EU will Facebook-Algorithmus regulieren
Mark Zuckerberg vor dem US-Senat.
dpa
EU-Justizkommissarin Vera Jourova hält die
Entschuldigung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg wegen des
Datenskandals für nicht ausreichend. "Es ist ja schön, wenn Herr
Zuckerberg über den Schaden redet, der einzelnen Nutzern entstanden
ist", sagte Jourova heute der Süddeutschen Zeitung. "Über den
Schaden für die Gesellschaft und die demokratische Debatte hat er
nichts gesagt."
Anonymität in sozialen Medien ein großes Problem
Mark Zuckerberg vor dem US-Senat.
dpa
Nötig sei ein "Gegenmittel", "eine schlaue Regulierung, die die
Risiken herausfiltert und die Internet-Sphäre ansonsten nicht weiter
beeinträchtigt", sagte sie. In der Kommission werde darüber
nachgedacht, auch Algorithmen, die wichtigsten Instrumente der
Plattformen, zu regulieren. "Algorithmen greifen immer stärker ins
Leben ein." Politiker und Wissenschaftler machten sich Sorgen über
die Art und Weise, wie die Menschen durch die sozialen Medien
"einsortiert und auch diszipliniert werden, ohne dass wir uns wehren
können".
Ein "großes Problem" sieht Jourova in der Anonymität, hinter der sich die Autoren von Hassbotschaften oft verstecken. "Polizisten sagen mir, dass es ihnen schwerfalle, die Leute aufzuspüren, die Hassbotschaften im Netz platzieren. Wenn ich etwas schreibe, das Tausende Menschen beeinflusst, sollte ich dafür mit meinem Namen einstehen müssen", sagte sie.
Kritik auch an deutschen Parteien
Der Datenschützer Peter Schaar wirft den deutschen Parteien im Umgang mit Facebook Scheinheiligkeit vor. "Die Parteien haben ein legitimes Interesse, dort aktiv zu sein, wo die Wählerinnen und Wähler sind", sagte der Vorsitzende der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID) dem Handelsblatt. Es gebe jedoch eine "kognitive Dissonanz": Viele Politiker kritisieren Facebook heftig für die Datenschutzpraktiken, nutzen die Plattform aber trotzdem – und dabei auch Funktionen, die umstritten sind.
"Die Mentalität dahinter ist: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", monierte der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte. "Da muss man schon fragen, inwieweit das kompatibel ist." So seien bestimmte Aspekte des Dienstes nicht zulässig – etwa die Klarnamenpflicht, die das Landgericht Berlin als rechtswidrig einstuft. Auch den "Gefällt mir"-Knopf hält der Datenschützer für kritisch, weil bei der Einbindung auf Websites automatisch Daten zu Facebook übertragen werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf lässt vom Europäischen Gerichtshof klären, ob die Einbindung zulässig ist.
Im Skandal um Facebook und Cambridge Analytica könnten nach Einschätzung von Facebook die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern weltweit betroffen sein - unter ihnen sollen auch 2,7 Millionen EU-Bürger sein.