Rückblick

1800-MHz-Frequenzen schon 400 Prozent teurer als 2010

Bei der Mobilfunk-Frequenzauktion sind vor allem die 1800-MHz-Frequenzen begehrt. 2010 war das ganz anders. Wir zeigen, warum die Mobilfunkanbieter heute ein Vielfaches für das Frequenzband bieten.
Von Thorsten Neuhetzki

Kampf um weitere LTE-Frequenzen Kampf um weitere LTE-Frequenzen
Foto: Deutsche Telekom
Die ersten sechs Tage oder auch 70 Runden der Mobilfunk-Frequenzauktion in Mainz sind vorbei, doch die Frequenzen um 1800 MHz sind schon jetzt mehr als 400 Prozent teurer, als bei der letzten Auktion 2010. Dabei gab es damals nur fünf Frequenzblöcke zu ersteigern während es heute zehn Blöcke sind. Wir zeigen Ihnen den Unterschied zwischen den Auktionen und warum das Bietverhalten heute anders ist.

Als 2010 die Auktion anstand, wurden insgesamt 2 x 25 MHz Spektrum im 1800-MHz-Bereich versteigert. Bis damals galt das Frequenzband als reines GSM-Band, UMTS war "nebenan" im Frequenzband um 2000 MHz zu finden, LTE noch nicht verfügbar. Viele gingen davon aus, die neuen Frequenzen würden nur zur Kapazitätserweiterung von GSM genutzt. Doch besonders die Telekom stellte es clever an: Sie ersteigerte drei der fünf Frequenzblöcke und realisierte auf ihnen LTE statt GSM. So hatte die Telekom schnell ein zusätzliches Spektrum, um in Städten mit einer akzeptablen Senderdichte viel Kapazität anzubieten.

Telefónica und Telekom behalten Frequenzen

Kampf um weitere LTE-Frequenzen Kampf um weitere LTE-Frequenzen
Foto: Deutsche Telekom
Auch E-Plus ersteigerte sich zwei Blöcke, setzte diese aber erst viel später für LTE ein. Das aber freut heute Telefónica. Der Anbieter hat die beiden Frequenzblöcke durch die Übernahme von E-Plus erhalten und kann diese künftig auch einsetzen. Entsprechend entspannt können auch Telekom und Telefónica heute in der Auktion sein: Sie gehen nicht die Gefahr ein, ab 2017 komplett ohne 1800er-Frequenzen zu sein. Anders Vodafone, die heute schon nur 2 x 5 MHz in diesem Bereich nutzen - und das auch nur für die Telefonie.

Diese Konstellation treibt die Preise im 1800-MHz-Block. Zum Vergleich: Die fünf Frequenzblöcke zusammen kosteten 2010 gerade einmal 104,355 Millionen Euro. Aktuell ist der günstige Frequenzblock für 107,698 Millionen Euro zu haben - den 1800 J im DECT-Schutzabstand aufgrund seiner Auflagen außen vor gelassen.

Derzeitige Verteilung der Mobilfunkfrequenzen

Frequenz-
bereich
Zuteilungs-
inhaber
Spektrum für GSM
Zuteilung bis Ende 2016
Spektrum technologieneutral
Zuteilung bis Ende 2020
Spektrum technologieneutral
Zuteilung bis Ende 2025
800 MHz Telekom - - 2 x 10 MHz (LTE)
Vodafone 2 x 10 MHz (LTE)
Telefónica 2 x 10 MHz (LTE)
900 MHz Telekom 2 x 12,4 MHz (GSM) - -
Vodafone 2 x 12,4 MHz (GSM)
Telefónica 2 x 10 MHz (GSM)
1800 MHz Telekom 2 x 5 MHz (GSM) - 2 x 15 MHz (LTE)
Vodafone 2 x 5,4 MHz (GSM) -
Telefónica 2 x 34,8 MHz (GSM) 2 x 10 MHz (LTE)
2000 MHz Telekom - 2 x 9,9 MHz (UMTS) 1 x 5 MHz (ungenutzt)
Vodafone 2 x 9,9 MHz (UMTS) 2 x 4,95 MHz (UMTS)
1 x 5 MHz (ungenutzt)
Telefónica 2 x 19,8 MHz (UMTS) 2 x 14,85 MHz (UMTS)
1 x 5 MHz (ungenutzt)
1 x 14,2 MHz (ungenutzt)
2600 MHz Telekom - - 2 x 20 MHz (LTE)
1 x 5 MHz (ungenutzt)
Vodafone 2 x 20 MHz (LTE)
1 x 25 MHz (ungenutzt)
Telefónica 2 x 30 MHz (LTE)
1 x 20 MHz (ungenutzt)
3500 MHz Telekom - - -
Vodafone -
Telefónica 2 x 30 MHz (ungenutzt)
(bis Ende 2021)

Gestiegener Datenhunger fordert die Netzbetreiber

Noch ein weiterer Faktor dürfte die Netzbetreiber dazu anhalten, derzeit viel für 1800 MHz auf den Tisch zu legen: Der Datenhunger der Kunden. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden 2010 65 Millionen GB in den Mobilfunknetzen übertragen, vergangenes Jahr waren es schon 393 GB.

Unklar ist, ob und wie stark die Netzbetreiber ab 2017 die 1800-MHz-Frequenzen weiterhin für GSM einsetzen. Einerseits wird die Kapazität für die Telefonie benötigt, andererseits fordern die Kunden höhere Datenraten. Diese ließen sich auf dem 1800-MHz-Band bestens und schnell realisieren - und die Kunden haben im besten Fall schon LTE-1800-Geräte in der Hosentasche. Bis LTE 700 eingesetzt werden kann, vergehen noch einige Jahre, die 900-MHz-Frequenzen benötigen die Anbieter noch einige Jahre für das GSM-Basis-Netz.

Soll also weiterhin GSM auf 1800 MHz betrieben werden, bräuchten die Netzbetreiber mindestens drei Frequenzblöcke. Damit könnten sie GSM und LTE mit 50 MBit/s anbieten. Perspektiv fordern die Kunden aber höhere Datenraten, die mehr Frequenzen erfordern. Hier zeigt sich, dass insbesondere Vodafone unter Zugzwang steht, da die beiden anderen Netzbetreiber schon gut mit Frequenzen ausgestattet sind.

2010er Auktion konzentrierte sich auf 800 MHz

Insgesamt legten die Netzbetreiber 2010 4,385 Milliarden Euro auf den Tisch. Dass 3,576 MiIliarden Euro davon für die 800-MHz-Frequenzen gezahlt wurden, macht die Fokussierung der Netzbetreiber bei dieser Auktion deutlich. Die konnten mit LTE 800 hohe Datenraten in die Fläche bringen. Bis dato war UMTS um 2000 MHz das einzige Mittel dazu, LTE 1800 sollte folgen. Beide Frequenzen haben jedoch für eine Flächenversorgung zu schlechte Ausbreitungseigenschaften, viele dicht beieinander stehende Sender sind die Folge.

Weitere knapp 258 Millionen Euro zahlten die Netzbetreiber übrigens für die Frequenzen um 2600 MHz. Sie werden heute von den Netzbetreibern in den Städten und insbesondere an Hotspots eingesetzt, wo viel Traffic generiert wird. Jüngstes Beispiel: Die Versorgung des Olympiastadions in Berlin mit LTE.

Hintergrund-Informationen in weiteren Texten

Im Rahmen der Mobilfunk-Frequenzauktion haben wir auch zahlreiche Hintergrundinformationen für Sie zusammengestellt. Lesen Sie unter anderem, warum die 700-MHz-Frequenzen für die Netzbetreiber problematisch sind, welche der Frequenzen sich künftig für welche Zwecke nutzen lassen und die wichtigsten Fakten zur Auktion im Überblick. Außerdem erfahren Sie, warum jeder Netzbetreiber Deutschland künftig zu 98 Prozent versorgen muss.

Korrekturhinweis: In einer ersten Version dieser Meldung hieß es fälschlicher Weise, die Frequenzen seien schon 500 Prozent teurer als 2010. Dabei handelte es sich um eine falsche Berechnung, korrekt sind 400 Prozent.

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