Privatradioverband VPRT verlässt Digitalradio-Board - wegen DAB+
Neue Technologien wie DAB+ könne man politisch nicht verordnen
Bild: Alan Electronics
Die im Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) zusammengeschlossenen Privatradios haben gestern die Roadmap zum Umstieg von UKW auf digitale Hörfunkübertragung mit dem Namen "Aktionsplan zur Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter" als nicht markttauglich abgelehnt und ihre Mitarbeit im Digitalradio-Board des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) auf dieser Grundlage beendet.
VPRT macht Druck auf Länder: Roadmap blockieren
Neue Technologien wie DAB+ könne man politisch nicht verordnen
Bild: Alan Electronics
Der Verband hat sich damit aber isoliert, denn der Entwurf der Roadmap wurde ansonsten von den übrigen Mitgliedern im Digitalradio-Board gegen die Stimmen des VPRT angenommen und von der parlamentarischen Staatssekretärin Dorothee Bär an die Staatssekretärin Heike Raab (Rheinland-Pfalz) zur weiteren Beratung an die Rundfunkkommission der Länder übergeben. Der VPRT macht nun Druck auf die Länder, dass diese im Sinne der Vielfaltsicherung im dualen System agieren und die Roadmap blockieren.
Der Vorsitzende des Fachbereichs Radio und Audiodienste im VPRT und Geschäftsführer von Radio Regenbogen, Klaus Schunk, macht keinen Hehl daraus, dass es nicht um die Digitalisierung alleine, sondern um den im Verband wenig geliebten terrestrischen Hörfunkstandard DAB+ geht: "Neue Technologien kann man politisch nicht verordnen. Sie müssen die Konsumenten überzeugen und sich im Markt von sich aus durchsetzen".
Der Ansatz, eine Roadmap für den Übergang in die digitale Radiozukunft mit allen Beteiligten zu erarbeiten, sei laut VPRT ein richtiger und wichtiger Versuch. Er sei aus Sicht der Privatradios aber leider gescheitert: "Der Entwurf des Aktionsplans gibt kein marktkonformes Migrationsszenario vor. Er fördert den Übertragungsstandard DAB+ einseitig und an den Markt- und Nutzungsgegebenheiten vorbei."
DAB+ setzt sich alleine aus dem Markt durch
Der Einschätzung Schunks stehen allerdings positive Verkaufszahlen von DAB+-Radios entgegen: Laut einer ZVEI-Umfrage besitzen bereits 22 Prozent der Deutschen entsprechende Empfänger. Von wenig Überzeugungskraft kann hier also keine Rede sein, DAB+ setzt sich gerade alleine aus dem Markt heraus durch.
Vielmehr geht es dem Verband um eine Rettung des alten analogen Geschäftsmodells UKW: Die Privatradios kritisieren unter anderem die Maßnahme, von öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht mehr genutzte UKW-Frequenzen größtenteils brachliegen zu lassen und keiner neuen Verwendung durch private Radios zuzuführen, um umgekehrt DAB+ zu fördern. Das ist beispielsweise aktuell in Hessen der Fall, wo einige frei gewordene Kanäle des Deutschlandfunks nicht mehr neu zugeteilt oder ausgeschrieben werden. "In dieser Form protektionistisch das Ende des meist genutzten UKW-Standards einzuleiten, der für die Privatradios noch lange und alternativlos Geschäftsgrundlage sein wird, ist nicht akzeptabel. Werden UKW-Frequenzen von ARD oder Deutschlandradio zurückgegeben, sollten sie dafür genutzt werden, neue Gebiete für die seit jeher schlechter gestellten Privatradios zu versorgen und nicht staatlich eingezogen werden", so Schunk.
Kritik: Smartphones werden als Radiogeräte ausgeklammert
Darüber hinaus kritisiert der VPRT, dass zur Förderung von Digitalradio eine Regelung für Hörfunkempfangsgeräte vorgeschlagen wird, die mobile Geräte ausklammert. "Smartphones sind ein wichtiger und wachsender Markt für den digitalen Radioempfang. Sie in einer digitalen Migrationsplanung nicht zu berücksichtigen, heißt schlichtweg, das Verhalten der Verbraucher auszublenden", so Klaus Schunk.
Im VPRT sind die größten deutschen Privatradios vertreten, aber bei weitem nicht alle. Auch innerhalb des Verbandes gehen die Meinungen zu DAB+ auseinander, einige Verbandsmitglieder beteiligen sich aktiv am digital-terrestrischen Hörfunk und streben sogar einen Sendeplatz im zweiten nationalen Multiplex an. Insgesamt erkennen inzwischen auch viele Privatradios die Vorzüge von DAB+, die meisten von ihnen sind nicht im VPRT aktiv. Das UKW-Band ist weitgehend ausgereizt, daher müssen neue Veranstalter auf digitale Technologien wie DAB+ umsteigen. Letztendlich geht es also bei der Aktion des VPRT auch um nichts anderes als Besitzstandswahrung: Auf UKW drohen keine neuen Konkurrenten mehr, auf DAB+ dagegen massenhaft. Erwähnenswert ist ferner noch, dass der zweite große deutsche Privatradioverband APR dem Digitalradioboard treu bleiben will und der Roadmap zugestimmt hat.