LTE-Advanced: Technik

LTE Advanced setzt ausgefeilte Techniken ein

Für hohe Daten­raten braucht man viel Band­breite, doch Frequenz-Spek­trum ist knapp und kostbar. Wie LTE Advanced diese Anfor­derung trotz­dem reali­sieren konnte, erläu­tern wir in unserem Ratgeber zum 4G-Mobil­funk­standard.
Von Julian Ruecker /

Eine wich­tige Anfor­derung von IMT-Advanced, dem von der Inter­natio­nalen Fern­melde­union (ITU) vorge­gebenen Krite­rien-Katalog für Mobil­funk­standards der vierten Gene­ration, war und ist die Verwen­dung von großen Band­breiten von bis zu 40 MHz. Durch Frequenz-Verstei­gerungen, die Abschal­tung von UMTS und die Umstel­lung von DVB-T auf DVB-T2 erhielten die etablierten Netz­betreiber eine ausrei­chende Anzahl an Lizenzen für die Nutzung des einst knappen und frag­men­tierten Frequenz-Spek­trums für LTE (und 5G).

Zudem ist LTE Advanced abwärts­kompatibel zu LTE, damit LTE-Geräte auch in LTE-Advanced-Netzen problem­los funk­tio­nieren. Doch LTE unter­stützt nur eine maxi­male Band­breite von 20 MHz pro Träger (Carrier). Bis zu 500 MBit/s über LTE Advanced Bis zu 500 MBit/s über LTE Advanced
Foto/Grafik: teltarif.de

Carrier Aggre­gation für höhere Band­breite

Um trotzdem höhere Band­breiten - und somit auch höhere Daten­raten - zu errei­chen, ist es bei LTE Advanced möglich, die Band­breite aus verschie­denen Frequenz­bereichen zu kombi­nieren, was als Träger-Aggrega­tion (Carrier Aggre­gation) bezeichnet wird. Bei dieser konnten bis zum Release 12 des 3GPP (3rd Gene­ration Part­nership Project) bis zu fünf Träger-Kompo­nenten (Compo­nent Carrier) genutzt werden, seit Release 13 sind es theo­retisch sogar bis zu 32. Die maxi­male Band­breite für eine Träger-Kompo­nente beträgt 20 MHz, sodass sich für die Über­tragung insge­samt eine maxi­male aggre­gierte Band­breite von 100 MHz (5 Träger) bzw. 640 MHz (32 Träger) ergibt. Ange­sichts der realen Frequenz­zuweisungen, des tech­nischen Auf­wands und der Konzen­tra­tion auf 5G oder gar 6G sind aber Aggrega­tionen von mehr als zwei bis vier Trägern nicht überall zu erwarten.

LTE Advanced Carrier Aggregation Carrier Aggregation:
Drei Varianten für die Zusammen­setzung der Träger-Komponenten
Grafik: teltarif.de
Die Träger-Kompo­nenten können getrennt oder benach­bart im glei­chen Frequenz­band liegen - aber auch aus komplett verschie­denen Frequenz­bereichen stammen. So bietet die SK Telecom ihr LTE-Mobilfunk­netz in Südkorea im 800-MHz-, 1800-MHz-, 2100-MHz- und 2600-MHz-Band an und war welt­weit der erste Netz­betreiber, der Carrier Aggre­gation unter­stützte. Dabei verwen­deten die Südko­reaner drei Träger-Kompo­nenten zu je 10 MHz Band­breite, von denen je eine aus dem Frequenz­bereich um 800 MHz, eine aus dem Frequenz­bereich um 2100 MHz und eine aus dem Frequenz­bereich um 2600 MHz stammte sowie jeweils eine 20 MHz Band­breite um den Frequenz­bereich um 1800 MHz und 2600 MHz, was zu einer Über­tra­gungs­rate von bis zu 700 MBit/s im Down­stream führte. Mit der 3-Band-Träger-Aggre­gation dagegen wird im Down­stream eine maxi­male Daten­rate von 500 MBit/s erreicht. Geplant war zudem eine maxi­male Down­load-Geschwin­dig­keit von bis zu 1,2 GBit/s mit einer 5-Band-Träger-Aggre­gation, 4x4-MIMO-Technik und QAM256 (Quadratur-Ampli­tuden-Modu­lation).

In Deutsch­land werden für LTE die Frequenz­bereiche um 700, 800, 1800, 2100 und 2600 MHz verwendet - also gibt es fünf mögliche Bänder. Ganz unge­achtet der tech­nischen Voraus­setzungen wäre es also derzeit unmög­lich, Inter-Band-Aggre­gation mit mehr als drei verschie­denen Kompo­nenten durch­zuführen. Die theo­retisch maximal erreich­bare Band­breite läge damit bei 100 MHz, da je 20 MHz in den genannten Frequenz-Bändern möglich sind. Hierbei sei aber zu erwähnen, dass nicht jedem Netz­betreiber für jedes Band eine 20-MHz-Band­breite zur Verfü­gung steht und daher andere Kombi­nationen mit gerin­gerer Band­breite reali­siert werden. Diese Betrach­tung nimmt außerdem an, dass das 1800-MHz-Band zudem aus­schließ­lich für LTE vor­behalten ist, wobei es theo­retisch auch für GSM genutzt wird. In der Praxis konzen­trieren sich die Netz­betreiber mitt­ler­weile aller­dings auf den Betrieb von LTE auf diesen Frequenzen. Seit Release 12 des 3GPP wird nun auch - zumin­dest bei Geräte-Kate­gorien - zwischen Down­link- und Uplink-Kate­gorie unter­schieden, sodass hier aber­mals mannig­fal­tige Kombi­nati­ons­mög­lich­keiten hinzu­kommen.

Weitere Tech­niken für höhere Daten­raten und bessere Netz­abde­ckung

Zu den weiteren Unter­schieden zwischen LTE Advanced und LTE gehört die verbes­serte Nutzung von Mehr­antennen­techniken (bis zu 8x8 MIMO im Down­link) und ein modi­fiziertes Übertragungs­verfahren im Uplink bei LTE-A. Beide Funk-Stan­dards setzen die soge­nannte DFT-Spread-OFDM (Discrete Fourier Trans­form Spread Ortho­gonal Frequency Divi­sion Multi­plexing) oder SC-FDMA (Single Carrier Frequency Divi­sion Multi­plex Access) ein. Bei dieser werden die zu über­tragenden Daten eigent­lich auf viele Unter­träger unter­schied­licher Frequenz auf­geteilt (OFDM).

Eine zusätz­lich ausge­führte Opera­tion sorgt aber dafür, dass das Signal am Ende erscheint wie auf einer einzigen Träger­frequenz (Single Carrier) modu­liert. Dadurch ergeben sich weniger störende Leistungs­spitzen im Signal. LTE Advanced nutzt dabei ein leicht verän­dertes Verfahren, welches das Signal weniger stör­anfällig macht. So kommen mehr Bits korrekt beim Empfänger an.

Mehr Antennen fürs Senden und Empfangen: Multiple Input + Multiple Output (MIMO)

Bei MIMO können sowohl die Basis­station als auch das End­gerät mehrere Sende- und Empfangs­antennen besitzen. Diese können dafür einge­setzt werden, dass ein Sender gleich­zeitig verschie­dene Daten­ströme oder mehr­mals den glei­chen Daten­strom verschi­cken kann. Beides kann für eine höhere Daten­rate und zuver­lässigere Über­tragung einge­setzt werden. LTE Advanced erhöht die Anzahl der Antennen und damit der paral­lelen Daten­ströme im Vergleich zu LTE noch einmal.

Zudem sieht LTE Advanced auch in End­geräten den Einsatz von mehreren Sende-Antennen vor. Diese Technik zu vertret­baren Kosten zu reali­sieren und gleich­zeitig den Strom­verbrauch beim Betrieb in Smart­phones und Tablets möglichst gering zu halten, stellt die Hard­ware-Her­steller vor hohe Anfor­derungen.

Basi­sta­tionen arbeiten zusammen: Coor­dinated Multi Point Trans­mis­sion (CoMP)

Weiterhin ist für LTE Advanced auch die Über­tragung zu einem Endgerät mithilfe von mehreren Basis­stationen (Coor­dinated Multi Point Trans­mis­sion) vorge­sehen. Diese ist möglich, wenn sich der Nutzer am Rand einer Mobil­funk-Zelle befindet, wo sich die Sende­bereiche von mehreren Basis­stationen über­lappen. Dabei kann ein End­gerät entweder gleich­zeitig zwei iden­tische Daten­ströme von zwei verschie­denen Basis­stationen empfangen oder es empfängt nur Daten von einer Basis­station. Diese stimmt die Sende­parameter dann aber mit anderen Basis­stationen ab, für welche das End­gerät eben­falls "sichtbar" ist, um so die Sende­qualität zu verbes­sern.

Zusammenarbeit der Basisstationen (CoMP) am Rand der Mobilfunk-Zelle Zusammen­arbeit der Basis­stationen (CoMP) am Rand der Mobilfunk-Zelle
Grafik: teltarif.de
Sowohl die Über­tragung mehrerer Daten­ströme über verschie­dene Antennen als auch der modi­fizierte Uplink tragen dazu bei, dass LTE Advanced höhere Daten­raten bieten kann als LTE. Das größte Poten­zial für höhere Geschwindig­keiten bietet unter den neuen Tech­niken jedoch die Carrier Aggre­gation. In vollem Aus­maß kann diese jedoch nur statt­finden, wenn die Netz­betreiber auch über passende Blöcke im Frequenz-Spek­trum verfügen. Für den Einsatz von Carrier Aggre­gation über ver­schiedene Frequenz­bereiche hinweg muss der Netz­betreiber zudem nicht nur über ausrei­chend große Frequenz­blöcke in den verschie­denen Berei­chen ver­fügen, sondern auch über die passende Kombi­nation. Die koor­dinierte Über­tra­gung durch mehrere Basis­stationen sorgt hingegen in erster Linie für eine bessere Netz­abdeckung.

Mobil­funk der vierten Gene­ration

Entstanden war LTE Advanced als Teil der Spezi­fikation "3GPP Release 10", in der sich Mobil­funk-Netz­betreiber, Hard­ware-Her­steller und Re­gulierungs­behörden zu­sammen­ge­schlos­sen haben. Ziel bei der Kon­zep­tion von LTE Advanced war dabei, die von der Inter­natio­nalen Fern­melde­union (ITU) vorge­gebenen Krite­rien für IMT-Advanced, den Mobil­funk-Stan­dard der vierten Gene­ration (4G), ein­zuhalten. Dazu zählen unter anderem im Down­link eine maxi­male Daten­rate von mindes­tens 1 GBit/s bei statio­närer oder noma­discher Nutzung sowie von 100 MBit/s bei hoher Geschwindig­keit des End­geräts, wie sie etwa im fahrenden Auto oder in Fern­zügen erreicht wird. Mit dem Release 13 des 3GPP kam mit LTE Advanced Pro (LTE-AP) eine Erwei­terung heraus, die zeit­weise auch mit 4.5G oder 4.9G bezeichnet wurde.

Die Aussa­gekraft des Labels "4G" war zeit­weise begrenzt, da es einige Hard­ware-Hersteller und Netz­betreiber auch für Handys und Tarife mit HSPA+, WiMAX oder LTE ein­setzten. Streng­genommen sind diese Daten­übertragungs­standards aber nicht "4G", da sie zwar einige, aber nicht alle Kri­terien für IMT-Advanced er­füllen. Die ITU verzichtet daher mittler­weile weit­gehend auf die Bezeich­nung "4G". LTE-Advanced (nach 3GPP Release 10) und WiMAX 2 (IEEE 802.16m) sind jedoch bisher von der ITU als einzige Tech­niken aner­kannt worden, welche die An­forderungen für IMT-Advanced voll­ständig er­füllen.

Mehr zum Thema LTE