5G: Technologie fertig, Anwendungen gesucht
Guangyi Liu von China Mobile spricht über Smart Grids
Foto: teltarif.de
Die Next Generation Mobile Network Alliance (kurz NGMN), eine
Interessenvertretung der Netzbetreiber, hat ihr erstes Ziel
erreicht: Die 5G-Technologie ist fertig spezifiziert. Die Ausrüster
vertreiben 5G-Basisstationen. Die Chip-Hersteller liefern bereits
Vorab-Muster ihrer 5G-Chipsätze aus, und in wenigen Monaten werden
erste 5G-Smartphones mit eben diesen Chipsätzen den Massenmarkt
erreichen. Diese Smartphones werden neben der 5G-Unterstützung
noch eine weitere Neuheit bieten: faltbare Displays. Und 5G-Router
für den Heimeinsatz werden sogar bereits an
echte Endkunden geliefert.
Einer der Vorreiter beim Aufbau der 5G-Netze ist der US-amerikanische Netzbetreiber AT&T. Igal Elbaz, SVP für drahtlose Netzwerkarchitektur und Design bei AT&T erklärte: "Dies hier ist Realität, kein Versprechen". Alle Nutzungsszenarien seien bei AT&T bereits real.
Ist die NGMN Alliance damit am Ziel angekommen und kann aufgelöst werden? Nun, anscheinend nicht, sonst würde sie keine Pressekonferenz auf dem Mobile World Congress in Barcelona mehr abhalten. Vielmehr sieht die MGMN ihren nächsten Schritt nun darin, neben der Breitband-Versorgung von Smartphones weitere Anwendungen für 5G-Netze zu etablieren.
Intelligente Stromnetze
Guangyi Liu von China Mobile spricht über Smart Grids
Foto: teltarif.de
Guangyi Liu, Wireless Chief Technology Officer (CTO) von China Mobile,
nannte das Management intelligenter Stromnetze als eine wichtige Anwendung
für 5G-Netze: Ziel ist es, die schnell steigende Stromproduktion aus
erneuerbaren Energiequellen in China optimal zu nutzen und teure
Abschaltungen zu vermeiden. So betrug die Neuinstallation an Fotovoltaik
in China in jedem der letzten drei Jahre über 34 GWp (Gigawatt Peak). Die
Windstromproduktion in China betrug letztes Jahr 366 TWh, und
damit mehr als die gesamte umstrittene Kohlestromproduktion in Deutschland.
Doch wie hierzulande auch, wird durch den steigenden Anteil von
erneuerbarer Energie die Netzsteuerung in China komplizierter.
Arash Ashouriha, SVP der Gruppe SVP Technologie Innovation bei der Deutschen Telekom, legte in seinem Vortrag den Fokus auf der Verbesserung von Produktionsprozessen in der Industrie. Bisher sind die diversen Roboter, Förderwagen und Messgeräte eines Produktionsstandortes über Kupfer- oder WiFi-Netze miteinander verknüpft. Kupfer ist aufwendig in der Installation und der Umkonfiguration, wenn eine Produktionsstraße an ein neues Produkt angepasst wird. WiFi hat das bekannte Problem der gegenseitigen Störungen, wenn die Zahl der Endgeräte zu hoch steigt. Der Abstand zwischen theoretisch möglicher und real erzielter Bitrate wird dann immer größer. Dedizierte Netzsegmente (network slices) der kommenden 5G-Netze sollen hingegen dank der besseren Ressourcen-Allokation von 5G nicht so schnell überlasten.
Durch das Network Slicing kann zudem festgelegt werden, welche Kapazität der jeweiligen Produktionshalle garantiert zur Verfügung steht. Private Endgeräte können diese reservierten Kapazitäten mitnutzen, wenn sie gerade nicht für die Produktion benötigt werden, müssen aber sofort zurückstecken, wenn der Bandbreitenbedarf der industriellen Endgeräte wieder steigt. Als Pilotprojekt wurde heute ein Campus-Netzwerk mit dem Leuchtmittel-Hersteller Osram gestartet.
Videokonferenz mit 4K
Seizo Onoe, Chief Technology Architect bei NTT Docomo, Japan, sieht den kabellosen Festnetzersatz nicht als Hauptanwendung für 5G in Japan: "Wir haben gute Glasfasernetzwerke". Ein mobiles Einsatzgebiet für 5G ist aber die Telemedizin: Ein Arztbus kommt zum Patienten statt der Patient zum Arzt. Benötigt der Arzt im Bus weiteren Rat von einem Kollegen, kann er diesen sofort per 4K-Videokonferenz zuschalten. Hier kommt es auf hohe Bildqualität an - die Ursache und die Gefährlichkeit einer Hautveränderung kann man mit einem WhatsApp-Videocall beim derzeit üblichen Qualitätsniveau sicher nicht beurteilen.