Breitbandausbau: Wenn der Frost die Glasfaser bricht
Waldshut-Tiengen liegt zwischen Hochrhein und Schwarzwald, an der Grenze zur Schweiz. Die Landschaft um die 24 000 Einwohner große Kreisstadt gleicht Postkartenmotiven aus dem Urlaub. In diesen Tagen stören jedoch Bagger und Bauarbeiter das Voralpenidyll. Die Telekom verlegt zwischen einigen Ortsteilen bis zu den Hauptverteilern Glasfaser (FTTC), um über 700 Haushalten und mehr als 170 Gewerbetreibende mit 50 bzw. 100 MBit/s zu versorgen. Das bedeutet, dass 36 Kilometer Glasfaserkabel mittels 25 Kilometer Tiefbau in vorwiegend felsigen Grund verlegt werden müssen.
Die Arbeiter sind bei Wind und Wetter draußen. Aber bei Bodenfrost sind auch sie machtlos. „Wenn wir bis zu einem Meter Frost haben, wird es schwierig mit dem Tiefbau“, erklärt Telekom-Bauleiter René Fischer. Nicht nur das: Bei Temperaturen unter fünf Grad Celsius wird Glasfaser spröde und bricht. Sie kann nicht mehr eingeblasen werden. Dagegen gibt es jedoch ein Hilfsmittel: „Die Tiefbaufirmen müssen die Kabel vorwärmen“, erklärt Fischer. Dafür werden sie in einer warmen Halle gelagert. Dadurch gefriert die Schmierflüssigkeit in den Kabeln nicht und die Fasern brechen nicht beim Einblasen ins Leerrohr.
Erfolgreiche Vorvermarktung in Dinklage
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (l.), seine Digitalministerin Kristina Sinemus und Vodafone-CEO Hannes Ametsreiter mit der Absichtserklärung für den Kabelnetzausbau
Vodafone
Um den Ausbau in Waldshut-Tiengen hat sich nur die Telekom beworben. In Zukunft könnte sie jedoch auch bei solchen Projekten Konkurrenz bekommen, denn mit der Deutschen Glasfaser und inexio fusionieren zwei Unternehmen, die den Glasfaserausbau in Deutschland maßgeblich voranbringen. Deutsche Glasfaser plant in Dinklage ein FTTH-Netz, nachdem die Vorvermarktung in die Verlängerung erfolgreich endete. Der neue Partner inexio hat unlängst im Leininger Land die Markterkundung gestartet. Entscheiden sich 20 Prozent der Haushalte für einen Glasfaseranschluss, will inexio schon im Juni 2020 mit dem Ausbau beginnen. „Dann wird im September der erste Ort bereits komplett mit Glasfaseranschlüssen versorgt sein“, sagt Anja Genetsch, Abteilungsleiterin kommunaler Vertrieb bei inexio.
Im Landkreis Mainz-Bingen hat inexio den nächsten Ausbauschritt für rund 630 Adressen, in Ingelheim am Rhein, der Gemeinde Budenheim und der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim gestartet. Nach zwei Jahren Bauzeit können dann unter anderem 17 Schulen über Glasfaser im Internet surfen. Dafür werden 150 Kilometer Leerrohre verlegt. Im Rhein-Pfalz-Kreis sind es zehn Kilometer mehr. Hier sorgt inexio für einen Lückenschluss, mit dem weitere rund 400 Haushalte Highspeed Internet bis 1 GBit/s erhalten. „Parallel zu den Tiefbauarbeiten werden wir in den Orten bereits mit der Installation der erforderlichen Aktivtechnik beginnen“, erläuterte Katja Kiefer, Vertrieb Kommunen bei inexio.
Glasfaserausbau bei Frost und Kälte
Glasfaser von Hessen bis Hamburg
Auch die Konkurrenz ist nicht in den Winterschlaf gefallen. Vodafone strebt für dieses Jahr an, im hessischen Kabelnetz 1,8 Millionen Haushalte mit Gigabit-Geschwindigkeiten zu versorgen. Bisher konnten nur in Frankfurt 345 000 Kabelhaushalte mit solchen Geschwindigkeiten im Internet surfen. Am 12. Februar 2020 kamen weitere 160 000 Kabelhaushalte in Wiesbaden, Offenbach und Darmstadt hinzu. Damit das Ziel erreicht wird, haben Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und die Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Kristina Sinemus, mit Vodafone-CEO Hannes Ametsreiter eine Absichtserklärung unterzeichnet.
Darüber hinaus erschließt Vodafone eine ganze Reihe an Gewerbegebieten, von Ratingen über Münster bis Karlsruhe, Trier und Waren. Über 2400 Unternehmen erhalten einen FTTB-Anschluss, darunter auch 140 Unternehmen im Hamburger Hafen zwischen Ellerholzdamm und Reiherdamm. Das Hafengebiet der Hansestadt war einst ein Vorzeigeprojekt der Telekom. Vodafone will zudem weitere 100 Unternehmen am Veddeler Damm anschließen, wenn sich 30 von ihnen für einen Vertrag mit dem Düsseldorfer Telekommunikationsunternehmen entscheiden.
Dormagen und Wedemark bekommen Highspeed
Netzbetreiber envia TEL will Unternehmen in Mittweida Bandbreiten bis 10 GBit/s anbieten
envia TEL
Darüber hinaus sind auch viele regionale Netzbetreiber im Winter unterwegs. In Dormagen wollen NetCologne und die EVD Energieversorgung Dormagen 280 Objekte der Baugenossenschaft Dormagen mit insgesamt 2100 Wohnungen an das seit 2019 im Bau befindliche Glasfasernetz anschließen. Die ersten Kunden können seit Kurzem mit bis zu 1 GBit/s online gehen. M-net hat den Ortsteil Weißenbach in der Gemeinde Neunkirchen am Sand ans Netz genommen. Ab sofort können die Weißenbacher mit Bandbreiten bis 300 MBit/s surfen. Der Ausbau wurde mit Mitteln im Rahmen des bayerischen Förderprogramms unterstützt.
In Mittweida ist seit Anfang Februar 2020 die envia TEL aktiv, um Unternehmen Übertragungsgeschwindigkeiten bis 10 GBit/s anzubieten. Voraussichtlich Ende Juni 2020 wird der Ausbau des Breitbandnetzes fertiggestellt sein. Und auch in der Wedemark wird sich bald etwas in Sachen Breitband tun. Die Orte Elze, Bennemühlen, Bestenbostel und Oegenbostel haben in der Vorvermarktung die Zielmarke von 40 Prozent überschritten. Hier wird nun die Deutsche Glasfaser zusammen mit dem regionalen Netzbetreiber htp Glasfaser bis in die Häuser verlegen. Das Netz und die Hausanschlüsse baut Deutsche Glasfaser, htp mietet und betreibt das Netz. Noch in diesem Jahr soll der Ausbau abgeschlossen werden – also bevor der nächste Winter kommt.