Breitbandausbau: Highspeed dank kleiner Netzbetreiber
Die 500 000 Kilometer Glasfaser der Telekom erstrecken sich meist nur bis zum Verteilerkasten auf der Straße. Ab da geht’s weiter über das althergebrachte Kupferkabel. Aus dem quetscht die Telekom mit Super-Vectoring das letzte Megabit heraus, wobei die Bonner nicht um das alte DSL-Dilemma herumkommen: Je länger die Leitung zwischen Verteilkasten und Hausanschluss ist, desto weniger Bandbreite kommt beim Nutzer an.
Dieses Problem kennt der Glasfaserausbau bis in die Häuser (Fiber to the home, FTTH) nicht. Das bekannteste Unternehmen, das mit FTTH ausbaut, ist die Deutsche Glasfaser, deren Geschäftsführer Uwe Nickl von Vodafone-Deutschland-CEO Hannes Ametsreiter als ungekrönter Glasfaserkönig bezeichnet wurde. Eines von Nickls Prestigeobjekten ist die Veltins-Arena des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Die Deutsche Glasfaser stellte das Netz für den Club nun fertig und versorgt die Räume des Stadions sowie die Vereinsgebäude auf dem Berger Feld mit symmetrischen 20 GBit/s.
Kooperation statt Konfrontation
Die Deutsche Glasfaser sorgt für Gigabit-Speed in der Veltins-Arena auf Schalke
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Die Deutsche Glasfaser weiß jedoch auch um die Stärken regionaler Netzbetreiber. In der Wedemark kooperiert das Unternehmen mit htp. Während die Deutsche Glasfaser das FTTH-Netz baut, in der ersten Ausbaustufe sollen 12000 Haushalte angeschlossen werden, wird htp das Netz mieten und betreiben. „Diese Art der Kooperation ist in anderen europäischen Ländern bereits gang und gäbe“, erklärt Nickl. „Mit der htp in der Wedemark wollen wir nun auch in Deutschland dieses Modell salonfähig machen.“
„Von allen Parteien wurde schnell erkannt, dass wir hier das Beste für uns alle herausholen, wenn wir auf Kooperation statt Konfrontation setzen“, freut sich Helge Zychlinski, Bürgermeister der Wedemark. Zudem hat sich das regionale Telekommunikationsunternehmen htp dazu verpflichtet, das FTTH-Netz im Sinne des „Open Access“ für andere Anbieter zu öffnen. Mit der Vermarktung der Glasfaseranschlüsse will htp im dritten Quartal 2019 starten. Der Baubeginn des Netzes soll im kommenden Jahr starten.
Highspeed für Sachsen-Anhalt
Westlich der Wedemark, in Sachsen-Anhalt, liegt die Altmark. Hier baut Avacon Connect aus. Geschäftsführer Detlef Gieselmann und Mandy Zepig, Bürgermeisterin in Gardelegen, unterzeichneten einen Vertrag für den Aufbau eines FTTH-Netzes, das den rund 10000 Einwohner der Kernstadt von Gardelegen Highspeed Internet bringt. Dafür verlegt Avacon Connect 350 Kilometer Glasfaserkabel. In Klötze, ebenfalls in der Altmark gelegen, will der Netzbetreiber 36 Kilometer Glasfaserkabel für das angedachte FTTH-Netz verlegen.
Insgesamt investiert Avacon Connect in Klötze 6,6 Millionen Euro. Während in Gardelegen die Vorvermarktung läuft, haben die Einwohner Klötzes bereits grünes Licht gegeben. Hier erreichte Avacon Connect die Anschlussquote von 40 Prozent, sodass die nächste Planungsphase nach den Sommerferien anlaufen wird.
Und auch die Börde in Sachsen-Anhalt wird mit Glasfaser ausgebaut. Das „Giganetz“ der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Breitband im Landkreis Börde zählt zu den größten in Sachsen-Anhalt. Netzbetreiber DNS:NET aus Berlin verlegt die Glasfaser bis ans Gebäude (Fiber to the building, FTTB). Derzeit errichtet DNS:NET in Barleben einen neuen Technikstandort, der für 80000 Anschlüsse ausgelegt ist. Damit könnte der gesamte Landkreis versorgt werden.
In ländlichen Regionen sind es meistens regionale Telekommunikationsunternehmen, die Netze mit Glasfaser ausbauen
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Bislang sind Ausbaupläne für über 50 Orte und Siedlungen freigegeben. Im April startete in Oschersleben die nächste Ausbauphase für weitere tausend Haushalte. Hier sollen auch acht Schulen, ein Krankenhaus sowie ein Gewerbegebiet angeschlossen werden.
Rietberg macht Tempo
Auch die Einwohner im nordrhein-westfälischen Mastholte, ein Ortsteil Rietbergs, haben allen Grund zur Freude. „Nachdem die Realisierung des Glasfaserprojekts lange Zeit auf sich warten gelassen hatte, bin ich nun umso glücklicher, die Fertigstellung des ersten Netzabschnitts in Mastholte-Süd verkünden zu können“, sagt Rietbergs Bürgermeister Andreas Sunder. Für den Netzbetreiber HeLi NET verlegte der Infrastrukturerrichter Eltel 48 Kilometer Glasfaserkabel und stellte fast 150 Hausanschlüsse fertig. „Dank unseres Partners Eltel bin ich zuversichtlich, dass das Netz hier in Mastholte noch im dritten Quartal dieses Jahres fertiggestellt werden wird“, erklärt HeLi-NET-Geschäftsführer Arnim Köhn.
Bis zum Herbst 2020 soll dann auch das Netz in Rietberg fertig sein. „Die HeLi NET investiert in Mastholte-Süd, Mastholte und Rietberg rund zwölf Millionen Euro“, erklärt Köhn. Und die Investitionen gehen weiter, denn HeLi NET wird demnächst auch im Ortsteil Neuenkirchen Glasfaser verlegen, obwohl in der Vorvermarktung nur 34 Prozent der Haushalte einen Anschluss buchten. Der Netzbetreiber kann aber nicht ausschließen, dass Gebiete mit einer geringen Nachfrage ausgespart werden, damit der Ausbau wirtschaftlich bleibt. Immerhin haben die Neuenkirchener während der Planung noch die Chance, einen Vertrag mit HeLi NET abzuschließen.
Ausbau in den Städten
Regionale Telekommunikationsunternehmen sind aber nicht nur in ländlichen Regionen aktiv. In Heidelberg wird Pepcom ein Glasfasernetz betreiben, das die Stadt errichtet. Das zum Kabelnetzbetreiber Tele Columbus gehörende Unternehmen wird den Heidelbergern Internetanschlüsse mit bis zu 1 GBit/s unter der Marke PŸUR anbieten. Der Netzbau durch die Stadt beginnt im Herbst 2019 in Schlierbach und Ziegelhausen und soll etwa ein Jahr in Anspruch nehmen. In einer zweiten Bauphase werden weitere Gebiete im übrigen Stadtgebiet erschlossen, hier ist die Inbetriebnahme des Netzes bis Jahresende 2020 geplant.
Im Rhein-Main-Gebiet ist auch Vodafone aktiv. Als Kabelnetzbetreiber sind die Düsseldorfer aber eher in den Städten unterwegs, wo sie ihr Kabelnetz mit Docsis-3.1-Technik aufrüsten, um ihren Kunden Internetanschlüsse bis zu 1 GBit/s anbieten zu können. Davon profitieren nun 80000 Haushalte in Kaiserslautern und 70000 weitere in Koblenz. Darüber hinaus sorgt Vodafone auch bei über 100 000 Haushalten in Würzburg für Highspeed Internet.
Was es mit "VDSL Super Vectoring für 22,5 Millionen Anschlüsse" auf sich hat, lesen Sie in einer weiteren Meldung.