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Editorial: Wenn Geheimdienste vor Spionage warnen

Die US-Geheimdienste warnen eindringlich vor chinesischen Handyherstellern. Dabei sind die Nutzerdaten anderswo viel stärker bedroht.
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US-Senatsanhörung Spionage Christopher Wray, FBI-Direktor und Mike Pompeo, CIA-Direktor bei einer Sitzung des Kongress­ausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste des US-Senats
Foto: picture-alliance / dpa
Die Direktoren von CIA, FBI, NSA und drei weiteren US-Diensten haben in einer Anhörung vor dem US-Kongress am Dienstag gemeinsam vor den Geräten der chinesischen Handyhersteller Huawei und ZTE gewarnt: FBI-Director Chris Wray erklärte laut CNBC: "Wir sind tief besorgt über die Risiken, die damit verbunden sind, wenn eine Firma oder Organisation, die einer fremden Regierung verpflichtet ist, die nicht unsere Werte teilt, Machtpositionen innerhalb unserer Kommunikationsnetze erhält." Als Risiken nannte er, dass Informationen böswillig modifiziert oder entwendet werden könnten, bis hin zu unerkannter Spionage.

In der Tat sind die von der US-Bundespolizei und den US-Geheimdiensten aufgezählten Risiken alle real. Allerdings sind Huawei und ZTE bisher nicht dadurch aufgefallen, dass ihre Geräte besonders viel "nach Hause telefonieren" würden. Eher sind es die Betriebssystem- und App-Hersteller wie Google, Apple, Facebook und Microsoft, die umfangreich Nutzungsdaten sammeln.

US-Senatsanhörung Spionage Christopher Wray, FBI-Direktor und Mike Pompeo, CIA-Direktor bei einer Sitzung des Kongress­ausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste des US-Senats
Foto: picture-alliance / dpa
Wie zudem die Veröffentlichungen von Edward Snowden aus dem Jahr 2014 belegen, reichen Google, Apple, Facebook, Microsoft und Co. die gesammelten Daten auch regelmäßig an die US-Geheimdienste weiter. Letztere haben für die Suche in diesen Datenbeständen sogar eine eigene Geheimdienst-Suchmaschine implementiert. Man könnte also fast das Gefühl bekommen, die US-Dienste warnen in der US-Senatsanhörung vor den Falschen. Eigentlich müssten sie die US-Bürger in erster Linie vor sich selber warnen.

Auffällig ist an den zitierten Äußerungen auch, dass die Dienste faktisch Werbung für Apple und Samsung betreiben. Beide liefern sich in den USA mit je ca. einem Drittel Marktanteil ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktführerschaft im Smartphone-Markt. Indem sie negativ über Huawei und ZTE urteilen, verbessern die Geheimdienste entsprechend die Marktchancen von Samsung und Apple. Dabei gab es in den letzten Jahren zwischen US-Ermittlungsbehörden und Apple einen handfesten öffentlichen Streit, weil Apple sich weigerte, in das iOS-Betriebssystem eine Hintertür einzuprogrammieren, mit der die Behörden die Passwortsperre bei von vermuteten Straftätern sichergestellten iPhones aufheben können. Ist Apple mittlerweile doch eingeknickt, und das Statement vom US-Geheimdienst nun die offizielle Belobigung dafür? Und gilt das in ähnlicher Form auch für Samsung?

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