Vorratsdatenspeicherung: Union pocht weiter auf Einführung
Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert.
Fotos: Tomasz Trojanowski/ponsulak - fotolia.com, Montage: teltarif.de
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), lehnt eine Abkehr von der Vorratsdatenspeicherung strikt ab. Einer entsprechenden Forderung des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber erteilte Middelberg gegenüber dem Handelsblatt eine klare Absage. Ein endgültiger Abschied von Mindestspeicherungsfristen für Verkehrsdaten komme nicht in Frage. „Dem steht zum einen das dringende Bedürfnis unserer Sicherheitsbehörden entgegen, solche Kommunikationsdaten zur Aufklärung von Terrorismus und schwersten Verbrechen nutzen zu können und zum anderen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010, wonach solche Regelungen unter engen Voraussetzungen sehr wohl möglich sind“, sagte Middelberg dem Handelsblatt. Zu Recht werde die Diskussion daher auf europäischer Ebene und in Deutschland weitergeführt.
Kelber hatte mit Blick auf „klare gerichtliche Entscheidungen“ zur Vorratsdatenspeicherung dem Handelsblatt gesagt: „Die anlasslose Erhebung und Speicherung von Daten ist nicht mit den Grundrechten vereinbar. Politik und die Sicherheitsbehörden sollten sich deshalb von der Idee der Vorratsdatenspeicherung endgültig verabschieden.“
Anbieter speichern bereits viele Daten
Bei Verbindungen im Internet und am Telefon fallen Daten an, die eigentlich gar nicht gebraucht würden. Sie werden aber oft trotzdem gespeichert.
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Im Jahr 2017 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW die 2015 beschlossene Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung als mit europäischem Recht unvereinbar verworfen. Zur Begründung verwiesen die Richter auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dezember 2016. Danach ist eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar.
Trotz fehlender Verpflichtung speichern die meisten Festnetz- und Mobilfunkanbieter eine große Anzahl an Daten, insbesondere Metadaten der von ihnen vermittelten Telekommunikation: Wer hat wann mit wem telefoniert, SMS versendet oder das Internet benutzt? Welchem Nutzer wurde wann welche IP-Adresse zugewiesen? Wo befand sich das Smartphone bei Beginn und Ende eines Gesprächs? Diese Daten sind teils zur Erbringung des Dienstes nötig: Ohne Ortung des Smartphones können weder Sprache noch Daten zu diesem übertragen werden. Die Daten dienen aber auch - meist dann in anonymisierter, aggregierter Form - der Verbesserung der Dienste. Beispielsweise lässt sich durch eine summarische Auswertung aller mobilen Datenverbindungen ermitteln, in welchen Mobilfunkzellen der Traffic in den letzten Monaten besonders stark angestiegen ist, und folglich bald eine generelle Überlastung droht, wenn die Kapazität dieser Zellen nicht vorsorglich durch zusätzliche Antennen erweitert wird.
Die freiwillig gespeicherten Daten werden aber auch an die Ermittlungsbehörden beauskunftet, wenn diese bei Verdacht auf Straftaten darum bittet. Nicht immer sind die Daten nützlich. Im aktuell in den Medien diskutierten Fall der in Berlin verschwundenen Rebecca Reusch ergab die Auswertung der zu ihrem Smartphone gespeicherten Daten beispielsweise keinen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort, weil das Gerät recht bald nach ihrem Verschwinden abgeschaltet wurde.