mobilcom-debitel: Überhöhte Mahnpauschale untersagt
Urteil gegen mobilcom-debitel wegen überhöhter Mahn- und Rücklastschriftpauschalen
Bild: Eisenhans - Fotolia.com
Um günstige Preise gewährleisten zu können, haben Mobilfunk-Discounter und Service-Provider zahlreiche Abläufe automatisiert. Leider gehören dazu auch Vorgänge, die in Gang gesetzt werden, wenn der Kunde in Zahlungsverzug kommt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die monatliche Rechnung nicht abgebucht werden kann, weil das Bankkonto des Kunden kein Guthaben aufweist oder der Dispositionskredit überschritten ist.
In einem Verfahren gegen mobilcom-debitel ließ der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. mit Sitz in Potsdam klären, ob es rechtmäßig ist, in einem derartigen Fall überhöhte Mahn- und Rücklastschriftpauschalen zu verlangen. Auch die Berechnung dieser Gebühren stand in dem Prozess zur Debatte. Das Urteil am OLG Schleswig wurde bereits am 7. Februar gefällt (Az. 2 U 5/18), durch den Verein aber erst heute bekannt gemacht.
Die Vorgeschichte: Diverse Rechtsstreite zu Gebühren
Urteil gegen mobilcom-debitel wegen überhöhter Mahn- und Rücklastschriftpauschalen
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Der klagende Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. verlangte von mobilcom-debitel u.a. die Unterlassung der Erhebung bestimmter Pauschalbeträge für Mahnungen und Rücklastschriften. Bis zum Jahr 2013 enthielten die AGB bzw. die Preislisten des Providers Bestimmungen über vom Kunden für eine Rücklastschrift zu zahlende Pauschalen. Damals betrug diese 10 Euro, für Mahngebühren konnten laut den AGB 5,95 Euro extra berechnet werden. Der Verein nahm mobilcom-debitel damals gerichtlich erfolgreich auf Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln in Anspruch.
Ab April 2013 verwies der Provider dann allerdings weder in den AGB noch in den Preislisten darauf, dass im Fall einer nicht eingelösten Lastschrift den betroffenen Kunden pauschale Gebühren drohen. Auch ohne Hinweis in den AGB berechnete mobilcom-debitel in Fällen einer Rücklastschrift den betroffenen Kunden in ihrer Rechnung jeweils 7,45 Euro. Auch für dieses Vorgehen nahmen die Verbraucherschützer den Provider erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch.
Beim jetzigen Rechtsstreit ging der Verein gegen die Praxis von mobilcom-debitel vor, ohne eine Regelung in den AGB oder der Preisliste für den Fall einer Mahnung jeweils eine Gebühr von 5,95 Euro sowie im Fall einer Rücklastschrift jeweils einen Betrag zwischen 4,59 Euro und 15,43 Euro zu kassieren.
So berechnete mobilcom-debitel die Gebühr
Im Verlauf des Verfahrens ging es auch um die Frage, auf welcher Basis mobilcom-debitel die Gebühren überhaupt berechnet, denn dies war für die betroffenen Kunden intransparent. Die Berechnung des Betrags für eine Rücklastschrift erfolgt offenbar "systemseitig", sodass der Kundenservice dem Kunden keine Auskunft zu den einzelnen Posten geben konnte. In den Rechnungen wurden die tatsächlichen Kosten auch gar nicht aufgeschlüsselt.
Offenbar hat mobilcom-debitel im Verfahren aber einmal dargelegt, wie die Gebühren zustande kommen:
- Bankgebühr in der im Einzelfall angefallenen Höhe
- Refinanzierungskosten, berechnet nach der gegenüber dem jeweiligen Kunden offenen Forderungsposition mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 5 Prozent (bis zum 4.08.2015 noch 7,125 Prozent) für 30 Verzugstage
- IT-Kosten in Höhe von 55 Cent (Software SAP 2 Cent, Software MOIRA 34 Cent, Software MCBS/MCIS 19 Cent)
- im Fall von Telefonaten mit dem Kunden Mitarbeiterkosten in Höhe von 5,39 Euro pro Telefonat (ausgehend von jeweils 9,536 Minuten für Telefonat und Nachbearbeitung bei einem Stundenlohn von 33,91 Euro)
- Benachrichtigungskosten in Höhe von 1,20 Euro bei einer Benachrichtigung des Kunden über die Rücklastschrift per Brief bzw. in Höhe von 9 Cent bei einer Benachrichtigung per SMS.
So entschied das OLG Schleswig
Das OLG Schleswig entschied, dass mobilcom-debitel es unterlassen muss, Verbrauchern ohne vorherige Individualvereinbarung systematisch durch ihr entsprechend programmiertes Abrechnungssystem einen Betrag von 5,95 Euro oder höher für jede Mahnung in Rechnung zu stellen. Der Provider muss es auch unterlassen, Verbrauchern ohne vorherige Vereinbarung systematisch durch ihr Abrechnungssystem einen Betrag von 4,59 Euro oder höher für jede vom Kunden zu verantwortende Rücklastschrift in Rechnung zu stellen.
Das Landgericht hat mobilcom-debitel außerdem dazu verurteilt, es zu unterlassen, für Rücklastschriften ohne vorherige Vereinbarung systematisch Beträge zu verlangen, in die Refinanzierungskosten, anteilige Personalkosten und sonstige allgemeine Vorhaltekosten einberechnet sind. mobilcom-debitel hätte eigentlich schon aufgrund der vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten bewusst sein müssen, dass die drei betroffenen Positionen nicht zum ersatzfähigen Schaden gehören. Jedenfalls verstoße es gegen "die unternehmerische Sorgfalt", wenn der Provider diese Positionen systematisch zum Bestandteil der Forderung wegen einer Rücklastschrift macht.
Der klagende Verband hält auf seiner Download-Seite ein Musterschreiben bereit, mit dem betroffene Kunden zu Unrecht gezahlte Pauschalen von mobilcom-debitel zurückfordern können.
Auch gegen o2 und E-Plus sowie gegen Vodafone gab es bereits derartige Verfahren.