Urteil

Landgericht Hamburg lässt BitTorrent-Tracker abschalten

Das Landgericht Hamburg hat drei große BitTorrent-Tracker abschalten lassen. Während die Musik­industrie das Urteil als wichtigen Sieg feiert, sind Technologie­interessierte über die Entscheidung der Richter entsetzt.
Von Marie-Anne Winter

Das Landgericht Hamburg hat drei große BitTorrent-Tracker abschalten lassen. Das Landgericht Hamburg hat drei große BitTorrent-Tracker abschalten lassen.
Bild: dpa
Die Musikindustrie feiert das Urteil als großen Sieg, Technologie­interes­sierte dagegen sind entsetzt: Ein deutscher Provider wurde gezwungen, die Server einiger großer BitTorrent-Tracker zu schließen. Konkret geht es um die Tracker OpenBitTorrent, PublicBitTorrent und Istole.it. Vertreten wurde der Bundesverband der Musikindustrie [Link entfernt] vor dem Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 310 O 11/15) von den bekannten Abmahnanwälten Rasch.

Das Landgericht Hamburg hat drei große BitTorrent-Tracker abschalten lassen. Das Landgericht Hamburg hat drei große BitTorrent-Tracker abschalten lassen.
Bild: dpa
Der Kampf der Musikindustrie gegen den illegalen Tausch von Musik und Filmen richtet sich damit nicht mehr nur gegen die Betreiber von BitTorrent-Suchseiten und deren Nutzer, sondern jetzt also auch gegen Werkzeuge wie BitTorrent-Tracker. Die Tracker helfen in den BitTorrent-Netzwerken beim Auffinden bestimmter Dateien. Ohne sie wäre es für die Nutzer viel schwieriger, die Angebote von Uploadern zu finden.

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie e.V., Dr. Florian Drücke, erklärt dazu: "Bislang standen beim Thema urheberrechtswidrige Musiknutzung vor allem die Betreiber von BitTorrent-Suchseiten im Vordergrund, ein prominentes Beispiel für solche Seiten ist The Pirate Bay. Unser neuer, etwas erweiterter Fokus bezieht nun auch weitere Beteiligte des BitTorrent-Netzwerks ein, namentlich die Betreiber der BitTorrent-Tracker. Ohne die Tracker, die Anbieter und Suchende überhaupt erst miteinander verbinden, sind illegal angebotene Inhalte erheblich schwerer zu finden, entsprechend werden nach diesem Erfolg nun Urheberrechtsverletzungen im Digitalen Raum weiter erschwert."

Provider zur Auskunft gezwungen

Weil die Betreiber der Tracker selbst nicht auffindbar waren, ist die Musikindustrie gegen die Hostingprovider vorgegangen. Mehr als 30 Millionen Internetuser sollen über diese Server Inhalte untereinander getauscht haben. Nach Ansicht der Musikindustrie handelte es sich dabei zum größten Teil um urheberrechtlich geschützte Inhalte. Wenn diese Praxis sich durchsetzt, könnte die Musikindustrie das gesamte BitTorrent-System lahmlegen: Ohne Tracker wird es für die Nutzer viel schwieriger Dateien untereinander zu tauschen.

Dazu der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke: "Die Entscheidung der Hamburger Richter erstaunt mich. Offenbar gehen die Hanseaten davon aus, dass Bittorrent Tracker per se etwas Illegales seien. Dem ist nicht so. Es kann natürlich sein, dass auch der Zugang zu illegalen Inhalten über einen Bittorrent Tracker vermittelt wird. Grundsätzlich handelt es sich dabei allerdings nur um eine Technologie, die Informationen durchleitet bzw. miteinander verknüpft." Mit dem gleichen Argument, mit dem nun Bittorrent-Tracker abgeschaltet werden, könnte man in letzter Konsequenz beispielsweise auch der Telekom verbieten, weiterhin Internetzugänge an Endkunden zu vermitteln, sofern darüber Urheberrechtsverletzungen begangen werden. Dreh- und Angelpunkt müsse hier die Frage sein, ob der Betreiber des Bitorrent Trackers hier zumutbare Prüfpflichten verletzt hat.

Technologiefeindliches Urteil

Die Betreiber von Internetzugängen würden hingegen regelmäßig vortragen, dass sie unmöglich den gesamten Datenverkehr ihrer Kunden überwachen können - und das auch gar nicht dürfen. Gleiches müsse aber auch für Betreiber eines BitTorrent-Trackers gelten. Offenbar sehe die Musikindustrie das gesamte BitTorrent-Netzwerk als "böse" an. Das sei so nicht nachvollziehbar. Filesharing-Dienste wie BitTorrent stellten mittlerweile eine ausgereifte Technologie zum Austausch großer Datenmengen dar. Das neuerliche Urteil aus Hamburg ist nach Ansicht von Solmecke technologiefeindlich und verkennt die faktischen Überwachungsmöglichkeiten für die Betreiber eines Tracker-Dienstes. Zu beachten sei jedoch, dass sich das vorliegende Verfahren nicht unmittelbar gegen den Betreiber des Trackers, sondern vielmehr gegen seinen Host-Provider richte - also denjenigen, der die Tracker-Software auf seinen Servern installiert habe.

Die Abschaltung des kompletten Dienstes, wie sie hier vom Host-Provider vorgenommen worden sei, hätte wohl vom Tracker-Betreiber selbst kaum verlangt werden können. Urteile, die sich mit dem Betrieb von Bittorrent-Trackern beschäftigen, sind in Deutschland noch selten. Für Furore hatte im Jahr 2014 eine Entscheidung des OLG Saarbrücken gesorgt: Dabei wurde der Registrar einer Tracker-Domain dazu verpflichtet, die Domain nicht länger mit der IP-Adresse des Trackers zu konnektieren. Die jetzige Entscheidung aus Hamburg reihe sich in diese technologiefeindliche Rechtsprechung ein und führe dazu, dass der rechtssichere Betrieb eines BitTorrent-Trackers derzeit in Deutschland kaum noch möglich erscheine.

Mehr zum Thema Urteil