Betriebssysteme

Editorial: Google im Kreuzfeuer

Mit Huawei und Samsung wenden sich zwei große Partner zumin­dest teil­weise von Google ab. Wie reagiert der erfolgs­verwöhnte Konzern?
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Google Google-Mutter Alphabet: Werden die Geschäfte etwas schwieriger?
dpa
Es war keine einfache Woche für Google: Erst holte Samsung bei der Vorstel­lung seines neuen Smart­phones Galaxy Note 10+ den Micro­soft-CEO Satya Nadella auf die Bühne, dann stellte Huawei seine Android-Alter­native Harmony OS offi­ziell vor. Beson­ders harmo­nisch dürfte keines von beiden in Moun­tain View gewirkt haben. Sind Samsung und Huawei doch die beiden wich­tigsten Partner, die auf ihren Smart­phones millio­nenfach das Android-Betriebs­system aufspielen.

Samsung Galaxy Book S

Huawei würde sogar gerne Partner von Google bleiben, darf das aber derzeit nicht, weil die ameri­kani­sche Politik China als neuen Feind ausge­macht hat, der nicht mit ameri­kani­scher Tech­nologie unter­stützt werden darf. Was dann zur Folge hat, dass Huawei sich die Teile der Soft­ware-Tech­nologie, die eh Open Source sind, also Linux-Betriebs­system­kern, Browser-Engine und weitere große Teile von Android, kurzer­hand nimmt, und zu einer eigenen Lösung fertig strickt. Kurz­fristig kostet das den Tech­nolo­giekon­zern sicher einiges an Geld. Mittel­fristig wird er aber so noch unab­hängiger und stärker.

Schlimmer noch, bei Google sieht man sicher die Gefahr, dass auch andere chine­sische Smart­phone-Hersteller wie Oppo, Vivo, Xiaomi und OnePlus künftig Harmony OS statt Android vorin­stal­lieren. Wäre das der Fall, dürfte der über­wiegende Teil des asia­tischen Marktes, aber auch große Teile von Afrika und Südame­rika für Google verloren gehen. Zwar haben Oppo und Co. sicher keine Lust, via Harmony OS vom natio­nalen Rivalen Huawei abhängig zu werden. Die derzeitig von den USA geführte harte Handels­politik mit scharfen Maßnahmen gegen China zwingt die Unter­nehmen aber, auf den Fall vorbe­reitet zu sein, dass auch sie kein Android mehr impor­tieren dürfen.

Micro­soft für ARM-Laptops

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dpa
Anders die Lage bei Samsung: Südkorea unter­hält aller­beste diplo­mati­sche Bezie­hungen zu den USA, es gibt regel­mäßige gemein­same Mili­tärma­növer, die die Zusam­menar­beit auf allen Ebenen unter­strei­chen. Einzig der US-Präsi­dent schießt etwas quer, indem er Nord­koreas Führer zu seinem Freund erklärt hat, mit dem er sich regel­mäßig trifft - selbst, wenn diese Treffen manchmal ob unter­schied­licher Ansichten doch etwas abrupt enden. Zu hoffen ist zwar, dass sich Kim und Donald bei einem der künf­tigen Treffen einig werden und so endlich nach über einem halben Jahr­hundert der Korea-Konflikt gelöst wird. Aber selbst, wenn das passiert, würden sich daraus sicher keine Handels­beschrän­kungen zwischen Google und Samsung ergeben. Und falls Samsung doch das Pech haben sollte, auf einer US-Sank­tions­liste zu landen, dann würden die Beschrän­kungen nicht nur für Google, sondern auch für Micro­soft als Partner gelten.

Warum also die Nähe zwischen Samsung und Micro­soft? Nun, es könnte sein, dass Micro­soft einiges an Geld in die Hand genommen hat, um Samsung bei der Entwick­lung des neuen Galaxy Book S zu unter­stützen, einem beson­ders leichten und spar­samen Laptop auf ARM-Basis. Doch warum fördert Micro­soft dieses Gerät so sehr, dass es dieses sogar über den eigenen Store verkaufen wird?

Nun, Micro­softs Versuche, mit Windows Mobile im Mobil­markt Fuß zu fassen, sind bekann­termaßen vor einigen Jahren kläg­lich geschei­tert. Zwar verläuft das Geschäft mit Desktop-PCs und Laptop nach Stück­zahlen insge­samt stabil. Zugleich wächst aber der Smart­phone-Bestand immer noch rasant, sodass Micro­softs Anteil am gesamten Markt mit IT-Geräten insge­samt rück­läufig ist. Auch auf Smart-Home-Geräten ist so gut wie nie ein Micro­soft-Betriebs­system vorin­stal­liert. Da ist es verständ­lich, dass Micro­soft alles erdenk­liche unter­nimmt, um die Unter­grenze, ab der das eigene Betriebs­system (und nicht iOS und Android) zum Einsatz kommen, immer weiter zu senken.

Immer bereit

Das Galaxy Book S ist der span­nende Versuch, die beson­ders effi­ziente ARM-Tech­nologie für einen Laptop nutzbar zu machen. Das Book S ist anders als die meisten Laptops "always on", auch im zuge­klappten Zustand wird es nicht in einen Suspend-Modus versetzt, sondern das Betriebs­system läuft, wenn auch mit gedros­selter Leis­tung, weiter. Dadurch soll das Book S das vom Smart­phone bekannte Verhalten errei­chen, dass alle Apps stets mit allen aktu­ellen Daten gefüt­tert sind, und nicht erst nach dem Einschalten synchro­nisiert werden müssen. Dank immer leis­tungs­fähiger ARM-Prozes­soren soll man zudem beim tägli­chen Arbeiten kaum Einbußen gegen­über dem Laptop haben.

Trotz langer Lauf­zeiten und Always-On-Funk­tion ist das Galaxy Book S zugleich leichter und dünner als die führenden Subnote­books auf Intel-Basis. Ein solches Gerät mit Windows - und nicht Android oder gar Chrome OS - dürfte Micro­soft ein sehr wich­tiges Anliegen gewesen sein. Samsung hat Micro­softs Wünsche nun erhört.

Im Sinne der Verbrau­cher wäre nun, wenn Google die Zeichen der Zeit eben­falls erkennt und die Tablet-Fähig­keiten von Android und/oder Chrome OS weiter verbes­sert, damit diese endlich der mobilen Smart­phone-Welt erwachsen und zur voll­wertigen Betriebs­system-Alter­native auf dem Desktop werden. Dann hätten Verbrau­cher in diesem Bereich seit langem mal wieder eine echte Wahl.

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