuab­schluss eines Vertrages mehrere Ange­bote vergleicht, sollte nicht nur auf den Preis und die Leis­tung achten. "Lesen Sie sich in den AGB auf jeden Fall auch die Preis­anpas­sungs­klau­seln durch und verglei­chen sie die Bedin­gungen der Anbieter", rät Verbrau­cher­schüt­zerin Scherer.

Häufig kommt es vor, das Internet- oder Handy-Anbieter Kunden mit güns­tigen Lock­ange­boten ködern. Am Ende der Mindest­vertrags­lauf­zeit erhöhen sich dann auto­matisch die Preise. Oder besser gesagt: Ab dem 13. oder spätes­tens dem 25. Vertrags­monat fällt ein verspro­chener Rabatt weg. In so einem Fall sollten Kunden den Vertrag recht­zeitig - also drei Monate vor Ablauf - kündigen und den Anbieter nach Ende der Lauf­zeit wech­seln.

Und Kunden sollten prüfen, welcher Vertrag wirk­lich zu ihnen passt. Zumin­dest im Mobil­funk­bereich gibt es immer mehr Tarife, die Nutzer monat­lich kündigen können. "Wer eine kürzere Vertrags­lauf­zeit verein­bart, ist flexi­bler", sagt Scherer. Dann sind spon­tane Preis­erhö­hungen sowieso kein Thema mehr.

In diesem Jahr hatte sogar schon die Telekom, die das norma­lerweise zu vermeiden sucht, die Preise erhöht.

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