VATM: 15,2 Mio. Gigabit-fähige Anschlüsse in Deutschland
Das VATM-Präsidium (v.l.): Uwe Nickl (Deutsche Glasfaser), Martin Witt (vatm Präsident, 1&1), Dr. Christoph Clement (Vodafone), Jürgen Grützner (vatm Geschäftsführer)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Erstmalig im Sommer und erstmalig Zahlen zu rein Gigabit-fähigen Anschlüssen, das ist neu beim VATM, dem Verband der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und Mehrwertdiensten, der diese Zahlen auf der Leitmesse für Breitband-Netze und Inhalte der Anga Com in Köln gestern vorstellte.
Erste reine Gigabit-Studie
Das VATM-Präsidium (v.l.): Uwe Nickl (Deutsche Glasfaser), Martin Witt (vatm Präsident, 1&1), Dr. Christoph Clement (Vodafone), Jürgen Grützner (vatm Geschäftsführer)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die erste Gigabit-Studie wurde zusammen mit Dialog Consult
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und Prof. Gerpott erstellt und zählt nur Anschlüsse, die mindestens "bis zu einem GBit/s erlauben“. Genauer: Gezählt wurden nur echte Glasfaseranschlüsse bis ins Haus - also FTTH oder FTTB oder Kabel-TV-Anschlüsse (HFC) nach DOCSIS-3.1-Protokoll. Nicht berücksichtigt wurden Kupfer-Anschlüsse, auch nicht mit Vectoring oder auf LTE-Mobilfunkbasis.
15,2 Millionen Anschlüsse
Die Zahl der Gigabit-fähigen Anschlüsse in Deutschland steigt.
Grafik: Dialog Consult / VATM
Aus den Vorgaben zur Datenerhebung wurde die Zahl 15,2 Millionen ermittelt. Das sind reine Gigabit-fähige Anschlüsse, die es bis Ende Juni in Deutschland geben wird (Die letzten Tage des Monats wurden hochgerechnet).
„Die Zahlen sind gut, die Wettbewerber (der Deutschen Telekom) bauen immer schneller“, freut sich der VATM. „Aber ohne eine konsequentere Politik, den Einsatz neuer Technologien, Bürokratieabbau und Regulierung und ohne dass die Telekom endlich der Glasfaser den Vorrang vor Kupfer einräumt, werden wir die Ziele der Bundesregierung nicht mehr erreichen können“, stellt VATM-Präsident Martin Witt mit aller Deutlichkeit fest.
Gigabit-fähige Anschlüsse von Telekom und den Wettbewerbern
Grafik: Dialog-Consult / VATM
„Wir haben mit 15 Millionen Gigabit-tauglichen Anschlüssen – also Kabelanschlüssen und Glasfaser bis zum Haus/Endkunden – bei hohen Zuwachsraten ein sehr gutes Ergebnis erreicht“, betont Witt. 94,7 Prozent der Gigabit-fähigen Anschlüsse stammten von den Wettbewerbern der Telekom. Allein vier Millionen HFC-Anschlüsse wurden seit Ende 2018 mit DOCIS 3.1 auf Gigabitfähigkeit aufgerüstet.
Gigabitfähige Kabel-TV-Anschlüsse (in Deutschland überwiegend von Vodafone-Kabel-Deutschland und Unitymedia)
Grafik: Dialog-Consult / VATM
Die Zahl aller FTTB/H-Anschlüsse (also ohne Kabel-TV) ist in Deutschland um 10 Prozent auf rund 4,04 Millionen gestiegen. Davon hätten die Wettbewerber 80 Prozent der FTTB/H-Anschlüsse (3,24 Millionen) in Deutschland gebaut. „Mit dem smarten Mix von Gigabit-Technologien, leistete das Kabelnetz seinen deutlich sichtbaren Beitrag, auch auf dem Land. Dort seien pro Einwohner im letzten halben Jahr sogar mehr Gigabit-Anschlüsse als in Städten und Ballungsgebieten geschaffen worden, betonte Dr. Christoph Clément, VATM-Präsidiumsmitglied und Mitglied der Geschäftsleitung bei Vodafone Deutschland. Vodafone ist sehr dran interessiert, die beantragte Fusion des Kabel-TV-Anbieters Unitymedia genehmigt zu bekommen, da sich die Kabel-TV-Netze relativ schnell und einfach auf höchste Geschwindigkeiten aufrüsten lassen. Auch Neubau von Kabelstrecken sei geplant, wo es bisher kein TV-Kabel gab, beispielsweise in Lücken, die Zeiten der damaligen Bundespost nicht geschlossen wurden.
Glasfaseranschlüsse. Take-Up-Rate: Anteil der Kunden, welche die schnelleren Geschwindigkeiten tatsächlich buchen.
Grafik: Dialog-Consult / VATM
Etwa 20 Prozent aller mit Glasfaser anschließbaren Haushalte "gehören" der Telekom.
Grafik: Dialog-Consult / VATM
Handlungsbedarf auf dem Land
Deutlich zeigt der TÜV-Rheinland auf: Je schneller das Internet, desto geringer der ländliche Anteil.
Grafik: TÜV Rheinland / VATM
„Gerade auf dem Land besteht – was der Politik seit einem Jahrzehnt bekannt ist – der größte Handlungsbedarf“, unterstreicht VATM-Präsident Witt. In der Stadt standen bis Mitte 2018 für 83,2 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit mehr als
100 MBit/s Bandbreite zur Verfügung, in halbstädtischen Gebieten 53,6 Prozent und in ländlichen 19,4 Prozent, wie der TÜV Rheinland ermittelt hat.
Der VATM möchte die Sonderrechte der Telekom für die Nutzung von Vectoring gegenüber der echten Glasfaser (FTTB/H) und die Senkung der aktuell noch höher regulierten Preise für die Vermietung der alten Kupferanschlüsse“.
Seit Jahren fordern VATM und Handwerkskammern (DIHK) eine Aus- und Fortbildungsinitiative für Berufe rund um den Glasfaserausbau. „Schnellere Verlegetechniken werden manchmal bürokratisch im wahrsten Sinne des Wortes ausgebremst. Zudem muss die Bearbeitung der Anträge für Baumaßnahmen besser koordiniert und beschleunigt werden“, kritisiert Uwe Nickl, VATM-Präsidiumsmitglied und Chef der „Deutsche Glasfaser“, die gerade ihren 500.000sten FTTH-Anschluss gebaut hat. Die deutsche Glasfaser konzentriert sich dabei auf ländliche Regionen, wo die Deutsche Telekom „nichts tut“ und baut ungefördert in „eigenwirtschaftlicher Regie“ aus. Die Wettbewerber der Telekom bauten schneller als die Nachfrage steigt, damit die Glasfaser- und Mobilfunk-Netze stehen, wenn die Nachfrage ansteigt, weil die Masse der Unternehmen und Bürger Gigabit-Netze braucht“, so Witt.
Auf dem Wunschzettel des VATM steht der Abbau der Bürokratien, um den eigenwirtschaftlichen Ausbau ankurbeln, eine optimierte Förderung und die Freigabe neuer Verlegetechnologien wie Trenching. Gutscheine („Voucher“) für Bürger, die sich für Glasfaser interessieren, sollen die Baukosten für den Hausanschluss „finanzieren“. Und natürlich darf das Zauberwort „Open Access“ nicht fehlen, was besagt, wenn jemand schon Glasfaser gebaut hat, sollen „andere“ nicht parallel dazu bauen dürfen, sondern die bereits gebaute Leitung mieten dürfen. In der Praxis ist das nicht so einfach, da es regelmäßig zu „Diskussionen“ darüber kommt, was dieser Zugang kosten soll.
Abschaltung der Kupferleitungen?
Erstmalig greift der VATM ein Tabu auf: Man solle über die Abschaltung alter Kupfernetze nachdenken, wenn dadurch die Nutzung und Rentabilität des besten Netzes so gesteigert werden kann, dass staatliche Förderung in Milliardenhöhe überflüssig sein könnte.“
Für den VATM-Präsidenten steht fest: „Wenn wir für Deutschland das Beste erreichen wollen, müssen wir auf Wettbewerb und deutlich bessere Rahmenbedingungen setzen.“ Der VATM will bei der Bundesregierung erreichen, „dass endlich gehandelt und nicht nur Geld versprochen wird.“