Schub

Merkels Digitalstrategie: "Verwaltung muss sehr viel lernen"

Verliert Deutschland bei der Digitalisierung den Anschluss? Die Bundesregierung will jetzt gegensteuern. Das Kabinett kümmert sich bei einer Klausur gezielt um dieses Thema. Die Kanzlerin gibt schon mal die Richtung vor.
Von dpa /

Bundeskanzlerin Merkel kommt zur Klausurtagung der Bundesregierung zur Digitalstrategie nach Potsdam. Bundeskanzlerin Merkel kommt zur Klausurtagung der Bundesregierung zur Digitalstrategie nach Potsdam.
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Das Bundeskabinett trifft sich ab heute zu einer zweitägigen Digitalklausur in Potsdam. Unter anderem soll eine Strategie beschlossen werden, die Deutschland zum führenden Forschungsstandort für Künstliche Intelligenz machen soll. Die Minister diskutieren zudem, wie mehr Verwaltungsleistungen digitalisiert werden können. Ziel ist es, rund um die Uhr für die Bürger erreichbar zu sein - um das Auto umzumelden, Personalausweise zu beantragen oder Kinder nach der Geburt anzumelden zum Beispiel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Politik angesichts des rasanten digitalen Wandels vor großen Herausforderungen. Es gehe darum, wie das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert gehalten werden könne, sagte die CDU-Vorsitzende am Dienstagabend beim "Wirtschaftsgipfel" der "Süddeutschen Zeitung".

Bei der Digitalisierung müsse es "Leitplanken" geben. Dazu müsse die Politik aber "Prozesse" verstehen und sich Hilfe auch von außen holen. Strukturen kämen durcheinander, es sei die Aufgabe von Politik, Vertrauen in einer neuen Zeit zu schaffen. In der Finanz- und Eurokrise sowie der Migrationspolitik aber sei viel Vertrauen verloren gegangen. Die Menschen wollten "Sicherheit in der Disruption" - also bei grundlegenden Umbrüchen.

Merkel will Innovationsschub bei Digitalisierung

Bundeskanzlerin Merkel kommt zur Klausurtagung der Bundesregierung zur Digitalstrategie nach Potsdam. Bundeskanzlerin Merkel kommt zur Klausurtagung der Bundesregierung zur Digitalstrategie nach Potsdam.
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Deutschland und Europa seien nicht mehr die "Technologietreiber", die Erfindungen kämen aus Asien und den USA. Deswegen dürfe man aber nicht pessimistisch sein, sagte Merkel. Deutschland habe eine starke Industrie.

Merkel forderte im Nachrichtenportal t-online.de einen Innovationsschub bei der Digitalisierung. "Deutschland und Europa müssen in Zukunft führender Standort für Künstliche Intelligenz sein", sagte sie. "Davon hängt ganz wesentlich unser künftiger Wohlstand ab und die Frage, ob und wie wir unsere europäischen Werte von der Würde jedes einzelnen Menschen und dem Schutz der Privatsphäre auch im digitalen Zeitalter verteidigen können."

Bereits jetzt sei Deutschland bei der Forschung zur Künstlichen Intelligenz international in der Spitzengruppe. "Wir müssen sowohl konsequent in die Forschung investieren als auch besser in der Anwendung werden", sagte Merkel. Die Umsetzung digitaler Projekte in Deutschland müsse beschleunigt werden. Die politischen Prozesse auch in der Verwaltung müssten schneller werden. "Die öffentliche Verwaltung wird in den kommenden Jahren viel lernen müssen."

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mahnte angesichts rasanter Veränderungen der Arbeitswelt durch Digitalisierung mehr Weiterbildung an. "Es geht darum, Arbeitslosigkeit im digitalen Wandel zu vermeiden, bevor sie entsteht", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Nach dem "Fachkräftemonitor" seines Ministeriums würden bis 2025 rund 1,6 Millionen Jobs wegfallen, gleichzeitig entstünden aber mehr als 2,3 Millionen neue Arbeitsplätze. "Die Arbeit wird uns also nicht ausgehen, es wird aber andere Arbeit sein." Die entscheidenden Stellschrauben seien Qualifizierung und Weiterbildung.

Studie: Künstliche Intelligenz trägt enorm zu Wachstum bei

Künstliche Intelligenz hat laut einer aktuellen Studie größeres Potenzial für das Wirtschaftswachstum als alle technologischen Entwicklungen zuvor. In Deutschland könne die Technologie bis 2030 das jährliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,3 Prozentpunkte steigern, schätzt das Beratungshaus McKinsey. Damit liege das Potenzial hierzulande leicht über dem globalen Durchschnitt (1,2 Prozentpunkte) und damit gleichauf mit China. Doch China investiere aktuell deutlich mehr. Und vorne lägen die USA (1,5 Prozentpunkte) sowie Schweden (1,7 Prozentpunkte).

"Deutschland verfügt über genügend Kapazitäten, um Innovation in großem Maßstab realisieren und die Vermarktung von KI-Lösungen beschleunigen zu können", sagte Peter Breuer von McKinsey in Köln. Bedarf sieht der Marktbeobachter jedoch bei Investitionen in Forschung und Entwicklung. 2017 seien bereits 48 Prozent der weltweiten Investitionen für Start-ups, die sich mit KI befassen, in chinesische Gründungen geflossen.

Insgesamt erwarten die Marktanalysten bis 2030 von Anwendungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz einen zusätzlichen globalen Wertschöpfungsbeitrag in Höhe von 13 Billionen Dollar. Laut früheren Berechnungen von McKinsey haben Technologieriesen wie Google oder Baidu bereits im Jahr 2016 bis zu 30 Milliarden Dollar für KI-Forschung ausgegeben.

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