Schirm aufgespannt

aptus: Kurzfristige Sanierung der yourfone-Shops

Im Schutzschirmverfahren sollen ehemalige yourfone-Shops umorganisiert und bei DEINHANDY integriert werden. Multi-Brand und Multi-Channel sollen den Erfolg bringen.
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Die ehemaligen yourfone-Shops gingen an den aptus-Verbund. Viele davon tauchen unter der Marke DEINHANDY wieder auf. Die ehemaligen yourfone-Shops gingen an den aptus-Verbund. Viele davon tauchen unter der Marke DEINHANDY wieder auf.
Grafik/Logos: DEINHANDY/yourfone, Montage: teltarif.de
Die aptus-Shop für Tele­kommuni­kation und Zubehör GmbH möchte die geplante Sanierung durch ein Schutz­schirm­ver­fahren "forcieren". Die Shopkette hatte bereits am 28.05.2018 einen Insolvenz­antrag in Form eines "Schutzs­chirm­ver­fahrens" gestellt. Das Insolvenz­gericht bestellte Rechts­anwalt Christian Otto von der international aktiven Kanzlei hww (hermann wienberg wilhelm) als Sanierer.

Ziel: Möglichst viele Arbeitsplätze erhalten

Die ehemaligen yourfone-Shops gingen an den aptus-Verbund. Viele davon tauchen unter der Marke DEINHANDY wieder auf. Die ehemaligen yourfone-Shops gingen an den aptus-Verbund. Viele davon tauchen unter der Marke DEINHANDY wieder auf.
Grafik/Logos: DEINHANDY/yourfone, Montage: teltarif.de
Ziel sei es, das Unternehmen zu sanieren und einen großen Teil der ursprünglich 277 Arbeits­plätze zu erhalten. Das Unter­nehmen hatte unter der Marke "yourfone" deutsch­land­weit mehr als 100 "Monobrand-Handystores" (Läden mit nur einer Marke, nämlich yourfone) betrieben.

„Ein überwiegender Teil der Shops war jedoch defizitär, unter anderem aufgrund zu hoher Mieten in den Innenstadtlagen“, bestätigt Simon Leopold von der Unter­nehmens­be­ratung ABG Consulting-Partner, der aptus als Sanierungsgeschäftsführer zusammen mit dem Rechtsanwalt Stefan Ettelt unterstützt, ein Spezialist für "insolvenzrechtliche Beratung in Eigenverwaltung". Das Schutzschirmverfahren kann innerhalb kurzer Zeit umgesetzt werden. „Das Management führt dabei das operative Geschäft weiter, der Sachwalter unterstützt und überwacht das Verfahren“, so Ettelt.

Verluste aufgrund zu langer Anlaufphase des Geschäftsmodells

Zuletzt gehörten die rund 100 Läden zur Drillisch Online AG. Zum 01.01.2018 waren diese vom aptus-Verbund übernommen worden. Schon damals hingen einige Shops gewaltig "schief". Schnelle Lösungen waren nicht möglich: Aufgrund langfristiger Mietverträge konnten diese Läden nicht so einfach geschlossen werden. „Im Zuge des Eigentümerwechsels wollte aptus weg von Monobrand (nur yourfone) zu Multibrand (alle Netze und Anbieter und mehr Lieferanten). Dafür hatte man schon eine lange Anlaufzeit einkalkuliert, aber die reichte bei weitem nicht aus. Nun durchläuft aptus ein "förmliches Sanierungsverfahren".

Vorbereitung des Neuanfangs

Neben dem Wechsel zu Multibrand-Angeboten sollen die Vertriebswege auf Multi-Channel erweitert werden. Multi-Channel bedeutet: Man kann im Internet bestellen und im Laden anschauen und bei Nichtgefallen zurückgeben oder im Laden abholen und dort gleich bezahlen. Oder man kann auch im Laden bestellen und sich nach Hause liefern lassen (und im Laden zurückgeben oder per Paketpost zurückschicken) oder man bestellt im Internet direkt nach Hause, wie es viele schon kennen. Viele Marken (Multibrand) und viele Wege zum Kunden (Multichannel) könnten die ehemaligen yourfone-Shops der Aptus unter dem Namen DEINHANDY. aus den roten Zahlen bringen. Viele Marken (Multibrand) und viele Wege zum Kunden (Multichannel) könnten die ehemaligen yourfone-Shops der Aptus unter dem Namen DEINHANDY. aus den roten Zahlen bringen.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

Kooperation mit DEINHANDY

Aptus hat dazu eine Kooperation mit DEINHANDY abgeschlossen. Die waren bisher nur als reiner Online-Anbieter aktiv und hatten gar keine stationäre Shops. Ein Teil der ehemaligen yourfone-Läden wird nun nach und nach auf das neue Design sowie das Produktportfolio von DEINHANDY angepasst. „Der Markt ist hart umkämpft. Der gemeinsame Ansatz hat Vorteile für alle Seiten. Wir hoffen, dass so eine nachhaltige Sanierung für das Unternehmen und seine Mitarbeiter realisiert werden kann“, zeigt sich Leopold optimistisch und kann berichten, dass "wesentliche Beteiligte, wie Betriebsrat, Geschäftspartner und Gläubiger" das Konzept unterstützen und gute Chancen sehen.

Eine Einschätzung

Es gibt Kunden, für die zählt nur der allerniedrigste Preis. Die kennen sich aus (oder glauben, sich auszukennen) und können jeden Berater im Laden bei Bedarf komplett "schulen". Die bestellen online, am besten "Lieferung am selben Tag". Sie gehen höchsten aus Spaß in einen Laden, um sich ein Produkt kurz in real anzuschauen, würden dort aber nie etwas kaufen. Aber Ladenmiete, Strom und Personal des Händlers kosten trotzdem Geld.

Es gibt Kunden, die hätten schon gerne eine Beratung, sind aber zugleich ängstlich, ob der Verkäufer ihnen nicht ein Produkt "empfiehlt", das ihm am meisten Gewinn (Marge) verspricht, aber vielleicht gar nicht das ist, was der Kunde wirklich brauchen würde.

Das Multi-Channel-Konzept ist für viele Kunden noch ungewohnt (wird aber von Apple, Mobilcom-Debitel oder Gravis seit einiger Zeit umgesetzt), hat aber Charme. Der Kunde sieht etwas im Internet und kann es in den Laden bestellen. Dort kann er es ausprobieren, sich einrichten lassen und hat die Option, den Kauf abzubrechen, falls das Produkt doch nicht seinen Vorstellungen entspricht. Im Laden kauft der Kunde vielleicht noch was dazu, eine Powerbank, eine Handytasche oder ein Ladekabel oder vielleicht noch was ganz anderes. Und wenn er gut behandelt wurde, kommt er vielleicht später wieder oder empfiehlt den Laden im Bekanntenkreis weiter. Produkte, die im Laden nicht vorrätig sind, können bestellt werden, das kann - vernünftig gestaltet - manchen Kunden überzeugen.

Auf der anderen Seite stehen die Lieferanten und Gläubiger, die ihre "Außenstände" wie Warenrechnungen, Mieten, Stromkosten wiedersehen möchten, die Mitarbeiter, die am Monatsende auf ihr Gehalt warten. Und die Investoren erwarten Rendite, sprich es muss unterm Strich was hängen bleiben.

Nur mit viel Geduld aller Beteiligten ist eine Lösung möglich. Mit Hau-Ruck geht nichts, denn der Kunde ist heute viel zu gut informiert und reagiert extrem gereizt, wenn er sich "übervorteilt" fühlt und ist dann für immer weg. Gerade in der Startphase eines neuen Unternehmens einer neuen Marke sind die Pionierkunden, die es "nur mal ausprobieren" extrem wichtig.

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