Achtung Kostenfalle: EU-Roaming mit älteren Handy-Tarifen
Gefährlich: Mit altem Arcor-Tarif im EU-Roaming telefonieren
Bild: Arcor / Vodafone
Die meisten Kunden mit Handy-Tarif gehen davon aus, dass für Ihren Vertrag die EU-Regulierung gilt, die besagt: Bei Reisen im EU-Ausland gelten die Konditionen innerhalb Deutschlands ohne Aufpreis auch in der EU.
Dass dies bei älteren Handy-Tarifen nicht unbedingt der Fall sein muss, erlebte eine Vodafone-Kundin kürzlich. Auch teltarif.de hat sich nochmals angeschaut, was die EU-Regulierung in diesem Fall wirklich besagt.
20 Jahre alte SIM-Karte von Arcor
Gefährlich: Mit altem Arcor-Tarif im EU-Roaming telefonieren
Bild: Arcor / Vodafone
Das Ehepaar ist Kunde bei Vodafone und verwendet nach eigenen Angaben eine rund 20 Jahre alte SIM-Karte von Arcor, die sich damals "Partnerkarte zum DSL- und Festnetzanschluss" nannte. Im Vodafone-Kundencenter wird sie als "Arcor 60/1" geführt.
Bereits 2017 und 2018 war das Ehepaar mit dieser SIM-Karte im EU-Ausland unterwegs und die Nutzung wurde anschließend separat abgerechnet. Nach Beschwerden sind den Kunden "aus Kulanz" in diesen beiden Jahren die Roaming Gebühren erstattet worden. Nach einer weiteren Reise in diesem Jahr weigert sich Vodafone aber, diese Rechnungsposten zu erstatten - mit dem Hinweis, im Vertrag stünden die Roaming-Gebühren und es sei keine Allnet Flat.
Die Kunden forderten daraufhin bei der Vodafone-Kundenbetreuung nochmals die genauen Konditionen des damaligen Vertrags an. Diese sandte Vodafone bereitwillig zu: Der "Arcor 60/1" beinhaltet unbegrenzt Telefonate ins deutsche Festnetz, ins deutsche Vodafone-Netz sowie alle Gespräche zwischen den Mobil-Handy-Flat-Partner-Karten. Gespräche in alle anderen Mobilfunknetze werden mit 19 Cent pro Minute abgerechnet. Außerdem sind Telefonate vom Festnetz zur eigenen SIM-Karte eingeschlossen.
Soweit die Bedingungen, die innerhalb von Deutschland gelten. Warum nun aber bei Reisen in der EU plötzlich Zusatzkosten auf der Rechnung auftauchen, konnte sich das Ehepaar immer noch nicht erklären und wandte sich darum Hilfe suchend an teltarif.de.
Die EU-Regulierung zu "on-net" und "off-net"
Im Jahr 2017 hatte teltarif.de die Regel bereits kurz erwähnt und auf die Ausnahme bei Community-Flatrates hingewiesen. Auf der Webseite der Bundesnetzagentur fanden wir gemeinsam mit Vodafone den Passus aus der EU-Regulierung, der sich mit derartigen Tarifen beschäftigt, die beispielsweise nur eine Flatrate in ein bestimmtes Netz oder eine Community-Flatrate beinhalten.
Auf der Seite Fragen und Antworten zu Roam-Like-At-Home [Link entfernt] muss man weit nach unten scrollen und auf das Pluszeichen klicken neben der Frage "Welcher Preis gilt, wenn ich Teilnehmer aus einer bestimmten, zuvor definierten Gruppe anrufe (z.B.: ausgewählte Rufnummer von Familienmitgliedern oder Teilnehmer eines bestimmten Netzes)?" Die Antwort lautet:
Innerhalb Deutschlands unterscheiden die Mobilfunkanbieter teilweise bei Anrufen innerhalb einer bestimmten Nutzergruppe oder innerhalb eines bestimmten Netzes (on-net) und außerhalb dieser Gruppe/ dieses Netzes (off-net). Naturgemäß verlassen Sie beim Roaming Ihr Heimatnetz und wechseln in ein anderes Netz. Sie befinden sich beim Roaming insoweit "off-net". Ihr Mobilfunkanbieter kann Ihnen insoweit für Verbindungen, die im Heimatnetz als "on-net"-Verbindungen gelten würden (bspw. innerhalb Ihrer Familiengruppe), beim Roaming maximal den Preis berechnen, den Sie für "off-net"-Verbindungen bezahlen würden.Da sich die Kunden also mit dem Tarif im EU-Ausland außerhalb des deutschen Vodafone-Netzes befanden, können ihnen beispielsweise Telefonate ins deutsche Vodafone-Netz sowie Gespräche zwischen den Mobil-Handy-Flat-Partner-Karten berechnet werden, die innerhalb Deutschlands nichts extra kosten. Da die Ausnahmeregelung nichts zu ankommenden Anrufen im Ausland sagt, dürfen diese laut der EU-Regulierung nicht berechnet werden.
Fazit: Was tun?
Diese zugegebenermaßen recht unbekannte Ausnahme beim EU-Roaming dürfte in aktuellen Mobilfunktarifen kaum noch vorkommen, da es aufgrund des Preisverfalls bei Allnet-Flats heutzutage kaum noch neu vermarktete Flatrates für einzelne Netze oder Community-Flatrates gibt.
Wer allerdings noch einen derartigen Alt-Tarif nutzt, hat drei Möglichkeiten: Fährt der Kunde mit dem Tarif ins EU-Ausland und telefoniert dort abgehend, muss er die Berechnung von Zusatzgebühren dulden. Selbstverständlich ist es möglich, mit einem Dual-SIM-Smartphone eine zweite SIM-Karte mit einem moderneren Tarif mitzunehmen und auf der alten Rufnummer nur für ankommende Anrufe erreichbar zu bleiben.
Der Kunde kann aber auch bei seinem Provider vom Alt-Tarif in einen moderneren Tarif wechseln, der entweder eine Allnet-Flat oder immerhin ein Minutenpaket beinhaltet. Selbst der Wechsel in einen grundgebührenfreien Prepaidtarif kann günstiger sein, als den Alt-Tarif beizubehalten. Denn dann werden in Deutschland und im EU-Ausland maximal 9 Cent pro Minute abgerechnet und nicht 19, 29 oder 39 Cent, wie dies bei Alt-Tarifen noch der Fall sein kann.
Die günstigsten Mobilfunktarife sind stets in unserem umfangreichen Tarifvergleich zu finden.