Handelsblatt

Bericht: Regierung will Huawei nicht als 5G-Lieferant

Verhaftungen, Prozesse, Boykott: Huawei gerät weltweit wegen Spionageverdachts immer mehr unter Druck. Jetzt auch in Deutschland.
Von Wolfgang Korne mit Material von dpa

Huawei gerät weltweit wegen Spionagevorwürfen unter Druck. Huawei gerät weltweit wegen Spionagevorwürfen unter Druck.
picture alliance/Mark Schiefelbein/AP/dpa
Nach Infor­ma­tionen des Handels­blatts denkt man in der Bundes­re­gie­rung darüber nach, wie der chine­si­sche Netz­werk­aus­rüster Huawei vom Aufbau der Infra­struktur des künf­tigen Mobilfunk­standards 5G ausge­schlossen werden kann. Diese Schluss­fol­ge­rung lässt sich aus der Antwort auf eine Anfrage ziehen, die die Grünen-Abge­ord­nete Katha­rina Dröge an das Bundes­innen­ministerium gestellt hat.

Die Sicher­heit des künf­tigen 5G-Netzes sei „von hoher Rele­vanz für die Bundes­re­gie­rung“, heißt es in der Antwort des Innen­mi­nis­te­riums auf die Frage, welche Konse­quenzen die Bundes­re­gie­rung daraus zieht, dass immer mehr Staaten Huawei vom Aufbau des 5G-Netzes ausge­schlossen haben. „Die Willens­bil­dung über konkrete Maßnahmen ist noch nicht abge­schlossen.“ Die Antwort liegt dem Handels­blatt exklusiv vor.

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Huawei gerät weltweit wegen Spionagevorwürfen unter Druck. Huawei gerät weltweit wegen Spionagevorwürfen unter Druck.
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Laut Infor­ma­tionen des Handels­blatts aus Regie­rungs­kreisen werden derzeit schär­fere Sicher­heits­an­for­de­rungen für den Aufbau des 5G-Netzes disku­tiert. Demnach könnten diese so ausge­staltet werden, dass Huawei sie nicht erfüllen kann. Damit wären die Chinesen de facto vom 5G-Aufbau in Deutsch­land ausge­schlossen. Falls das nicht reicht, wäre auch eine Ände­rung des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setzes möglich.

Schnelle Entschei­dung gefor­dert

Die Grünen drängen die Bundes­re­gie­rung zu einer schnellen Entschei­dung. „Es wäre schön, wenn die Bundes­re­gie­rung nach langem Zögern die Brisanz des Themas erkennt“, sagte Dröge, die parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rerin der Grünen ist, dem Handels­blatt. Das 5G-Netz sei eine sensible Infra­struktur. „Wir brau­chen hier eine genaue Prüfung der Bundes­re­gie­rung, wie die Sicher­heit gewähr­leistet werden kann“, so Dröge. „Ich fordere die Bundes­re­gie­rung auf, endlich öffent­lich zu erklären, wie sie eine Betei­li­gung des Unter­neh­mens Huawei beim 5G-Ausbau bewertet.“

Auch in den USA unter Druck

In den USA steht Huawei einem Medi­en­be­richt zufolge wegen angeb­li­cher Ausspä­hung von Geschäfts­geheimnissen im Fokus einer straf­rechtlichen Unter­su­chung der US-Justiz­be­hörden. Die Ermitt­lungen seien bereits fort­ge­schritten und könnten schon bald zu einer Anklage führen, schrieb das „Wall Street Journal“ gestern unter Beru­fung auf Insider.

Von dem mögli­chen Tech­no­logie-Dieb­stahl könnte demnach auch die Telekom-Tochter T-Mobile US mit einem Gerät zum Testen von Smart­phones betroffen gewesen sein. Das Justiz­mi­nis­te­rium wollten gegen­über der Zeitung keinen Kommentar abgeben.

Huawei sieht Vorwürfe als unge­recht­fer­tigt an

Auch Huawei wollte sich heute nicht direkt zu den berich­teten Ermitt­lungen äußern. Ein Spre­cher verwies in einer Stel­lung­nahme an die Deut­sche Presse-Agentur aber darauf, dass der Konzern und T-Mobile ihren Gerichts­streit darüber 2017 beigelegt hätten. Die US-Jury habe „weder Schaden, unge­recht­fer­tigte Berei­che­rung noch absicht­li­ches oder böswil­liges Verhalten durch Huawei fest­ge­stellt“.

US-Behörden haben Huawei schon lange wegen Spionage­verdachts unter Beob­ach­tung. Wegen Sorgen, dass die Ausrüs­tung ein Sicherheits­risiko darstellen könnte, ist Huawei auch prak­tisch vom Netz­werk-Markt in den USA ausge­schlossen. Mit der Fest­nahme von Huaweis Finanz­chefin Meng Wanzhou, die Anfang Dezember auf Betreiben der USA im kana­di­schen Vancouver verhaftet worden war, wurde der Konflikt zum großen Poli­tikum.

Die USA werfen der Tochter von Huawei-Gründer Ren Zhengfei vor, auf betrü­ge­ri­sche Weise Sank­ti­ons­recht verletzt zu haben. Die Top-Mana­gerin, die bis zur Entschei­dung über eine Auslie­fe­rung in die USA gegen Kaution aus der Haft entlassen wurde, streitet dies ab. Der Fall könnte auch eine Lösung im Handels­streit zwischen Washington und Peking erschweren, befürchten Beob­achter.

Mögli­cher Druck von chine­si­scher Regie­rung

Huawei bestreitet, ein Sicher­heits­ri­siko zu sein. Der Gründer Ren Zhengfei beteu­erte vorges­tern vor US-Jour­na­listen, sein Unter­nehmen würde nicht spio­nieren und auch Anord­nungen der Regie­rung abweisen, Daten herzu­geben oder Hinter­türen einzu­bauen. „Wir würden sicher jede solcher Auffor­de­rungen ablehnen.“ Kein Gesetz in China zwinge Unter­nehmen dazu, Hinter­türen einzu­bauen. Auch hätten weder er noch Huawei jemals eine Auffor­de­rung von der Regie­rung bekommen, „un­an­gemessene Infor­ma­tionen zur Verfü­gung zu stellen“.

Nach den scharfen chine­si­schen Cyber-Sicher­heits­ge­setzen sind aller­dings alle in China tätige Unter­nehmen gezwungen, Daten an die Behörden zu geben, wenn es um Fälle der natio­nalen Sicher­heit geht. Gefahren für die natio­nale Sicher­heit sind in China nach Angaben von Diplo­maten sehr weit gefasst und bieten viel Raum für will­kür­liche Inter­pre­ta­tionen.

Huawei ist nicht nur wegen Spionage­vorwürfen unter Druck, sondern auch wegen Patent­strei­tig­keiten. In Deutsch­land sind die Chinesen erst vor einer Woche knapp an einem Verkaufs­verbot für Smart­phones vorbei­ge­schrammt. teltarif.de berich­tete.

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