Nachgemessen

Speed-Duell: Netzbetreiber vs. Service-Provider

Wenn man eine Handy­karte beim Zwischen­händler (Service Provider) kauft, ist dann die Geschwin­digkeit schlechter als beim Netz­betreiber?
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Im inter­natio­nalen Fach­chine­sisch gibt es den Begriff "Mobile Virtual Network Operator (MVNO)". In Deutsch­land kennt man auch den Begriff "Service-Provider", eine Erfin­dung, die ursprüng­lich aus Groß­britan­nien zu uns kam. Service-Provider (wie zum Beispiel Mobilcom-Debitel, AldiTalk, Klar­mobil und viele andere) sind Unter­nehmen, die keine eigene Netz­technik haben und einfach nur Tarife eines anderen Netz­betrei­bers anpassen und mit Zusatz­leis­tungen versehen und verkaufen.

Virtu­elle Netz­betreiber, also mit eigener Vorwahl und eigener Vermitt­lungs-Technik, gibt es in Deutsch­land auch, das sind beispiels­weise Unter­nehmen wie Truphone (im Voda­fone-Netz) Lyca­mobile (eben­falls über Voda­fone), Simqua­drat (im Netz von Telefónica) und dann (theo­retisch) noch 1&1-Dril­lisch, die aber - nach unserem Kennt­nisstand - derzeit noch keine eigene Vorwahl (bereits zuge­teilt) oder klas­sische eigene Netz-Vermitt­lungs­ifra­struktur nutzen, sondern als Service-Provider im o2-Netz unter­wegs sind. Im engli­schen Sprach­raum sind das alles "Mobile Virtual Network Opera­tors" oder MVNOs.

Open Signal sucht Unter­schiede

Opensignal will ermittelt haben, das Service-Providerkunden grundsätzlich langsameres LTE als Original-Netz-Kunden bekommen Opensignal will ermittelt haben, das Service-Providerkunden grundsätzlich langsameres LTE als Original-Netz-Kunden bekommen
Grafik: Opensignal
Das Mobil­funk-Bera­tungs­unter­nehmen "Open­signal", das regel­mäßig seine Open­signal App zur Markt­analyse auswertet, ging der Frage nach, ob es zwischen den Ange­boten eines Service-Provi­ders (englisch MVNO) und dem "Original"-Netz­betreiber, wo auch der MVNO Kunde ist, "Unter­schiede" gibt. Die Antwort lautet: Ja, das ist der Fall. So offen­sicht­lich und eindeutig, wie es die Ersteller der Studie viel­leicht gerne gehabt hätten, ist es aber wohl nicht.

Oft sind die Service-Provider (insbe­sondere die Discount-Provider) preis­lich güns­tiger als das Original, was eine bestimmte preis­sensible Kund­schaft anzieht. In Deutsch­land gibt es bekannt­lich (derzeit) drei "echte" Mobil­funk­netze die in der Branche Mobil Network Opera­tors (MNOs) bezeichnet werden, nämlich: Telekom, Voda­fone, und Telefónica.

Service-Provider sind wichtig

Service-Provider spielen eine entschei­dende Rolle darin, um die Auswahl für den Verbrau­cher bei der Suche nach dem passenden Mobil­funk­tarif zu erhöhen. Echte virtu­elle Netz­betreiber (siehe oben) haben hingegen nur einen sehr geringen Markt­anteil. Wie auch im realen Leben sind beim gleichen Provider die verschiedenen Netze unterschiedlich schnell Wie auch im realen Leben sind beim gleichen Provider die verschiedenen Netze unterschiedlich schnell
Grafik: Opensignal
Genaue Kennt­nisse über die Unter­schiede der "Nutzer­erfah­rung" von deut­schen Service-Provider-Kunden gegen­über den natio­nalen Mobil­funk­anbie­tern stellten eine wich­tige Grund­lage in der Entschei­dungs­findung der Verbrau­cher dar, findet Open­signal. Dabei wurden nicht die Tarife oder die Qualität des Kunden­service (Ist er erreichbar, versteht er/sie, was ich will?), sondern nur die Netz­nutzungs­qualität (Verfüg­barkeit, Up-/Down­load) vergli­chen.

Durch die Analyse der "erlebten 4G-Geschwin­digkeiten" der Nutzer stellte Open­signal Unter­schiede beim Up- und Down­load fest. Die meisten Provider-Kunden hätten deut­lich nied­rigere Geschwin­digkeiten als Original-Kunden von o2, Voda­fone oder Telekom erzielt. Eine bemer­kens­werte Ausnahme stelle dabei 1&1-Dril­lisch und Mobilcom-Debitel dar, bei denen die Unter­schiede geringer seien.

Beim Service-Provider lang­samer?

Im Durch­schnitt erzielen Nutzer, die Kunden der Service-Provider sind 23 Prozent lang­samere Geschwin­digkeiten als Nutzer, die direkte Kunden beim Netz­betreiber sind. Auch die erzielten Upload-Geschwin­digkeiten seien im Durch­schnitt 20 Prozent lang­samer gewesen. Für Service-Provider im o2-Netz habe die Down­load-Geschwin­digkeits­diffe­renz sogar nur 1 Prozent betragen, während die Upload-Geschwin­digkeits­diffe­renz 11 Prozent ausge­macht habe. Welcher Anbieter, welche Marke gehören wohin (unvollständig) Welcher Anbieter, welche Marke gehören wohin (unvollständig)
Grafik: Opensignal
Obwohl der Unter­schied zwischen den Geschwin­digkeiten der Original-Netze groß ist, sei es keine Garantie dafür, dass Kunden von Service-Provi­dern in "schnel­leren Netzen" notwen­diger­weise höhere Geschwin­digkeiten erzielen. Um sicher­zustellen, dass die Verbrau­cher einen klaren Über­blick über die verschie­denen Entschei­dungs­möglich­keiten auf dem Mobil­funk­markt haben, müssten sowohl die Service-Provider als auch die Original-Netz­betreiber "ehrlich und trans­parent über die Erfah­rungen ihrer Nutzer mit dem Mobil­funk­netz infor­mieren.

Den voll­stän­digen Bericht (in engli­scher Sprache) können Sie hier lesen.

Eine Einschät­zung

Service-Provider verkaufen teil­weise Tarife mit Höchst­geschwin­digkeiten, wo der Original-Netz­betreiber die "tech­nische maximal mögliche" Geschwin­digkeit anbietet. Service-Provider erlauben in einigen Tarifen bis heute kein LTE, was den Kunden mit 2G und (wo vorhanden) 3G auskommen lassen muss. Dann gibt es Kunden, die mit einem Uralt-Handy ganz glück­lich sind, das aber viel­leicht nur 2G aber keines­falls 4G schafft, von 5G ganz schweigen. Unterschiede zwischen Up- und Download bei den Original-Netzbetreibern. Hier liegt Vodafone vorne Unterschiede zwischen Up- und Download bei den Original-Netzbetreibern. Hier liegt Vodafone vorne
Grafik: Opensignal
Viele Kunden sind gar nicht so erpicht auf maxi­male Geschwin­digkeiten, sondern auf maxi­male Verfügbar- und Zuver­lässig­keit. Ob eine Webseite nun in 1 Sekunde oder in 5 Sekunden komplett geladen ist, ist verschmerzbar, solange sie über­haupt geladen wird. Bei der Wahl eines Anbie­ters sollte LTE heute zur Grund­ausstat­tung gehören.

Wer noch viel und regel­mäßig tele­fonieren möchte, sollte auch darauf achten, dass das eigene Handy VoLTE und WLAN-Call (WiFi-Calling) beherrscht und der ange­peilte Anbieter das auch liefern kann. VoLTE-Daten­funk können inzwi­schen auch viel Discounter, im o2-Netz können es (theo­retisch) alle Marken­anbieter. Bei Telekom und Voda­fone gibt es immer noch eine Hand­voll Anbieter, denen LTE nicht so wichtig ist. Wer beim Service-Provider einen "Original-Netz­betreiber-Tarif" bucht, hat gute Chancen, VoLTE und WiFiCalling zu bekommen, am besten an der Hotline mal nach­fragen.

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