Nokia: Netzwerkausrüster äußert sich zur Netzlast
Netzwerke sind im Moment stark gefragt. Für Laien sind die Netze wie Autobahnen, wo es Staus geben kann
Foto: Nokia Networks
Wie erwartet haben die Maßnahmen, um die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus zu verlangsamen, in kurzer Zeit zu einem massiven Anstieg der Internetnutzung geführt. Die Breitbandverbindung wird zur Lebensader. Sie wird gebraucht, um im Home Office zu arbeiten, um mit Freunden und Familien in Kontakt zu bleiben, und natürlich zur Unterhaltung.
Sind die Netze alle in Ordnung?
Netzwerke sind im Moment stark gefragt. Für Laien sind die Netze wie Autobahnen, wo es Staus geben kann
Foto: Nokia Networks
Die Netzbetreiber verkünden unisono, dass alles in bester Ordnung sei, sie seien gerüstet. Ist das immer und überall der Fall? Verschiedene Kunden sind skeptisch oder machen andere Erfahrungen.
Da meldet sich mit Nokia ein Netzwerkausrüster zu Wort, der verschiedene Netzbetreiber beliefert und somit eine etwas "neutralere" Sicht auf die Dinge hat: Dr. Craig Labovitz, Technik Chef von "Nokia Deepfield", fasst in einem Blogbeitrag einige Ergebnisse für Westeuropa aus einer ersten Analyse zusammen.
In den ersten Tagen nach Beginn der Lockdowns in Westeuropa zeigte allein WhatsApp einen Anstieg von teilweise über 200 Prozent, mit deutlichen Spitzen in den Morgenstunden am ersten Tag der Schulschließungen. Da mussten ja schließlich die Tagespläne neu abgestimmt werden.
Am ersten Sonntag nach dem Beginn der Lockdowns gab es sogar 500 Prozent mehr Datenverkehr. Und untertags trat ein vorher nie da gewesenes Wachstum bei Latenz-sensitiven Anwendungen ein: Eine Verdreifachung bei Videokonferenz-Anbietern wie Zoom oder Skype und eine Vervierfachung bei Gaming-Apps.
Beim Online-Entertainment zeigt allein die Zunahme des Netflix-Verkehrs schon am ersten Tag der Lockdowns, dass die Menschen früher am Tag mit dem Streaming beginnen (also morgens zum Frühstück und oder nach dem Essen am frühen Nachmittag).
Morgens Streaming zum Frühstück?
Während das abendliche Daten-Volumen in der üblichen Spanne von plus 20 Prozent blieb, betrug der Gesamtanstieg des Datenverkehrs von morgens einer Verdoppelung bis zu 27 bis 42 Prozent am frühen Nachmittag und trug damit erheblich zum gesamten Netzverkehr bei.
Die gute Nachricht ist, dass die Netze die erhöhte Nachfrage zu meistern scheinen. Dabei steigt sowohl die Nutzung der mobilen als auch der Festnetze, wobei für die Netzbetreiber die Festnetze in der nächsten Zeit voraussichtlich eine besonders wichtige Rolle spielen.
Dr. Craig Labovitz ist zuversichtlich: "Ein beruhigender Gedanke ist, dass wir technologisch gesehen sicher sind. Mit den neuesten technischen Fortschritten und Standards haben wir eine überall verfügbare, ausgeklügelte Konnektivität. Die aktuellen Netztechnologien sind dazu geeignet, sich den anstehenden Herausforderungen zu stellen. Perspektivisch benötigen wir jedoch neben dem weiteren Ausbau der 5G- und Glasfaser-Infrastruktur möglicherweise weitere Investitionen in die Netze, um diese besser und zukunftsfähiger zu machen."
Jeder Kunde erlebt sein Netz anders
Für den einzelnen Kunden mag das unter Umständen anders aussehen. In Mobilfunk-Netzen, die schon vor Corona ziemlich überlastet waren, wird die Überlast jetzt deutlicher spürbar. Wenn beispielsweise in einem Studentenwohnheim alle Studenten umfangreiche Aktivitäten entfalten, kann die naheliegende Basisstation schnell in die Knie gehen. Mit einer kurzfristigen Nachrüstung ist eher nicht zu rechnen, oft liegt es bei bestimmten Netzbetreibern an zu schwach dimensionierten Anbindungen, zum Beispiel zu den Sendestationen.
Die können per Kupferkabel (wenig Bandbreite), sehr teurer Glasfaser (hohe Bandbreite) oder auch per Richtfunk realisiert sein. Richtfunk reagiert empfindlich auf Wetter (z.B. Regen) oder Erschütterungen, wenn sich die Richtfunkantenne im Laufe der Zeit aus der idealen Linie "wegdreht" oder wenn ein Baukran oder ein neues Haus oder ein Baum in die Richtfunkstrecke (es muss optimale Sichtverbindung herrschen) hineinragt.
Es gibt aber auch ganz triviale Probleme: Wenn in der Straße noch ein Kupferkabel liegt, in das Wasser eingedrungen ist, kommt es irgendwann zu Feinschlüssen und damit zum Ausfall. Die Fehlerstelle muss ausgemessen und ausgegraben werden. Gemeinerweise verteilt sich das Wasser gerne an verschiedenen Stellen im Kabel, es müssen also mehrere Löcher aufgegraben werden. Da für die Grabung eine Baugenehmigung gebraucht wird, kann es zu weiteren Verzögerungen kommen.