Lahmer als versprochen

Internet-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich

Der DSL- oder Kabel-Provider hat High­speed verspro­chen, doch der Anschluss liefert bei weitem nicht die verspro­chene Geschwin­digkeit: Dann kann der Kunde kündigen oder den Preis mindern. Wir erläu­tern das offi­zielle Proze­dere.
Von

Internet-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich Internet-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich
Bild: teltarif.de
Viele Deut­sche haben bereits einen Breit­band-Inter­net­anschluss per VDSL, Glas­faser, TV-Kabel, LTE-Zuhause oder Telekom Hybrid. Bis Mitte der 2020er-Jahre soll im nächsten Schritt der Ausbau mit Gigabit-Geschwin­digkeiten über Glas­faser und 5G abge­schlossen sein.

Doch ein ärger­liches Phänomen verfolgt Internet-Kunden auch im Breit­band-Zeit­alter weiter: Viele Anschlüsse sind zeit­weilig oder dauer­haft deut­lich lang­samer als die Geschwin­digkeit, mit der sie beworben wurden. Provider halten ihre Geschwin­digkeits-Verspre­chen oft nicht ein. Verbrau­cher müssen sich aber nicht alles gefallen lassen. Darum erläu­tern wir hier einmal, wie man sich als Breit­band-Kunde in diesem Fall am besten verhalten sollte. Internet-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich Internet-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich
Bild: teltarif.de

Gerin­gerer Speed: Provider-Werbung versus Physik

In physi­kali­scher Hinsicht gibt es bei vielen Breit­band-Tech­niken zwei Phäno­mene, die sich nicht leugnen oder wegdis­kutieren lassen: Erstens müssen sich oft viele Kunden die vom Provider zur Verfü­gung gestellte Internet-Kapa­zität teilen. Beson­ders dras­tisch spüren dies mitunter Kabel-Internet-Kunden, wenn beispiels­weise zwischen 17 Uhr und 21 Uhr die Netze über­lastet sind. Auch bei LTE und 5G müssen sich die Nutzer die Kapa­zität einer Funk­zelle teilen.

Zwei­tens spielt die Entfer­nung zur Fest­netz-Vermitt­lungs­stelle bezie­hungs­weise zur Mobil­funk-Basis­station eine nicht zu unter­schät­zende Rolle. Dies spüren insbe­sondere Nutzer von DSL, VDSL, VDSL-Vecto­ring, LTE und 5G. Je weiter der Kunde von der Basis­station oder Vermitt­lungs­stelle entfernt ist, desto schwä­cher wird das Signal - und die Surf­geschwin­digkeit sinkt.

Trotzdem vermarkten die Provider ihre Anschlüsse stets mit der Angabe der maxi­malen Surf­geschwin­digkeit, und zwar der Down­stream-Geschwin­digkeit. Da sie natür­lich genau über die vorge­nannten physi­kali­schen Gege­benheiten Bescheid wissen, setzen sie ihrer Angabe immer ein "bis zu" voran, also beispiels­weise "bis zu 250 MBit/s". Damit signa­lisieren die Anbieter bereits, dass zahl­reiche Anschlüsse die verspro­chene Geschwin­digkeit niemals errei­chen werden.

Von der Trans­parenz­verord­nung zum einklag­baren Recht

Nach zahl­reichen Verbrau­cher­beschwerden wurde auch der Staat auf die Proble­matik aufmerksam und setzte zum 1. Juni 2017 zunächst die TK-Trans­parenz­verord­nung in Kraft. Diese schrieb vor, dass die Provider den Kunden vor Vertrags­abschluss ein umfang­reiches Produkt­infor­mati­onsblatt zur Verfü­gung stellen müssen. Zur Internet-Geschwin­digkeit schrieb die Verord­nung vor, dass das Produkt­infor­mati­onsblatt die mini­male, die norma­lerweise zur Verfü­gung stehende und die maxi­male Daten­über­tragungs­rate für Down­load und Upload nennen muss. Zahl­reiche Inter­netan­bieter vermerken diese drei Angaben in Form einer Tabelle in ihren AGB bezie­hungs­weise Nutzungs­bedin­gungen. Bei allen Messungen des eigenen Inter­netan­schlusses über die Breit­band­mes­sungs-App sollten Kunden also weiterhin in die AGB, Nutzungs­bedin­gungen oder das Produkt­infor­mati­onsblatt ihres Provi­ders schauen und dort nach der Tabelle Ausschau halten, in der die mini­male, normale und maxi­male Daten­über­tragungs­rate für den Tarif verzeichnet sind.

Zum 1. Dezember 2021 gab es mit der Über­arbei­tung des Tele­kom­muni­kati­ons­rechts eine weitere Verbes­serung für die Kunden. Wenn der Inter­net­anschluss nicht so schnell ist wie verspro­chen, können Verbrau­cher nach dem neuen Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz nun die Grund­gebühr mindern oder auch den Vertrag fristlos kündigen. Ist das Internet erheb­lich, ständig oder regel­mäßig zu langsam, kann der Kunde dies weiterhin über die aktua­lisierte Breit­band­mes­sungs-App der Bundes­netz­agentur nach­weisen. Gemin­dert werden kann die Grund­gebühr um den Faktor der schlech­teren Leis­tung (z. B. um 50 Prozent, wenn die Geschwin­digkeit statt 250 MBit/s nur 125 MBit/s beträgt). Möchte der Kunde daraufhin den Vertrag außer­ordent­lich kündigen, muss er dem Anbieter aller­dings vorher die Gele­gen­heit zur Nach­bes­serung geben. Die Breitbandmessung muss zwingend per LAN durchgeführt werden. Die Breitbandmessung muss zwingend per LAN durchgeführt werden.
Bild: dpa

So messen Sie bei einem zu lang­samem Anschluss

Vor der Messung sollten Sie unbe­dingt mögliche Fehler­quellen bei Ihnen zu Hause ausschließen. Dazu gehören beispiels­weise veral­tete LAN-Treiber, falsche Router-Einstel­lungen, unge­eignete LAN-Kabel oder brem­sende Netz­werk­einstel­lungen des Betriebs­systems sowie Viren­scanner.

Ein sozu­sagen "unbe­stech­liches", weil vom Staat in Auftrag gege­benes Tool, ist die Breit­band­mes­sung für Windows, macOS und Linux. Die Rege­lungen der BNetzA sehen vor, dass Verbrau­cher für den Nach­weis einer Minder­leis­tung darüber insge­samt 30 Messungen an drei unter­schied­lichen Kalen­der­tagen durch­führen müssen. Dabei wird ein Mindest­abstand von jeweils einem Kalen­dertag zwischen den Mess­tagen sowie eine Vertei­lung der Messungen über den Messtag vorge­geben.

Für die Annahme einer minde­rungs­rele­vanten Abwei­chung bei der mini­malen Geschwin­digkeit reicht es, wenn an zwei von drei Mess­tagen die mini­male Geschwin­digkeit unter­schritten wird. Für die maxi­male Geschwin­digkeit ist eine Minder­leis­tung gegeben, wenn an zwei von drei Mess­tagen 90 Prozent des Maxi­mums nicht einmal erreicht werden. Bei der norma­lerweise zur Verfü­gung stehenden Geschwin­digkeit liegt eine Abwei­chung vor, wenn diese nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird.

Die Bundes­netz­agentur gibt in einer ausführ­lichen Hand­rei­chung vor, wie der Verbrau­cher selbst eine so genannte "Mess­kampagne" durch­zuführen hat. Aufgrund des Einflusses der Endkun­den­mess­umge­bung erachtet die Bundes­netz­agentur deren Erfas­sung als unum­gäng­lich, insbe­sondere mit Blick auf die Rechts­sicher­heit der Mess­ergeb­nisse:

  • Die Messungen müssen über die jeweils aktu­ellste Version der Desktop-App vorge­nommen werden, nicht im Browser.
  • Die Messungen sind zwin­gend mit LAN-Verbin­dung vorzu­nehmen.
  • Das Endgerät des Verbrau­chers, über das die Messung erfolgt, muss direkt mit einem LAN-Kabel mit dem Router verbunden sein. Der Router wiederum muss direkt mit dem Netz­abschluss­punkt verbunden sein.
  • Die Netz­werk­karte muss eine entspre­chende Leis­tung vorweisen (Gigabit-LAN, kein Fast Ethernet oder noch lang­samer).
  • Werden die Messungen über einen Laptop durch­geführt, muss dieser an die Strom­ver­sor­gung ange­schlossen sein, um even­tuelle Auswir­kungen von Ener­gie­spar­ein­stel­lungen auszu­schließen.
  • Die Router-Firm­ware soll aktuell sein.
  • Paral­leler Daten­ver­kehr wie Strea­ming oder Updates sind zu unter­binden.
  • Um die Messung nicht zu verfäl­schen und paral­lelen Daten­ver­kehr auszu­schließen, ist das WLAN am Router zu deak­tivieren, außerdem dürfen keine weiteren LAN-Geräte ange­schlossen sein.
  • VPN-Verbin­dungen, auch zu Firmen­netz­werken oder zum TOR-Netz­werk, müssen abge­schaltet werden.
  • Sollte der Nutzer keine Flat­rate, sondern ein beschränktes Daten­kon­tin­gent haben, wird er darauf hinge­wiesen, dies bei der Messung zu beachten.

Das Nach­weis­ver­fahren der Desktop-App sieht vor, dass der Nutzer eine Mess­kampagne mit insge­samt 30 Messungen an drei Mess­tagen (mit jeweils zehn Messungen) durch­führt. Zwischen den Mess­tagen ist ein Mindest­abstand von einem Kalen­dertag einzu­halten. Eine Mess­kampagne startet, sobald die erste Messung erfolg­reich abge­schlossen wurde. Eine Folge­mes­sung ist dann mit einem Abstand von fünf Minuten möglich, wobei abwei­chend hiervon zwischen der fünften und sechsten Tages­mes­sung ein Abstand von mindes­tens drei Stunden einzu­halten ist. Kalen­der­tage mit weniger als zehn Messungen werden in der Auswer­tung nicht berück­sich­tigt. Ein Messtag ist laut der Hand­rei­chung auf den Zeit­raum von 0:00 bis 24:00 Uhr beschränkt.

Diese Vorgaben wurden direkt nach ihrer Veröf­fent­lichung als praxis­fern für die meisten Verbrau­cher einge­stuft.

Das Mess­pro­tokoll für den Nach­weis

Nach Abschluss der Mess­kampagne erhält der Verbrau­cher ein Mess­pro­tokoll, in dem die wesent­lichen Ergeb­nisse zusam­men­gefasst werden, eine Aussage über das Vorliegen einer nicht vertrags­konformen Leis­tung getroffen wird sowie für den Anbieter die Mess­details aufge­führt sind. Um die Inte­grität zu gewähr­leisten, wird das Mess­pro­tokoll in Form eines signierten PDF-Doku­ments erstellt.

Liegt eine nicht vertrags­konforme Leis­tung mit Blick auf eine oder mehrere vertrag­lich verein­barte Geschwin­digkeiten vor, wird dem Verbrau­cher empfohlen, sich bezüg­lich einer mögli­chen Minde­rung nach § 57 Abs. 4 Satz 2 TKG an seinen Anbieter zu wenden. Für den Dialog mit dem Anbieter stellt das Mess­pro­tokoll neben den wesent­lichen Ergeb­nissen der Messungen auch die Details jeder einzelnen Messung zur Verfü­gung.

Die rich­tige Reak­tion gegen­über dem Provider

Nach § 57 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 TKG ist der Verbrau­cher im Fall von erheb­lichen, konti­nuier­lichen oder regel­mäßig wieder­keh­renden Abwei­chungen bei der Geschwin­digkeit unbe­schadet sons­tiger Rechts­behelfe berech­tigt, das vertrag­lich verein­barte Entgelt zu mindern oder den Vertrag außer­ordent­lich ohne Einhal­tung einer Kündi­gungs­frist zu kündigen.

Bei der Minde­rung ist das vertrag­lich verein­barte Entgelt nach § 57 Abs. 4 Satz 2 TKG in dem Verhältnis herab­zusetzen, in welchem die tatsäch­liche Leis­tung von der vertrag­lich verein­barten Leis­tung abweicht. Das Recht des Verbrau­chers zur Minde­rung besteht übri­gens so lange fort, bis der Anbieter den Nach­weis erbringt, dass er die vertrag­lich verein­barte Leis­tung nun ordnungs­gemäß erbringt. Proble­matisch ist dabei aller­dings: Das Mess­pro­tokoll liefert gar keinen konkreten Wert als Endergebnis, um den der Kunde die Grund­gebühr mindern könnte, das muss er in Absprache mit dem Provider klären und ist darum nach offi­zieller Aussage der BNetzA doch wieder auf die Kulanz des Provi­ders ange­wiesen.

Bevor Sie sich zu einer außer­ordent­lichen Kündi­gung entscheiden, sollten Sie aller­dings zwei Prüfungen durch­geführt haben:

  • Im Tarif­vergleich von teltarif.de oder auf unserer Über­sichts­seite zu DSL-Akti­onsan­geboten sollten Sie nach­geschaut haben, ob es über­haupt einen güns­tigeren Tarif gibt.
  • Bei dem von Ihnen gewünschten neuen Provider sollten Sie eine Verfüg­barkeits­abfrage durch­geführt haben, um zu ermit­teln, ob dieser an Ihrem Anschluss über­haupt eine schnel­lere Geschwin­digkeit bieten kann als der jetzige Anbieter.

Die Bundes­netz­agentur nimmt darüber hinaus weiterhin über ein Online-Formular Beschwerden über eine zu lang­same Internet-Verbin­dung an. Das sollten Sie unbe­dingt in Anspruch nehmen, wenn der Provider auf Ihre Beschwerde nicht oder nicht ange­messen reagiert. Die Bundes­netz­agentur bietet auch ein Schlich­tungs­ver­fahren an, falls es beispiels­weise zwischen Kunde und Provider zu keiner Eini­gung über die Höhe der Preis­min­derung kommt.

Wichtig zu wissen ist, dass Sie für einen geord­neten Über­gang vom altem zum neuen Provider inklu­sive Rufnum­mern-Portie­rung nicht selbst beim alten Anbieter kündigen, sondern dies dem neuen Anbieter über­lassen sollten. Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber zum Anschluss-Wechsel.

In einem sepa­raten Ratgeber erläu­tern wir, wie Sie sich am besten bei einem Netz­aus­fall verhalten sollten.

Mehr zum Thema DSL