EU-Regelung für Auslandstelefonate: Völlig überraschend?
Ex EU-Kommissionschef José Manuel Barroso greift zum europäischen Telefon.
Foto: Picture Alliance / dpa
Wenn die EU neue Tarife für mobiles Telefonieren zu einem bestimmten Stichtag regelt, reagieren die Mobilfunkanbieter meist schon Wochen im Voraus und teilen ihren Kunden "neue günstigere Preise" mit, was den Kunden - besonders, wenn er die Zusammenhänge nicht kennt - durchaus erfreut. Diesmal ist es irgendwie anders.
15. Mai 2019: Ein völlig überraschendes Datum
Ex EU-Kommissionschef José Manuel Barroso greift zum europäischen Telefon.
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Die Faktenlage ist klar: Die Gebühren für Telefonate ins EU-Ausland werden ab dem 15. Mai gedeckelt. Ab Übermorgen (Mittwoch) dürfen Telefonate aus dem Heimatland ins EU-Ausland maximal 19 Cent pro Minute plus Steuern kosten, das sind hierzulande 23 Cent (rechnerisch exakt 22,61 Cent). Die neue Regelung gilt unabhängig davon, egal ob der Anruf aus dem Mobilfunkfunknetz oder dem Festnetz gestartet wird.
Aber auch für SMS-Nachrichten gelten von Mittwoch an neue Obergrenzen. Erlaubt sind maximal 7,14 Cent (6 Cent netto) pro SMS, was je nach Tarif zu kuriosen Situationen führen könnte: Eine SMS von Deutschland zu einem deutschen Anschluss (egal wo) würde dann vielleicht 19 Cent das Stück kosten, eine SMS von Deutschland zu einer französischen Rufnummer aber nur 7 Cent. Wer schon eine SMS-Flatrate oder ein SMS-Paket hat: Das gilt wahrscheinlich weiterhin nur für inländische Mobilfunk-Zielrufnummern, die mit +49-1... beginnen. (Es gibt auch Mobilfunknummern mit Ortsrufnummern, z.B. von Sipgate: Hier dürften die SMS-zu-Festnetz-Tarife gelten, sofern diese Nachrichten überhaupt zugestellt werden können.)
Intra-EU-Kommunikation oder International Roaming?
Die neuen Tarife heißen im Verwaltungsdeutsch "Intra-EU-Kommunikation", was man nicht mit "International Roaming" verwechseln darf. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass bei der Intra-EU-Kommunikation ein Sprachanruf oder eine SMS im Netz des eigenen inländischen Anbieters startet.
Beim International Roaming hingegen befinden Sie sich im Ausland und Ihr Mobiltelefon ist in das besuchte Netz eingebucht. Also Sprachanrufe und SMS erfolgen aus dem besuchten Netz im europäischen Ausland. Während beim Roaming in der EU die Roam-Like-At-Home-Regelungen, d.h. das Roaming zu Inlandspreisen, gelten, finden die Vorschriften für International Roaming aus der EU-Roaming-Verordnung für die Intra-EU-Kommunikation keine Anwendung.
Neue Regelung mit Fallstricken
Es gibt noch ein paar kleinere Fallstricke, auf die man achten sollte: Verschiedene Anbieter haben Optionstarife, wo beispielsweise Nicht-EU-Staaten (wie die Schweiz, Türkei, USA/Kanada oder in andere Länder) vielleicht zusammen mit EU-Ländern kombiniert enthalten sind. Diese Tarife können nutzungsunabhängig (pro Minute oder pro SMS) oder pauschal (Flatrates) abgerechnet werden. Für diese Tarife gelten die neuen Preisobergrenzen nicht, wie teltarif.de vor gut einem Monat herausgefunden hat: Auch nach dem 15. Mai bleiben Kostenfallen.
Muss der Kunde aktiv werden?
Und nun wird es wichtig: Wer solch einen alternativen Tarif besitzt und ab dem 15. Mai seinem Anbieter nicht ausdrücklich mitteilt, dass er in diesem Tarif bleiben möchte, wird er nach einer Frist von zwei Monaten automatisch zum 15. Juli von seinem Anbieter in einen regulierten Tarif für Intra-EU-Kommunikation umgestellt, warnt die Bundesnetzagentur in einer Mitteilung [Link entfernt] . Das bedeutet, dass danach die bisher in der Option inkludieren Nicht-EU-Länder neu (möglicherweise auch teurer) abgerechnet werden dürften.
Bei der Einführung von "Roam like at home" im Sommer 2017 hatte die EU lange übersehen, dass die Tarife nur im Falle von Roaming gelten, dass aber Anrufe von daheim ins Ausland teilweise absurd teuer geblieben waren. Je nach Anbieter stehen bis Mittwoch noch gültige 1,99 Euro pro Minute für Anrufe mit Ziel Ausland in den Preislisten.
Die günstigeren Roaming-Tarife haben viele EU-Bürger bereits ausgiebig ausprobiert, wie die EU-Kommission schon im Dezember 2018 ausgerechnet hat: Seit dem Ende der hohen Roaming-Tarife sei vom Mobiltelefonen aus doppelt soviel angerufen worden wie vorher. Bei den mobilen Daten sei die Nutzung um das fünffache angestiegen.
Was sagen die deutschen Netzbetreiber dazu?
Bislang wenig. Auf unsere Rundfrage antwortete bis jetzt nur die Deutsche Telekom:
„Wir werden zum Stichtag 15.05. eine Info-Seite mit allen Informationen sowie den dann gültigen Preisen auf telekom.de schalten. Der Kunde muss nichts beachten oder bestätigen. Dies gilt für Laufzeit- wie Vorkasse-Kunden.Die Preise werden - wo notwendig - wie von der EU-Regulierung vorgesehen angepasst. Bis dahin gelten für Telefonate und SMS (Mobilfunk/Festnetz) aus Deutschland heraus ins EU-Fest- bzw. Mobilfunknetz die aktuellen Preise. Die Preise aus dem deutschen Festnetz ins europäische Festnetz betragen bereits heute zumeist nicht mehr als 0,024 Euro/Minute. Diese günstigen Preise behalten selbstverständlich ihre Gültigkeit.
Mobilfunk-Kunden mit gebuchter Griechenland- bzw. Italien-Option werden wir diese schriftlich kündigen, da die neuen Tarife den Kunden günstiger kommen.“
Soweit die Antwort der Telekom. Wir werden die ebenfalls angefragten Stellungnahmen von Vodafone und Telefónica (o2) noch nachreichen.