Klare Vorstellungen

o2-Chef Haas: Bis 2020 keine Funk­löcher mehr

Wenn die Regulierung zurückhaltend bleibt und auf hohe Lizenzkosten verzichtet wird, könnten bis 2020 wesentliche Funklöcher geschlossen werden.
Von

Der Chef von Telefónica o2 Markus Haas hat klare Vorstellungen: Falls sich der Staat bei Lizenzkosten und Regulierung zurückhielte könnten wesentliche Funklöcher bis 2020 geschlossen werden. Der Chef von Telefónica o2 Markus Haas hat klare Vorstellungen: Falls sich der Staat bei Lizenzkosten und Regulierung zurückhielte könnten wesentliche Funklöcher bis 2020 geschlossen werden.
Foto: Telefónica Germany
Im Gespräch mit der Rheinischen Post hat der Chef von Telefónica Deutschland (O2), Markus Haas, die Chance aufgezeigt, ab 2020 keine Funklöcher mehr zu haben. Haas möchte die Mobilfunknetze auch auf dem Land ausbauen - wenn die Politik ihm entgegenkommt. Wie bereits berichtet, möchte er mit dem künftigen Standard 5G "superschnelle Webzugänge" für "Hunderttausende Häuser" schalten.

Die Rheinische Post erscheint in Düsseldorf. Dort sprach Reinhard Kowalewsky mit Markus Haas, im ehemaligen E-Plus-Gebäude (Adresse E-Plus-Platz 1, Düsseldorf) Dort arbeiten weiter 850 Mitarbeiter für Telefónica-o2. Markus Haas ist zweimal pro Monat in Düsseldorf, berichtet er.

12 Milliarden Einnahmen durch Lizenzversteigerung?

Der Chef von Telefónica o2 Markus Haas hat klare Vorstellungen: Falls sich der Staat bei Lizenzkosten und Regulierung zurückhielte könnten wesentliche Funklöcher bis 2020 geschlossen werden. Der Chef von Telefónica o2 Markus Haas hat klare Vorstellungen: Falls sich der Staat bei Lizenzkosten und Regulierung zurückhielte könnten wesentliche Funklöcher bis 2020 geschlossen werden.
Foto: Telefónica Germany
Mit der ersten Frage ging es dann direkt ins Thema: "Die neue Koalition plant 10 bis 12 Milliarden Euro aus dem Erlös neuer Handyfrequenzen ein, damit massenhaft Haushalte Glasfaseranschlüsse erhalten können. Gute Idee?"

Für Markus Haas ist das keine gute Idee, denn so werde nur eine Zukunftstechnik zugunsten der anderen geschwächt. Haas betont, dass "schnell eine starke Infrastruktur für den Mobilfunkstandard 5G erforderlich ist", um Kapazitäten und Qualität zu erhöhen und das Tor für neue Anwendungen aufzustoßen. Wenn die Politik zusätzlich Glasfaseranschlüsse für fast jedes Haus wolle, sei das auch legitim. Aber das dürfe nicht über Quersubventionen auf Kosten der Mobilfunker geschehen. Haas gibt sich da selbstbewusst: "Mit 45 Millionen Mobilfunkkunden wissen wir als Marktführer, wovon wir reden."

Nutzungsrechte verlängern

Haas plädiert dafür, den Großteil der bald auslaufenden Mobilfunknutzungsrechte umfassend zu verlängern, bzw. den Netzbetreibern direkt zuzuteilen. Als Gegenleistung könnte die Branche die Versorgung gerade auf dem Land deutlich verbessern - es sollte dann ab 2020 fast keine relevanten Funklöcher mehr geben.

Zweitens fordert Haas eine "zurückhaltende Regulierung" und drittens sollten die Frequenzen für 5G nicht zu teuer werden. Das gebe Freiraum für die Investitionen.

Alle 100 Meter eine Station?

Ob das bedeute, dass die Mobilfunker an Straßen alle 100 Meter Funkstationen hinstellen, damit autonomes Fahren mit Mobilfunkhilfe möglich werde, wollte die Zeitung wissen.

Für Haas ist das keine Frage: "Deutschland muss bei der Zukunftstechnik 5G vorne sein." Um dann gleich wieder einzuschränken: "Aber bevor wir eine extrem engmaschige Versorgung von Straßen erhalten, muss geklärt werden, wer das finanziert und später für die Nutzung zahlen wird: Es gibt bisher kein Geschäftsmodell, wie die hohen Milliardeninvestitionen für dieses sehr spezielle Anwendungsgebiet eines per 5G unterstützten autonomen Fahrens bezahlt werden."

Branche braucht mehr Kooperationen

Haas zeigte auf, wohin die Reise geht. Ein Beispiel sei ein bereits angekündigtes Abkommen mit Vodafone: Telefónica o2 und Vodafone teilen sich zunächst an 100 gemeinsam genutzten Standorten das Legen von Glasfaseranschlüssen. Wenn das klappt, sollte es für alle gemeinsam genutzten Standorte angegangen werden.

Haas weist deutlich darauf hin, dass die mobile Datennutzung in Deutschland jedes Jahr um über 50 Prozent zulegt. Um diesen Verkehr weiterzuleiten, möchte o2 bis zum Jahre 2022 rund 70 Prozent der 26 000 Funkstationen mit Glasfaser anzuschließen.

Mit 5G direkt ins Haus

5G würde es erlauben, immer mehr Haushalte mit extrem schnellem Internet per Mobilfunk zu versorgen, mit mehr als einem Gigabit/Sekunde. Haas kann sich vorstellen, langfristig "viele hunderttausend Kunden" mit 5G zu Hause zu erreichen.

Einwände, dass sein 5G gegen die geplanten Glasfaseranschlüsse keine Chance habe, lässt Haas nicht so allgemein gelten. Er geht - wie bereits berichtet, davon aus, dass dem Mobilfunk die Zukunft gehört. Haas hält es für eine Illusion, dass alle Haushalte direkt mit Glasfaser in die Wohnung versorgt werden können. Viele Vermieter würden solche Bauarbeiten in ihren Häusern nicht hinnehmen, zumal sie oft bereits vertraglich an andere (Kabel-)Anbieter gebunden sind.

Wie bereits berichtet, möchte o2 als Test mit Netzwerkausrüstern noch dieses Jahr in München und Hamburg jeweils bis zu 50 Haushalte per 5G-Mobilfunk mit Internet im Pilotbetrieb versorgen und schauen, ob das funktioniert.

Dafür werden in den Straßen entlang der bereits vorhandenen Glasfasertrassen kleine Mobilfunkstationen aufgebaut, die dann spezielle WLAN-Router in den Wohnungen mit schnellem Internet versorgen. Die Idee ist nicht neu, der US-Mobilfunkgigant Verizon plant eine ähnliche Lösung in mehreren amerikanischen Städten.

Keine Regulierung der Glasfaser?

Kowalewsky befragte Haas zu den Plänen der Telekom: Die wolle wohl ein Glasfasernetz nur dann flächendeckend für alle Haushalte ausbauen, wenn sie bei deren Ausbau nicht reguliert wird.

Haas stimmt dem durchaus zu: Der Aufbau der neuen Glasfasernetze sollte nicht wie bisher reguliert werden, um Investitionen anzuregen. Er setzt - wie in der Vergangenheit im Mobilfunk - auf freiwillige Vereinbarungen und nicht auf Regulierung. Das Interesse der Telekom und anderer regionaler Anbieter an einer hohen Auslastung und schnellen Refinanzierung des Netzes wird sehr groß sein.

Wie so etwas gehen kann, zeige das Bündnis zwischen Telefónica-o2 und der Telekom im Festnetz: o2 habe bereits über zwei Millionen DSL-Kunden, welche die Telekom komplett für o2 schaltet.

Eine Bewertung:

Der flächendeckende Ausbau des Landes mit 4G oder 5G wird kein billiges Vergnügen. Geld, das den Mobilfunkern für teurere Lizenzen genommen wird, ist weg. Von daher wäre es vernünftig, die Lizenzen den drei bereits aktiven Spielern gegen eine vertraglich wasserdichte Zusage eines besseren Netzausbaus zu geben.

Falls es wirklich weitere oder neue Anbieter geben sollte, die in den Markt einsteigen wollen, könnte in den Auflagen durchaus die Pflicht für die Netzbetreiber verankert werden, virtuelle Netzbetreiber und Service-Provider Zugriff auf die bestehenden und künftige Netze zu geben. Auch Kooperationen zwischen den drei Anbietern wird es künftig geben. Wenn an einem Standort zwei oder drei Sender verschiedener Anbieter stehen, ist es sinnvoll, sich die Kosten für eine Glasfaseranbindung zu teilen. Sinnvoll könnte auch sein, wenn ein Anbieter seine Sendestandorte und Anlagen auch einem anderen Anbieter zur Verfügung stellt. Ob man dazu die Sendestation real oder virtuell pro Anbieter aufteilt, ob das National Roaming heißen wird, muss man sehen. Wichtig ist, dass nach einer überschaubaren Frist auch wirklich eine spürbar besser Netzversorgung herauskommt.

Mehr zum Thema Markus Haas