Hoffen auf Wachstum: 1&1-Drillisch stellt Zahlen vor
Die 1&1-Drillisch AG legte ihre Zahlen vor.
Foto: Picture Alliance / dpa
Der Name Drillisch ist vielen Lesern inzwischen für günstige Angebote unter (gefühlt) "zigtausend" Markennamen ein Begriff. Über das Unternehmen ist aber in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Dass Drillisch jetzt zur 1&1 gehört, wissen Branchenkenner und gut informierte Leser längst. Etwas mehr Informationen gibt bei der Vorlage Geschäftszahlen zum Quartal oder auf der Aktionärshauptversammlung.
Erfolgreicher Jahresauftakt?
Die 1&1-Drillisch AG legte ihre Zahlen vor.
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Heute hat die "1&1 Drillisch AG" so der offizielle Name, einen "erfolgreichen Jahresauftakt" bekannt gegeben, die Zahl der Kundenverträge sei um 180 000 auf 13,72 Millionen angewachsen, wobei hier Mobilfunk und Festnetzverträge zusammen gezählt wurden. Der Service-Umsatz sei um 3,5 Prozent auf 730,4 Millionen Euro gestiegen, das sei ein "adjustierter" Anstieg von 4,8 Prozent. Teilen wir die 730,4 Millionen durch 13,72 Millionen kommen wir auf 53,23 Euro im Jahr oder 4,43 Euro pro Kunde und Monat. Viel ist das nicht.
Das Ergebnis nach Abschreibungen und Steuern (EBITDA) stieg um 1,8 Prozent auf 168,5 Millionen Euro, ein "adjustierter" Anstieg von 9,7 Prozent. Die Prognose für Prognose 2019 sei bestätigt worden.
9,37 Millionen Mobilfunk Kunden
Mobile Kunden der 1&1-Drillisch telefonieren in den Netzen von Vodafone (ohne LTE) und Telefónica o2 (mit LTE). Im Festnetz verfügt die 1&1 seit einiger Zeit punktuell über eigene Leitungen (z.B. über 1&1 Versatel), mietet aber auch Leitungen für seine Kunden zu, beispielsweise von der Deutschen Telekom.
Beim "mobilen Internet-Geschäft" konnten 170 000 Kundenverträge dazugewonnen und die Vertragszahl auf 9,3 Millionen Kunden erhöht werden. Bei den Breitband-Anschlüssen (im Festnetz) waren es 10 000 Verträge mehr, macht jetzt 4,35 Millionen Kunden.
Der Gesamtumsatz des Unternehmens ist im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum ersten Quartal 2018 von 904,3 Millionen Euro um 0,9 Prozent auf 912,1 Millionen Euro gestiegen. Die "margenstarken" Service-Umsätze erhöhten sich dabei planmäßig um 3,5 Prozent auf 730,4 Millionen Euro. "Diese Erlöse sind der Fokus von 1&1 Drillisch", erklärte das Unternehmen, "da sie nachhaltig sind und das Ergebnis bestimmen" oder auf gut deutsch: "Damit verdienen wir am meisten".
Wenig Marge bei Handy-Hardware
Margenschwache "sonstige Umsatzerlöse" kommen aus dem Verkauf von Hardware (die insbesondere bei Koppelverträgen von Handy und SIM-Karte von den Kunden über die vertragliche Mindestlaufzeit in Form von höheren Paketpreisen zurückbezahlt werden). Sie haben sich interessanterweise um 16,9 Millionen Euro auf 181,7 Millionen reduziert. Die Hardware-Umsätze lagen damit unter den Erwartungen der Gesellschaft, jedoch ist dieses Geschäft saisonal schwankend und von der Attraktivität neuer Geräte und den Modellzyklen der Hardware-Hersteller abhängig. Von daher kann sich dieser Effekt in den kommenden Quartalen wieder umkehren.
Selbst wenn das nicht der Fall wäre, hätte es keine nennenswerten Auswirkungen auf die EBITDA-Entwicklung, findet Drillisch.
Licht und Schatten
Schaut man genauer hin, dann hat 1&1-Drillisch die "zähe" Frequenz-Auktion und seine Abschreibungen zu spüren bekommen. Bei Umsatz und Ergebnis enttäuschte das MDax-Unternehmen die Analysten mit seinen Zahlen. Konzernchef Ralph Dommermuth sieht sich trotzdem auf gutem Kurs in Richtung Jahresprognose.
Weil derzeit stockende Preisverhandlungen für die Netzmiete erst nach der laufenden Auktion von Mobilfunklizenzen weitergehen können, werden erwartete Kostensenkungen erst in einigen Monaten - nach Ende des Bieterkampfes - wirksam werden. Die Börse ist da humorlos: Die Aktien der 1&1-Drillisch AG rutschten auf ein Mehrjahrestief.
Seit Monaten geht Dommermuth fest von rückwirkenden Preisnachlässen durch eine Neuverhandlung der Netzmiete aus. Doch solange in Mainz die Frequenzen erkämpft werden, dürfen die Teilnehmer keine geschäftlichen Verhandlungen miteinander führen, daher ruht das schiedsgutachterliche Verfahren in diesem Fall.
Mehrkosten von 17,5 Millionen
Das hängende Verfahren habe Mehrkosten in Höhe von rund 17,5 Millionen Euro entstehen lassen. Die Konzernmutter United Internet betreibt bisher in ihrer für Privatkunden zuständigen Telekommunikationssparte 1&1-Drillisch kein eigenes Netz, sondern mietet Kapazitäten vor allem bei der o2-Mutter Telefónica Deutschland und teilweise auch bei Vodafone (D2). Derzeit lockt das Unternehmen neue Mobilfunkkunden mit Rabatten verstärkt in Tarife im o2-Netz, weil die Einkaufskonditionen hier profitabler sind. Bei o2 kann 1&1 LTE anbieten, bei Vodafone geht das bislang nicht.
Umsatz gestiegen
Der Umsatz von United Internet stieg im ersten Quartal um 1,2 Prozent auf 1,29 Milliarden Euro. Der Konzern nahm deutlich weniger aus dem Verkauf von Handys (Smartphones) und aus Onlinewerbeflächen ein. Die Zahl der Vertragskunden in Mobilfunk und DSL konnte 1&1 Drillisch hingegen im Quartal um 180 000 steigern. Das Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen kletterte bei United Internet allein wegen positiver Bilanzierungseffekte um 7,7 Prozent auf 299,7 Millionen Euro.
Analysten hatten mehr erwartet
Bei Umsatz und Ergebnis hatten Analysten mehr erwartet. Die United-Internet-Aktie sank nach dem Mittagshandel um neun Prozent auf 30,65 Euro. Das Papier der ebenfalls börsennotierten Tochter 1&1-Drillisch AG fiel mit einem zwischenzeitlichen Abschlag von neun Prozent auf unter 28 Euro auf den tiefsten Stand seit Ende 2014. Diese Aktien leiden seit einiger Zeit unter den Unsicherheiten der Frequenzauktion. Zu Jahresbeginn kostete die Drillisch-Aktie noch 70 Euro, die von United-Internet noch 60 Euro.
Für United Internet ist der zähe Frequenz-Bieterkampf nicht nur eine Frage des Geldes für Frequenzen: Der Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes würde das Geschäftsmodell völlig auf den Kopf stellen. Dommermuth glaubt, mit weiter wachsenden Kundenzahlen ein eigenes Netz profitabel betreiben und die eigenen Geschäfte deutlich ausbauen zu können.
Zuerst müssen die Aktionäre dran glauben: Sowohl United Internet als auch 1&1-Drillisch werden nur eine Mini-Dividende von 5 Cent je Aktie zahlen, falls das Unternehmen am 20. Mai noch im Rennen um die Frequenzen sein sollte. Ralph Dommermuth ist mit 40 Prozent der größte Aktionär von United Internet. An 1&1-Drillisch hält der Mutterkonzern knapp drei Viertel der Anteile.
Der auf die Aktionäre entfallende Konzerngewinn ging von 83,5 Millionen Euro ein Jahr zuvor auf 49 Millionen Euro zurück, vor allem weil eine Wertminderung auf den 28,5-Prozent-Anteil am Kabelnetzbetreiber Tele Columbus mit 43 Millionen Euro zu Buche schlug. Im laufenden Jahr hat der Aktienkurs von Tele Columbus fast die Hälfte verloren, über zwölf Monate gesehen sogar fast 80 Prozent.
Umsatzwachstum um 4 Prozent, Ebitda um 10 Prozent?
Für 2019 plant 1&1 Drillisch, seine Service-Umsätze unverändert um etwa 4 Prozent zu erhöhen (2018 waren das 2,8823 Milliarden Euro) während bei den Hardware-Umsätzen (womit wenig zu verdienen sei) die weitere Entwicklung abzuwarten wäre. Das EBITDA soll um ca. 10 Prozent wachsen.
Eine Einschätzung
Je mehr man sich die Sache anschaut, desto rätselhafter werden die Ambitionen von United-Internet, als echter Netzbetreiber ins Mobilfunkgeschäft einzusteigen. Neue Kunden sind nur durch das Abwerben von bestehenden Kunden bei anderen Netzbetreibern zu bekommen. Und deren einziges wirksames Argument wird der Preis sein, denn die Netzabdeckung von 1&1-Drillisch wird sich zum Start auf wenige Ballungszentren konzentrieren (müssen). Im Klartext: United-Internet/1&1-Drillisch müsste 4G und 5G-Dienste zu absoluten Kampfpreisen anbieten, die so niedrig sind, dass die Kunden über kleinere Schwächen bei Netzabdeckung oder Netzqualität gerne hinwegsehen.
Nur wie soll sich das rechnen? Die Frequenzen werden teurer als gehofft, der Netzaufbau wird teurer, weil sich "gegen 5G" bei empfindlichen Mitmenschen Bedenken regen. Der Netzausbau kommt wegen bürokratischer Hürden, Streit um Standorte und Subventionen nicht in Fahrt. Sicher, die Idee, ein "schlüsselfertiges Netz" beim Netzwerk-Hersteller zu mieten, ist kreativ. Aber bleibt da am Ende des Tages noch überhaupt Geld übrig, um Zinsen, Tilgungen und vor allen Dingen Dividende zahlen zu können? Oder wird Drillisch vor dem 20. Mai doch noch die Auktion verlassen, um ihren Aktionären die erhofften Renditen zu ermöglichen?