Big Brother

Kinder-Smartwatches: Schein-Sicherheit und Überwachung

Mit spezi­ellen Smart­watches können Eltern ihr Kind orten. Mit SIM werden die Uhren noch zum Mobil­telefon. Das erscheint manchem nütz­lich, hat aber einige Schat­tenseiten.
Von dpa /

Smartwatches für Kinder können gefährlich sein Smartwatches für Kinder können gefährlich sein
Bild: dpa
Von spezi­ellen Smart­watches für Kinder lassen Eltern lieber die Finger. Durch solche vernetzte Uhren können Eltern etwa mittels GPS-Tracking ihr Kind orten. Doch der Gebrauch solcher Technik kann auch ein Sicher­heits­risiko sein, warnt Sicher­heits­experte Maik Morgen­sten vom IT-Sicher­heits­institut AV-Test: "Man möchte nicht, dass die Aufge­zeich­neten Daten bei nicht-vertrau­enswür­digen Anbie­tern landen."

Zwar könne er als Vater eines Grund­schul­kindes den Impuls so einer Anschaf­fung verstehen, doch er würde davon abraten. Häufig steckten Start-ups oder asia­tische Hersteller hinter diesen Smart­watches, sagt Morgen­stern. Große und auf dem Markt für Smart­watches etablierte Firmen wie Apple oder Samsung hätten keine Kinder-Modelle im Angebot.

Proble­mati­sches Gerät aus China

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Aktuell warnt AV-Test vor einer Smart­watch aus China: Demnach lagen sensible Daten von mehr als 5000 Kindern unge­schützt und unver­schlüs­selt auf den Servern der Firma. Name, Bilder, Adresse oder der aktu­elle Standort, all diese Infor­mationen waren für ein Exper­tenteam des Insti­tuts einsehbar. Zudem könnten unbe­rech­tigte Dritte mit vergleichs­weise einfa­chen Mitteln Konten über­nehmen und so die Eltern-App kapern. So könnten sie den Standort der Kinder sehen oder Kontakt mit ihnen aufnehmen.

Der deut­sche Distri­butor habe das bean­stan­dete Gerät vom Markt genommen, doch die Uhr ist laut AV-Test weiterhin über diverse Vertriebs­wege welt­weit erhält­lich. "Als Laie hat man im Grunde keine Chance zu erkennen, ob ein Gerät oder eine zuge­hörige App sicher ist", sagt Morgen­stern mit Blick auf solche Kinder­uhren.

Experten warnen vor zu viel Kontrolle

Dazu kommt: Medi­enex­perten warnen vor zu viel Kontrolle - etwa der Nutzung des soge­nannten Voice Moni­torings. Damit können Eltern die Umge­bungs­geräu­sche des Kindes­hören, können selbst jedoch nicht gehört werden. Das sei ein Eingriff in die Frei­räume des Nach­wuchses, erklärt die Initia­tive "Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht".

Gegen diese Über­wachungs­möglich­keit gibt es auch recht­liche Vorbe­halte: Die Bundes­netz­agentur (BNetzA) hat Geräte mit Abhör­funk­tion bereits 2017 verboten und rät Eltern, diese unschäd­lich zu machen. Laut BNetzA handelt es sich dabei um verbo­tene Sende­anlagen, deren Betrieb in Deutsch­land grund­sätz­lich nicht gestattet ist. Häufig werde bei den betrof­fenen Geräten in der Bedie­nungs­anlei­tung beschrieben, dass die Uhr ein Mithören erlaube oder eine Moni­torfunk­tion habe.

Vertrauen ist besser als Kontrolle

Gene­rell gilt: Eine lücken­lose Über­wachung sei schäd­lich für das Vertrau­ensver­hältnis zwischen Eltern und Kind und bremse zudem die Entwick­lung der Selbst­stän­digkeit, warnt "Schau hin!".

Auch der Kinder­schutz­bund sieht solche GPS-Über­wachungs­instru­mente kritisch. Diese vermit­telten Eltern - wenn über­haupt - nur eine trüge­rische Sicher­heit, schätzt Bundes­geschäfts­führerin Cordula Lasner-Tietze ein. Das könne auch nega­tive Folgen haben: Wer auf die Smart­watch vertraut, verlerne viel­leicht Aushand­lungs­prozesse mit dem Kind, treffe keine gemein­samen Verein­barungen mehr oder spreche nicht über Unsi­cher­heiten, sagt sie.

Expertin: App verhin­dert keine Über­griffe

Auch was die bewor­bene Kern­aufgabe Kinder­schutz angeht, ist Lasner-Tietze skep­tisch. "Viele Eltern haben Sorge vor sexu­ellen Über­griffen auf ihre Kinder", sagt sie. "Sie glauben, ein solcher Sender könnte helfen." Der aller­größte Teil der sexu­ellen Über­griffe an Kindern geschehe aller­dings im sozialen Nahraum: in der Familie, der Betreuung, im Verein etwa. "Diese Über­griffe verhin­dert keine App." Was aber präventiv wirke: "Ein vertrau­ensvolles und offenes Verhältnis zwischen Eltern und Kindern."

Wer unbe­dingt für sein Kind solch eine vernetzte Uhr anschaffen möchte, sollte vorher die Geschäfts­bedin­gungen (ABG), Nutzungs­bedin­gungen und die Daten­schutz­erklä­rungen bei verschie­denen Herstel­lern verglei­chen, rät "Schau hin!". Weara­bles und Smart­watches seien schon häufiger als beson­ders daten­hungrig aufge­fallen. Zudem weist auch die Initia­tive darauf hin, dass Hacker je nach Modell "teil­weise sehr leicht" auf Standort- und Kontakt­daten zugreifen und sie miss­brau­chen könnten.

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