Linux Live

Das bieten Linux-Live-Systeme

Sicher und anonym im Internet surfen, Daten von kaputten Windows-Rech­nern retten oder Linux unver­bind­lich auspro­bieren - die Möglich­keiten von Linux-Live-Distri­butionen sind viel­fältig. Bei uns erfahren Sie, wie das Linux von CD oder USB-Stick funk­tio­niert.
Von Dimitri Ries / Julian Ruecker /

Das bieten Linux-Live-Systeme Das bieten Linux-Live-Systeme
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Sie spielen mit dem Gedanken, Linux zu instal­lieren, haben sich aber bisher noch nicht getraut? Dann ist ein Linux-Live-System viel­leicht zunächst die rich­tige Wahl. Das Linux von USB-Stick, CD oder DVD bietet Unent­schlos­senen die Möglich­keit, das popu­läre Open-Source-System einmal auszu­testen - und das ganz ohne Instal­lation. Doch die tempo­rären Betriebs­sys­teme haben noch weitere Vorteile. Sie ermög­lichen zum Beispiel beson­ders sicheres Surfen im Internet und verschaffen Zugriff auf Daten, wenn Windows nicht mehr starten will.

Live-Systeme werden nicht auf der Fest­platte des Compu­ters instal­liert, sondern ledig­lich auf einem boot­fähigen Medium. Der System-Start erfolgt übli­cher­weise vom DVD-Lauf­werk, aber auch auf Flash-Spei­chern wie USB-Stick oder SD-Karte lassen sich Live-Systeme instal­lieren. Wie dies genau funk­tio­niert und welche Live-Distri­bution mögli­cher­weise zu Ihnen passt, erfahren Sie hier. Das bieten Linux-Live-Systeme Das bieten Linux-Live-Systeme
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So verwenden Sie ein Linux-Live-System

Live-Systeme können als ISO-Datei aus dem Internet herun­ter­geladen werden. ISO-Dateien sind Abbilder von einer CD, DVD oder einem Spei­cher-Stick. Nach dem Down­load bringen Sie die ISO-Datei auf das gewünschte Spei­cher­medium. Zum Brennen auf CD oder DVD verwenden Sie einen spezi­ellen "ISO auf CD brennen"-Befehl des Brenn­programms.

Um einen Instal­lations-USB-Stick zu erzeugen, gibt es verschie­dene Tools, zum Beispiel Rufus oder UNetbootin. Wurde ein solches Programm instal­liert und gestartet, muss nur noch das gewünschte Betriebs­system und der USB-Stick ausge­wählt werden, von dem man booten möchte. Den Rest erle­digt das Programm von ganz allein. Achtung: Nicht jeder PC bootet Systeme von USB. Vor allem bei älteren Rech­nern kommt es vor, dass nur vom CD- bezie­hungs­weise DVD-Lauf­werk gestartet werden kann.

Live-System startet nicht? Boot-Reihen­folge anpassen

Live-Systeme werden direkt vom Spei­cher­medium gestartet, also beispiels­weise von einer CD, DVD, USB-Stick oder SD-Karte. Übli­cher­weise dauert der Start etwas länger. Dies liegt daran, dass die komplette Hard­ware neu einge­bunden werden muss. Wenn das Live-System erst einmal läuft, ist es aber meist genauso flott wie ein Fest­platten-System.

Gege­benen­falls muss der Rechner vor dem System-Start entspre­chend einge­stellt werden. Bei Windows-Rech­nern erfolgt dies im (UEFI-)BIOS. Wenn der PC nicht auto­matisch vom einge­legten Spei­cher­medium bootet, müssen Sie die Start-Reihen­folge ändern. Das geht über ein Boot-Auswahl­menü, das Sie mit einer der Funk­tions-Tasten F12, F2 oder F8 kurz nach dem Einschalten des Rech­ners errei­chen. Je nach UEFI oder BIOS finden Sie die Boot-Reihen­folge unter "Boot Option", "Boot Order" oder "Boot Device Prio­rity". Ändern Sie die Reihen­folge so, dass zuerst das gewünschte Medium berück­sich­tigt wird, also CD/DVD bezie­hungs­weise USB-Daten­träger, und erst danach die primäre Fest­platte. Um einen Mac-Rechner von einem boot­fähigen Medium zu starten, halten Sie während des Start­vor­gangs die C-Taste gedrückt. Ubuntu Live DVD Ausprobieren Installieren Ubuntu-Live-DVD: Nutzer können wählen zwischen Testversion und Installation
Bild: ubuntu-de.org

Von Testen bis Viren­bekämp­fung: Möglich­keiten von Live-Systemen

Live-Systeme bringen einige Vorteile mit sich, allen voran die Möglich­keit, ein unbe­kanntes Betriebs­system ohne vorhe­rige Instal­lation auf dem eigenen Rechner auszu­pro­bieren. Da Live-Systeme den Fest­plat­ten­inhalt unver­ändert lassen, läuft man keine Gefahr, das alte System zu verlieren. Sollten Sie also fest­stellen, dass Sie mit Linux doch nicht zurecht­kommen, können Sie sofort wieder zum gewohnten Windows-System zurück­kehren. Sie verlieren dabei keinerlei Daten und müssen auch im Vorfeld Ihre Dateien nicht sichern.

Linux-Live-Systeme können auch genutzt werden, um Dateien von defekten Windows-Systemen zu retten. Lässt sich das Windows-Betriebs­system nicht mehr starten und Ihre Daten laufen Gefahr, verloren zu gehen, kann man mithilfe der Live-CD die entspre­chenden Lauf­werke finden und die darauf abge­legten Dateien auf einem externen Spei­cher­medium sichern. Sollte das Problem aufgrund von Viren­befall bestehen, eignet sich eine Live-CD auch optimal zum sicheren Entfernen von Schad­soft­ware. Das Live-System operiert aus einer "gesunden Entfer­nung" zum befal­lenen System. So können auch versteckte Viren einfa­cher entdeckt und elimi­niert werden. Ein Beispiel für eine auf Linux basie­rende Live-DVD zur Viren­bekämp­fung ist Desinfec’t (ehemals Knop­picillin), die in regel­mäßigen Abständen vom Magazin c't veröf­fent­licht wird.

Sicheres Surfen im Internet - mit einem Live-System funk­tio­niert's

Fünf ausge­wählte
Linux-Live-Systeme
Wenn Sie Ihren Rechner mit einem Linux-Live-System von einem externen Spei­cher­medium aus starten, bleibt das inte­grierte Betriebs­system unbe­rührt. Da das System nach jedem Neustart zurück­gesetzt wird, ist es resis­tenter gegen Viren und besser vor Angriffen von außen geschützt. Die tempo­rären Systeme ermög­lichen daher beson­ders sicheres Surfen im Internet und eignen sich gut für Test­besuche auf unsi­cheren Webseiten.

Zudem ist das trag­bare Linux einfach prak­tisch. Anstelle eines Laptops reichen eine hand­liche CD oder gar ein USB-Stick in der Hosen­tasche, um jeder­zeit seinen mobilen Rechner dabei zu haben. Live-Systeme können von jedem belie­bigen PC gestartet werden. Sogar Rechner ohne eigene Fest­platte können mit Live-Systemen nutzbar gemacht werden.

Welche Linux-Live-Distri­bution passt am besten zu mir?

Das eine Linux gibt es nicht. Dies gilt für das Fest­platten-Linux genauso wie für Live-Vari­anten. Linux ist ledig­lich der Kern des Betriebs­sys­tems, also sein elemen­tarster Teil. Um diesen Kern herum schnüren Entwickler dann verschie­dene Programme zu einer Distri­bution zusammen. Eine Linux-Distri­bution ist gewis­ser­maßen ein Komplett­paket aus einer Desktop-Umge­bung und aufein­ander abge­stimmter Soft­ware. Bekannte Linux-Distri­butionen sind zum Beispiel Ubuntu, Debian oder Knoppix.

Letz­tere war die erste Live-CD-Distri­bution, die große Popu­larität erlangte. Dies hatte mehrere Gründe. Knoppix bot von Anfang an eine umfang­reiche Hard­ware-Erken­nung, sodass es von fast allen Systemen ohne weitere Konfi­gura­tion gestartet werden konnte. Ebenso war Soft­ware für eine System­repa­ratur inklu­diert. Mitt­ler­weile sind im Instal­lati­ons­paket über 200 Programme verfügbar. Vorin­stal­liert ist unter anderem auch das Tor-Browser-Bundle.

Je nachdem, was man als Nutzer mit seiner Linux-Distri­bution vorhat, bieten sich verschie­dene, teils hoch­spe­zia­lisierte Linux-Live-Systeme an. Wir stellen sechs span­nende Spezial-Distri­butionen vor:

  • Porteus: Schnell und unkom­pli­ziert
    Wer vor allem schnell und unkom­pli­ziert im Internet Surfen möchte, für den ist Porteus eine gute Wahl. Mit weniger als 300 MB passt das kleine System auf jeden USB-Stick und zeichnet sich durch über­schau­baren Funk­tions­umfang und Schnel­lig­keit aus.
  • Tails: Sicher und anonym
    Wer beson­deren Wert auf Daten­schutz und Privat­sphäre legt, ist mit der Linux-Distri­bution Tails gut beraten. Webseiten werden nie direkt, sondern verschlüs­selt über das Tor-Netz­werk aufge­rufen. Auch auf dem verwen­deten Computer hinter­lässt der Nutzer keinerlei Spuren.
  • Whonix: Eine Tails-Alter­native
    Ebenso wie Tails legt Whonix das Haupt­augen­merk auf Privat­sphäre. Auch hier werden alle Verbin­dungen verschlüs­selt über das Tor-Netz­werk aufge­baut. Diese Linux-Distri­bution basiert auf Debian und besteht aus zwei virtu­ellen Maschinen.
  • Qubes: Sicher­heit durch Isola­tion
    Die notwen­dige Virtua­lisie­rung dieses Mehr­benutzer-Betriebs­sys­tems wird durch den Xen-Hyper­visor reali­siert. Dadurch können mehrere Domänen in einer eigenen virtu­ellen Maschine laufen. Die Benut­zer­umge­bung kann auf verschie­denen Betriebs­sys­temen/Distri­butionen basieren. Es besteht auch die Möglich­keit, Qubes mit Whonix zu kombi­nieren, was noch­mals ein Plus an Sicher­heit bringt.
  • GParted: Fest­platte Parti­tio­nieren leicht gemacht
    Mit weniger als 200 MB ist GParted ein beson­ders kleines Live-Linux. Das System wurde speziell zum Parti­tio­nieren von Fest­platten entwi­ckelt und enthält Soft­ware-Werk­zeuge für das Einrichten von Fest­platten und zur System­dia­gnose.
  • Edubuntu: Lernen mit Linux (Projekt einge­stellt)
    Die auf Ubuntu basie­rende Distri­bution Edubuntu enthält eine Viel­zahl von Lern­pro­grammen zu so verschie­denen Themen wie Spra­chen, Mathe­matik oder Chemie. Das System richtet sich vor allem an Schüler und Studenten und ist sowohl als Live-Vari­ante als auch als Fest­platten-Linux einsetzbar. Der Support für die letzte verfüg­bare Version 14.04 wurde im April 2019 einge­stellt. Mit DebianEdu steht eine mögliche Alter­native zur Verfü­gung.

Linux direkt unter Windows 10 auspro­bieren

Wer ohne von einem Live-Medium zu booten direkt unter Windows 10 oder Windows 11 ein Komman­dozeilen-basiertes Linux auspro­bieren möchte, kann eine Distri­bution direkt über den Micro­soft Store instal­lieren, die dann in einer von Micro­soft bereit­gestellten virtu­ellen Umge­bung läuft und das instal­lierte Windows nicht beein­flusst. Damit spart man sich den bislang notwen­digen Schritt, ein Programm für virtu­elle Betriebs­sys­tem­umge­bungen zu instal­lieren.

Wer daran Inter­esse hat, kann im Micro­soft Store nach "Linux" suchen und stößt dann auf Distri­butionen wie Ubuntu, openSUSE, Debian oder Kali Linux für Sicher­heits-Experten. Wichtig zu wissen ist, dass hierbei ledig­lich ein Komman­dozeilen-basiertes Linux ohne grafi­sche Benut­zer­ober­fläche gestartet wird. Für den Test einer Distri­bution mit grafi­scher Benut­zer­ober­fläche muss dann doch wieder ein Live-Medium genutzt oder eine Virtua­lisie­rungs­lösung wie VirtualBox oder VMware Work­sta­tion instal­liert werden.