freenet Funk im Härtetest: In zwei Tagen 1,2 TB gesaugt
freenet Funk im Härtetest
Bild: freenet Funk, Screenshot: teltarif.de
Nach dem Start von freenet Funk haben sich zahlreiche Interessenten der deutschlandweit momentan günstigsten mobilen unlimitierten Internet-Flatrate eine SIM-Karte bestellt.
Doch Mitte Juli kam der Hammer: Vielnutzer von freenet Funk beklagten, dass ihnen der Mobilfunkanschluss vom Provider gekündigt wurde. Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurden von freenet Funk nachträglich dahingehen erweitert, dass der mobile Internetzugang nur mit Smartphones, Tablets oder sonstigen Geräten genutzt werden darf, die eine mobile Nutzung unabhängig von einem permanenten kabelgebundenen Stromanschluss ermöglichen (also z.B. nicht in stationären LTE-Routern).
freenet Funk rechtfertigte daraufhin sein Verhalten und erläuterte, den Tarif anbieten zu können sei eine enge Kiste gewesen. freenet Funk will aber auch auf Kunden-Nachfrage keine Datenobergrenze nennen und weiter mit "unlimited" werben. Als DSL-Ersatz sei der Tarif aber nicht gedacht.
freenet Funk im Härtetest
Bild: freenet Funk, Screenshot: teltarif.de
Bislang keine klaren Kriterien für Kündigung
Da freenet Funk auch unserer Redaktion gegenüber keine konkrete Angabe machen wollte, nach welchen Kriterien Kündigungen ausgesprochen werden oder nach welchem "Fehlverhalten" Kunden mit einer Kündigung rechnen müssen, bestellten wir uns eine SIM-Karte von freenet Funk für einen Härtetest.
Denn offenbar gibt es auch gekündigte Kunden, die ihre SIM niemals in einem stationären LTE-Router benutzt haben und trotzdem gekündigt wurden. Es ist also für die betroffenen Kunden nach wie vor völlig unklar, ob die übertragene Datenmenge, das verwendete Endgerät oder andere noch unbekannte Kriterien zur Kündigung geführt haben.
Aus AGB-Sicht muss man allerdings sagen, dass eine im Vertrag vereinbarte tägliche Kündigungsfrist (auch ohne Angabe von Gründen) immer auch für den Anbieter gilt und nicht nur für den Kunden. Strenggenommen muss freenet Funk für seine Kündigungen also gar keinen Grund nennen. Ärgerlich ist eine überraschende Kündigung für die Betroffenen trotzdem, insbesondere wenn man seine Rufnummer zu freenet Funk portiert hat und sich nun bereits nach kurzer Zeit wieder um die Weiterportierung zu einem neuen Anbieter kümmern muss.
Speed-Messung mit freenet Funk im o2-Netz
Screenshot: teltarif.de
Der Härtetest - unser Testaufbau
Um eine unlimitierte Datenflat einmal so richtig zu "strapazieren" mussten wir uns überlegen, wie wir die SIM über mehrere Stunden etwas aus dem Internet saugen lassen können, was auch einen hohen Datenverbrauch bewirkt. Dies wäre mit TV-Live-Streaming zu bewerkstelligen. waipu.tv gibt beispielsweise an, dass beim Streaming von HD-Sendern ca. 3 GB pro Stunde verbraucht werden. Nach einem Kalendertag wäre man damit bei rund 72 GB. Um damit die von Betroffenen angegebene persönliche "Kündigungsgrenze" von etwa 500 GB zu erreichen, würde der Test rund eine Woche dauern.
Wir entschieden uns daher für einen Download-Test, wenngleich dieses Szenario auch nicht unbedingt für die Mehrheit der Kunden realistisch sein dürfte. Nach der Freischaltung der freenet-Funk-SIM legten wir sie zunächst in ein Smartphone und maßen in unserer innerstädtischen Testumgebung eine ordentliche Downstreamrate im Telefónica-Netz von 90 bis 100 MBit/s. Anschließend legten wir die SIM in den mobilen Router Alcatel MV40V, der auch schon als congstar Homespot vermarktet wurde und bis zu 150 MBit/s im Downstream erlaubt.
Auf zwei Internetseiten entdeckten wir Testdateien mit einer Größe von 1 TB (in Worten: ein Terabyte) zum Download. Eine Seite wird vom Landeshochschulnetz Baden-Württemberg betrieben, die andere von Tele2. Beide Server haben eine Anbindung mit rund 10 GBit/s.
Das Heruntersaugen per Linux-Konsole beginnt
Screenshot: teltarif.de
Download-Test über Linux-Konsole
Da moderne Laptops über SSDs mit 256 oder 512 GB verfügen, wäre es nur mit einem externen Speichermedium überhaupt möglich, eine 1-TB-Datei zu speichern. Unter Linux gibt es aber den Befehl wget für Downloads, und diesen kann man so konfigurieren, dass die Datei zwar heruntergeladen, aber nicht gespeichert, sondern sofort wieder gelöscht wird. Und die auf den Servern gehosteten 1-TB-Dateien muss man auch gar nicht speichern, weil sie ohnehin nur einen unsinnigen Inhalt haben.
Interessanterweise kann man unter Windows 10 über den Microsoft Store ganz einfach Linux-Distributionen wie Ubuntu als Windows-App herunterladen und benutzen, ohne mühsam eine Virtualisierungslösung zu installieren. Damit die Linux-Apps funktionieren, muss allerdings einmalig das Windows-Subsystem für Linux installiert werden. Wie das geht, hat Microsoft in einer Anleitung erläutert.
Nachdem wir auf unserem Laptop das Windows-Subsystems für Linux installiert hatten, installierten wir die Ubuntu-App. Ubuntu ist dann allerdings nur über die Kommandozeile steuerbar, grafische Benutzeroberflächen gibt es in der Windows-10-App nicht.
Schließlich verbanden wir den Laptop mit dem WLAN des mobilen Alcatel-Routers und gaben auf der Ubuntu-Befehlszeile den Befehl wget -O /dev/null http://speedtest.belwue.net/1000G ein. Wer den Tele2-Server nutzen will, verwendet den Befehl wget -O /dev/null http://speedtest.tele2.net/1000GB.zip.
Ergebnis: 1,2 TB gesaugt - bis jetzt keine Kündigung
Unseren Test begannen wir am Samstagnachmittag, beim ersten Durchgang brach der Test allerdings nach rund 170 GB ab. Wir starteten einen zweiten Durchlauf - und dieser wurde mit dem vollständigen Download der 1-TB-Datei in der Nacht von Sonntag auf Montag nach rund 42 Stunden abgeschlossen. Insgesamt haben wir innerhalb von etwa 50 Stunden also rund 1,2 TB an Daten heruntergesaugt.
Nach dem Test nutzten wir den Tarif noch einen Tag lang für die reguläre Arbeit und pausierten ihn dann. Bis jetzt haben wir keine Kündigung erhalten, obwohl 1,2 TB in einem so kurzen Zeitraum weit über das hinausgehen, was uns gekündigte Kunden an übertragenem Datenvolumen genannt haben. Auf jeden Fall werden wir in der kommenden Zeit weitere Tests mit der SIM-Karte durchführen.
Da unser Härtetest wie erwartet heftige Diskussionen ausgelöst hat, reagieren wir darauf in einem nachfolgenden Artikel. Dort erläutern wir auch, was ein Anwalt zur nachträglichen Änderung der AGB sagt.
Eine "hauseigene" Alternative für gekündigte freenet-Funk-Kunden ist übrigens der unlimitierte mobilcom-debitel-Tarif green LTE 2GO, den es auch mit monatlicher Kündbarkeit gibt und mit dem man auch einmal einen derartigen Test durchführen könnte.