Editorial: Huawei wurde getroffen
Derzeit macht man es Huawei unmöglich, weiteres möglich zu machen
teltarif.de
Runde 1 geht klar an Donald Trump: Sein Handelsembargo gegen
Huawei zeigt Wirkung: Google wird nach einer Übergangsfrist von
drei Monaten die Android-Unterstützung für
Huawei einstellen. Für neue Geräte gibt es
schon heute keine Zertifizierungen mehr, wodurch sich die Auslieferung
des jüngst vorgestellten
Honor 20 Pro auf unbestimmte
Zeit verschiebt. Auch das klappbare
Huawei Mate X und
der sonst im Herbst zu erwartende Nachfolger des aktuellen
Mate 20 Pro
werden möglicherweise länger auf sich warten lassen.
Nach Berichten von Preisvergleichsportalen wird inzwischen deutlich weniger auch nach den aktuell noch lieferbaren Huawei-Geräten wie dem Huawei P30 Pro gesucht. In Großbritannien soll der Einbruch besonders groß sein und dabei über 50 Prozent betragen. Auch auf teltarif.de hat sich die Zahl der Klicks auf Huawei-Smartphones im Vergleich zu den Spitzenwerten von Anfang Mai inzwischen mehr als halbiert. Zugleich ist seitdem die Zahl der Klicks auf die Konkurrenten deutlich gestiegen, allen voran Samsung.
Der tatsächliche Rückgang bei den Verkaufszahlen dürfte sogar noch höher ausfallen, denn es ist zu erwarten, dass viele bisherige Kaufinteressenten von Huawei die Spezifikationen ihrer bisherigen Favoriten nur dafür nochmal aufrufen, um diese für die Suche nach einem Vergleichsgerät heranziehen zu können. So hat sich der Anteil der Nutzer auf teltarif.de, die vom Datenblatt eines Huawei-Smartphones zu einem Samsung-Gerät weiterklicken, deutlich gesteigert.
Und selbst, wenn Kaufinteressenten nach einer Internet-Recherche noch Huawei treu bleiben: Händler, die wegen der unsicheren Update-Situation vom Huawei-Kauf abraten, dürften weiteren negativen Einfluss haben. In einem Rundschreiben an die eigenen Mitarbeiter rät die Deutsche Telekom beispielsweise: "Im Sinne des Investitionsschutzes sollte auf einen alternativen Anbieter ausgewichen werden". Das bekommen dann natürlich auch die Kunden im Telekom-Shop zu hören.
Eigenes Betriebssystem in der Schublade
Derzeit macht man es Huawei unmöglich, weiteres möglich zu machen
teltarif.de
Als hätte Huawei geahnt, dass es Probleme mit dem wichtigen Partner
Google geben wird, entwickelt Huawei bereits seit einiger Zeit an einem
eigenen Betriebssystem. Dieses
HongMeng OS genannte System soll
bereits 2018 die Einsatzreife erreicht
haben. Bis es auf die aktuelle Gerätegeneration portiert ist, wird es
aber noch etwas dauern. Anfang 2020 soll es so weit sein. Das neue
System könnte hierzulande dann "Arc OS" oder "Huawei OS" heißen.
Android-Apps sollen auf Arc OS sogar schneller laufen als unter Android - möglicherweise, weil sie statt in Java-Bytecode direkt in native Prozessorinstruktionen übersetzt werden. Zudem kann der Effizienzvorteil der nativen Apps nicht nur für eine höhere Ausführungsgeschwindigkeit, sondern (durch niedrigere Taktung der Prozessoren) zur Reduktion des Stromverbrauchs genutzt werden. So lässt sich die Akkulaufzeit weiter steigern.
Wenn das alles so klappt, wie von Huawei geplant, und es Huawei zugleich gelingt, die Kamera abermals zu verbessern, dann wird das Huawei P40 Pro bei seiner Vorstellung im nächsten Frühjahr das technologisch mit Abstand führende Smartphone sein. Es wird aber das große Manko haben, ohne die Apps von Google (Chrome Browser, Google Maps etc.) und Facebook (neben Facebook auch Instagramm und der WhatsApp-Messenger) auskommen zu müssen. Das dürfte die Geräte in vielen Länder, Deutschland eingeschlossen, leider nahezu unverkäuflich machen.
Eigene Prozessoren!?
Gravierender noch dürfte für Huawei werden, dass auch der Prozessor-Designer ARM die Zusammenarbeit mit Huawei aufgekündigt hat. Zwar stellt Huawei die Prozessoren für seine Smartphones bereits heute überwiegend selber her, greift dafür aber zumindest zum Teil auf Designs und Patente von ARM zurück. Diese zu ersetzen, dürfte viel schwieriger werden, als eine Android-Alternative zu implementieren.
Zu erwarten ist, dass Huawei trotz des Embargos zumindest auf dem Heimatmarkt weiterhin Smartphones verkaufen wird. Dort werden sich schnell Alternativen zu den Google- und Facebook-Apps finden. Damit sinken die Umsätze der USA in China, das Handelsdefizit verstärkt sich damit sogar noch. Im Gegenzug wird man China auf der politischen Bühne vorwerfen, westliche Patente zu brechen. Das stimmt zwar, doch lässt man Huawei eben keine andere Wahl. Denn bis ein WTO-Schiedsverfahren zum Handelsembargo entschieden ist, dürften Jahre vergehen.