Kratzfest

Hintergrund: Was bringt Saphirglas?

Saphir­glas ist weder Saphir, noch Glas, aber die Härte - das Mate­rial soll noch halt­barer sein als Gorilla Glass. Aller­dings ist es nicht einfach herzu­stellen und noch schwerer zu verar­beiten. Was bringt der Einsatz von Saphir­glas?
Von

Gegen­über dem bewährten Gorilla Glass soll Saphir­glas noch halt­barer sein. Aber stimmt das auch? Zunächst einmal ist eine Begriffs­klä­rung ange­bracht: Saphir­glas ist weder Saphir, wie man ihn beim Juwe­lier kaufen kann, noch Glas. Die korrekte Bezeich­nung für das Mate­rial ist eigent­lich "Korund", doch letz­terer Begriff dürfte vor allem Geologen bekannt sein.

Korund ist - bezogen auf seine außer­gewöhn­lichen Eigen­schaften - vergleichs­weise häufig. Kleine Korund-Kris­talle sind beispiels­weise übliche Beimen­gung in Granit und Marmor. Aber auch große Korund-Kris­talle finden sich in der Natur - die Wiki­pedia weiß von einem Exem­plar zu berichten, das ein Meter lang ist und nicht weniger als 150 kg wiegt.

Reiner Korund ist farblos, durch­sichtig und mit einer Mohs-Härte von 9 fast so hart wie Diamant, dem härtesten natür­lichen Mate­rial über­haupt (Mohs-Härte 10). Säuren können dem Korund nichts anheben, auch Laugen (außer konzen­trierter Natron­lauge) lösen den Edel­stein nicht auf. Natür­licher Korund ist selten rein. Enthält er zum Beispiel neben den Haupt­bestand­teilen Alumi­nium und Sauer­stoff noch Chrom, wird er je nach Chrom-Anteil rosa bis tiefrot. Ein unbearbeiteter Korund-Kristall Ein unbearbeiteter Korund-Kristall
Bild: imfotograf - Fotolia
Tiefrot ist er ein begehrter Schmuck­stein - nämlich Rubin. Beimen­gungen von Eisen und Titan färben den Korund hingegen blau. Auch den gibt es beim Juwe­lier zu kaufen - als Saphir. Im weiteren Sinne werden zudem alle weiteren Farb­varie­täten - zum Beispiel gelb, grün oder braun - des Korund als Saphire bezeichnet.

Wahr­schein­lich waren es Marke­ting-Experten, die das Wort "Saphir­glas" für dünne Scheiben aus glas­klarem, künst­lichen Korund formten. Vom Saphir unter­scheidet sich Saphir­glas also dadurch, dass letz­teres keine farb­gebenden Unrein­heiten enthält und künst­lich herge­stellt wurde. Saphir­glas ist aber kein Glas im eigent­lichen Sinne, denn es handelt sich bei Saphir, Korund und Rubin um Kris­talle, nicht um Gläser! Um die Verwir­rung komplett zu machen: Kris­tall­glas ist auch kein Kris­tall, sondern ein Glas, wenn auch hoch­wer­tiges.

Extrem hart

Einen so harten Kris­tall wie Saphir­glas alias Korund als Front"glas" für ein Smart­phone zu verwenden, bringt etliche Vorteile: Wenn man nicht gerade mit Diamanten daran ritzt, oder mit korund­hal­tigem Mate­rial (z.B. Granit­blö­cken) drauf einprü­gelt, sind keine Kratzer zu erwarten.

So gut wie alle anderen Mate­ria­lien sind weicher als Korund. Kleine Kratzer sind nicht nur unschön anzu­sehen. Unter Wasser­ein­fluss (Luft­feuchte, Schweiß) können sie auch bei geringen Belas­tungen weiter wachsen und so schließ­lich zum Brechen der Scheibe führen. Weniger Kratzer - weniger Bruch­gefahr: Das sind die Vorteile des hoch­festen kris­tal­linen Saphir­glas.

Dennoch zerbrech­lich

Gesplittertes Display: Genau das soll mit Saphirglas nicht  passieren Gesplittertes Display: Genau das soll mit Saphirglas nicht passieren
Bild: picture alliance/dpa | Daniel Karmann
Trotz der Härte ist Saphir­glas aber vergleichs­weise zerbrech­lich: Die maxi­male Zugbe­las­tung beträgt nämlich nicht einmal ein Zehntel der maxi­malen Druck­belas­tung. Trifft nun ein Schlag auf eine dünne Scheibe aus Saphir­glas, dann wird die Vorder­seite auf Druck belastet (kein Problem), die Rück­seite hingegen auf Zug. Wird an der Rück­seite die Belas­tungs­grenze über­schritten, reißt dort die Scheibe ein. An der Stelle des Risses wird die Scheibe noch dünner, die Kräfte steigen folg­lich noch weiter an, und der Riss arbeitet sich binnen Sekun­den­bruch­teilen von hinten nach vorne durch.

Normales Fens­ter­glas hat ein noch ungüns­tigeres Verhältnis von maxi­maler Zug- zu Druck­belas­tung, und split­tert bei Schlägen entspre­chend sehr viel leichter als Saphir­glas. Doch hat der Hersteller Corning bei der Entwick­lung und Weiter­ent­wick­lung von Gorilla Glass wahre Wunder voll­bracht und diesem im Vergleich zu herkömm­lichem Glas die viel­fache Festig­keit verliehen. Tatsäch­lich behauptet Corning, dass sein Gorilla Glass sogar bruch­fester sei als Saphir­glas!

Sind die noch seltenen Smar­thpones mit Saphir­glas im Vergleich zur massen­haften Gorilla-Glass-Konkur­renz also noch­mals deut­lich kratz­fester und weniger anfällig gegen krat­zer­bedingte, von vorne wach­sende "Lang­zeit­brüche", dafür aber stärker gefährdet für "Unfall­brüche", wenn das Display auf einen harten, spitzen Gegen­stand aufkommt? Von den bisher bekannten Eigen­schaften der verwen­deten Mate­ria­lien her ist dieses zu befürchten.

Es stellt sich aber die Frage, ob nicht ähnliche chemi­sche Tricks wie die, die Gorilla Glass härten, auch dem Saphir­glas die Split­ter­nei­gung austreiben können, und ob die Hersteller diese bereits anwenden. Dazu mehr auf der nächsten Seite.