Entscheidung: Fusion von T-Mobile und Sprint im Februar?
Für die Führungsgremien von Deutscher Telekom oder ihrer USA-Tochter T-Mobile, aber auch beim Noch-Konkurrenten Sprint, dürften die Feiertage nicht so gemütlich wie sonst gewesen sein.
Die Geschichte zieht sich schon länger hin. Mehrfach hatten T-Mobile und Sprint ihre geplante Fusion bekannt gegeben, frühere Versuche waren aus kartellrechtlichen Gründen immer wieder stecken geblieben. Im dritten Anlauf sieht es besser aus, es geht um 26 Milliarden Dollar (23,4 Milliarden Euro).
Zug zum Zug haben die US-Aufsichtsbehörden die Fusion mit Auflagen genehmigt: So müssen T-Mobile und Sprint ihre Lizenzen für Prepaid-Angebote an den Fernseh-Satelliten-TV-Anbieter "Dish" abgeben, der sich als neue "Nummer Vier" im Markt etablieren soll. Dish kann dann sieben Jahre lang das Netz von T-Mobile zu günstigen Konditionen nutzen.
Verhandlungen bis vor Weihnachten
USA: Wie wird das Gericht die Fusion von T-Mobile und Sprint beurteilen?
Bild: Picture Alliance / dpa
Noch bis Freitag vor Weihnachten mussten die Top-Manager von Telekom, T-Mobile, Sprint und Dish und einige Experten vor Gericht ziemlich detaillierte Fragen zur Fusion beantworten.
Zwei Wochen lang hatten die pro Fusion argumentierenden Manager immer wieder betont, dass sie keine Preise erhöhen wollten und dass es weiterhin Wettbewerb geben werde. Tim Höttges, Chef der Muttergesellschaft Deutsche Telekom, John Legere, der kultige CEO von T-Mobile, die Chefs von Sprint und dem Satellitenschüsselanbieter Dish wurden nacheinander in den Zeugenstand gerufen.
14 US-Bundesstaaten hatten geklagt, weil sie den Wettbewerb in Gefahr sehen: Connecticut, Maryland, Michigan, Virginia, Wisconsin, Hawaii, Massachusetts, Illinois, Oregon, Minnesota, Pennsylvania und Washington DC, angeführt von der als "mächtig" angesehenen New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia „Tish“ James und ihrem Kollegen Xavier Becerra für den Staat Kalifornien.
Die Geschichte hat eine politische Komponente. Die republikanisch geführte Trump-Administration hatte die Fusion gut geheißen. Die Kläger stammen aber aus dem demokratischen Oppositionslager. Da könnte es eher darum gehen, dem ungeliebten Republikaner-Präsidenten einen "Denkzettel" zu verpassen, als um die Frage, ob diese Fusion die Mobilfunkversorgung der USA verbessern könnte.
T-Mobile: Ein 5G-Netz für ganz USA
In den USA ist das Thema 5G hoch aufgehängt: Derzeit läuft eine Art Wettrennen, welcher Anbieter seinen Kunden am schnellsten das beste 5G-Netz bieten kann. T-Mobile US liegt hier offenbar derzeit deutlich vorne.
Die kritischen Fragen kreisten um die Themen Preisentwicklung oder die Marktchancen von Dish, die bisher nur Internetzugang über Satellit im Programm hatten oder die Frage, ob T-Mobile nicht auch ohne Sprint gut weiter wachsen könnte.
Im Publikum sitzen viele Analysten und Investoren, die jedem Experten oder Manager gespannt zuhören. Dabei werden die Glaskugeln poliert, ob das Gericht die Fusion genehmigt: Die Wetten stehen bei 52 bis 70 Prozent dafür.
Die eigentliche Entscheidung liegt bei Richter Oscar Marrero vom US-Bezirksgericht South District in Manhattan, New York. Der strich langatmige Eröffnungsplädoyers von der Tagesordnung, um keine Zeit zu verlieren.
Draußen vor dem Gericht protestierten Gewerkschaftsvertreter gegen die Fusion. Sie sind sauer, weil T-Mobile sie nicht im Unternehmen tätig werden lässt, in den USA gelten da andere Regeln als bei der Mutter in Deutschland.
Die Abschlussplädoyers von Staatsanwälten und Verteidigern sind für den 15. Januar geplant. Dann könnte im Februar das Urteil fallen, ob T-Mobile und Sprint am Ende fusionieren dürfen oder vielleicht doch nicht.
Zuviel Optimismus?
Tim Höttges hatte sich unter anderem bei der Bekanntgabe von Quartalszahlen gegenüber teltarif.de optimistisch gezeigt, was einige als "verfrüht" kritisiert hatten. Inzwischen ist man vorsichtiger geworden. Der USA-Markt ist für die Telekom sehr wichtig: Bereits heute erwirtschaftet der Konzern mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in den USA. Aus den USA kommt die Einschätzung, dass sich Höttges und John Legere vor Gericht gut geschlagen hätten. Viele Beobachter in Bonn gehen also weiter davon aus, dass das Gericht den Zusammenschluss von T-Mobile US und Sprint erlaubt.
Falls die Fusion stattfindet, muss T-Mobile in den USA sehr kräftig investieren, um mit den Konkurrenten Verizon und AT&T gleichziehen zu können. T-Mobile und Sprint haben bereits 40 Milliarden Dollar (etwa 36 Milliarden Euro) an Investitionen versprochen, vor allem unter dem Thema "5G", wobei nicht alles wirklich 5G ist, wo schon 5G draufsteht, wie wir vor Ort erfahren konnten.
36 Milliarden Euro weitere Ausgaben sind kein Pappenstiel. In den Büchern stehen bereits 79 Milliarden Euro Schulden für die ersten neun Monate des letzten Jahres. Höttges musste die bislang jährliche Dividende von 70 Cent pro Aktie auf 60 Cent zurückschrauben.
Immer wieder geistern Gerüchte durch die Branche, dass die Telekom einige teilweise frisch erworbene Töchter wieder abstoßen könnte, um Geld in die Kasse zu bekommen. Ein Analyst vermutet, dass die Telekom sich nur noch auf Deutschland und die USA konzentrieren könnte.
In den Planspielen wäre ein Verkauf der Deutschen Funkturm GmbH denkbar, welche alle Senderstandorte der Telekom besitzt. Damit käme erst mal Geld in die Kasse, aber im Gegenzug müsste die Telekom dann ihre "eigenen" Standorte vom neuen Inhaber zurückmieten. Ein Schachzug, der Betriebswirtschaftsprofis vielleicht sofort einleuchtet, aber beim Beobachter eher gespaltene Gefühle hinterlässt.
Telekom Albanien wurde schon verkauft, auch Telekom Niederlande wird als Verkaufskandidat genannt oder noch extremer spekuliert: Der komplette Ausstieg aus allen europäischen Beteiligungen, außer im Mutterland selbst?
Keine krasse Lösung
In Bonn werden solche Spekulationen nicht gerne gehört. Das in Düsseldorf erscheinende Handelsblatt hat sich in Konzernkreisen umgehört: "Sehr unwahrscheinlich" war die Antwort. Aber Änderungen dürfte es wohl geben.
Nur soweit sind wir im im Moment noch nicht, jetzt entscheidet erst einmal der Richter in Manhattan. "Entzückend", hätte sicher Serien-Polizist Lt. Theodoros Kojak vom Police-Department Manhattan-Süd dazu gesagt.