Verbannt

Editorial: Wird das unsinnige Laptop-Verbot noch ausgeweitet?

Künftig sollen auch auf Flügen aus Europa in die USA Laptops aufgegeben werden müssen. Sicherer werden Flüge dadurch jedoch nicht. Lesen Sie, warum!
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Laptop-Verbot im Handgepäck sinnlos Laptop-Verbot im Handgepäck sinnlos
Bild: Thomas Michel / teltarif.de
Sicherheit hat in der kommerziellen Luftfahrt aus gutem Grund oberste Priorität. Schon durch einen vergleichsweise kleinen Fehler können hunderte Menschen in den Tod gerissen werden. Wiederholt haben in der Vergangenheit an Bord geschmuggelte Bomben ein Flugzeug zum Absturz gebracht. Deswegen werden alle Passagiere beim Einsteigen gründlich kontrolliert. Wegen der Gefahr, dass Terroristen aus mehreren Flüssigkeiten erst an Bord gefährliche Sprengsätze herstellen, ist auch schon seit Jahren die Mitnahme größerer Mengen an Flüssigkeiten verboten. Die kritischen Vorläufermaterialien können von den Gepäckscannern nicht oder zumindest nicht zuverlässig erkannt werden.

Ein neues altes Bedrohungsszenario ist, dass ein Sprengsatz in einem elektronischen Gerät vor den Scannern versteckt wird. "Alt" ist das Szenario deswegen, weil der PanAm-Flug PA103 am 21.08.1988 auf dem Weg von London nach New York über Lockerbie abstürzte, obwohl nach einer Geheimdienstwarnung für diesen und vergleichbare Flüge nicht nur das Handgepäck, wie damals bereits üblich, sondern auch das Aufgabegepäck durchleuchtet worden war. Die in einem Walkman in einem Koffer versteckte Bombe wurde dabei nicht entdeckt.

Die Gefahr von Sprengsätzen in Elektronikprodukten ist immer noch aktuell. Zwar wurden die Gepäckscanner seit 1988 drastisch verbessert. Zudem setzen die kommerziellen Hersteller von Plastiksprengstoff, allen voran die berühmt-berüchtigte Firma Semtex, ihren Produkten seit dem Lockerbie-Desaster Marker zu, so dass sie in den handelsüblichen Sicherheitsscannern zuverlässig erkannt werden. Andererseits hat sich die Zahl der verschiedenen Elektronik-Produkte in den letzten knapp drei Jahrzehnten drastisch erhöht. Entsprechend der zunehmenden Vielfalt wird es immer schwieriger, Manipulationen an einem konkreten Produkt zu erkennen. Und auch die Sprengstoffentwicklung geht weiter. Es gibt immer mehr bekannte Sprengstoffe, und die Ausgangschemikalien lassen sich heute sicher leichter als früher in der benötigten Menge und Reinheit besorgen, um daraus markerfreien Sprengstoff zu mixen.

Ganz oder gar nicht!

Laptop-Verbot im Handgepäck sinnlos Laptop-Verbot im Handgepäck sinnlos
Bild: Thomas Michel / teltarif.de
Trotz des Vorgenannten bleibe ich bei der Einschätzung, dass das Verbot von Laptops, Tablets, Kameras und anderen großen elektronischen Geräten an Bord von Flügen aus der arabischen Welt nach Großbritannien und in die USA ein Sicherheits-Placebo ist. Die Geräte fliegen ja trotzdem mit, nur im Frachtraum, nicht in der Passagierkabine. Attentäter, die aber über genügend Fachwissen verfügen, um ihren eigenen Sprengstoff zu mixen und diesen in einem Elektronik-Gerät vor den Scannern zu verbergen, werden es auch schaffen, gleich einen automatischen Zünder dazuzubauen, so dass die Bombe im richtigen Moment hochgeht.

Mit einem automatischen Zünder vermeiden die Täter dann auch gleich die "Probleme" (bzw. aus normaler Weltsicht "Glück im Unglück") wie bei Flug D3-159 der Daallo Airlines von Mogadischu nach Dschibuti, wo der Täter die nach unterschiedlichen Medienberichten in einem Laptop oder Rollstuhl an Bord geschmuggelte Bombe zu früh zündete. Im Steigflug konnte die Bombe in einer Höhe von 12 000 Fuß zwar ein großes Loch in die Außenwand reisen, das Flugzeug aber nicht ausreichend beschädigen, um es zum Absturz zu bringen. So konnten die Piloten sicher nach Mogadischu zurückfliegen. Außer dem Täter, der durch sein selbstgesprengtes Loch aus dem Flugzeug gesaugt wurde, überlebten alle anderen Passagiere. Wäre die Bombe auf der Reiseflughöhe von 35 000 Fuß gezündet worden, hätte sie aufgrund der vielfach höheren Druckdifferenz zwischen Kabine und Außenluft mit Sicherheit auch mehr Schaden angerichtet. Womöglich wäre dann ein Absturz die Folge gewesen.

Generell ist es für Scanner schwieriger, Aufgabegepäck zu durchleuchten als Handgepäck, weil Aufgabegepäck größer ist, und die Röntgenstrahlen des Scanners entsprechend mehr harmloses Material (z.B. Kleidung) durchdringen müssen, um eine darin versteckte Bombe zu erkennen. Entsprechend unschärfer werden aber die Anzeigen im Scanner. Und schließlich erhöht der Transport von Elektronikgeräten im Laderaum auch die Brandgefahr: Fängt eine der enthaltenen Lithium-Zellen aufgrund eines Produktionsfehlers Feuer, kann das in der Kabine leichter gelöscht werden als im Laderaum.

Wiederholt wurde gegen das Laptop-Verbot auf Direktflügen vom arabischen Raum nach Großbritannien und in die USA auch das Argument genannt, dass die Täter stattdessen nur einfach eine Umsteigeverbindung über einen europäischen Flughafen wählen müssten, um mit der Bombe dennoch an (bzw. über) ihr Ziel zu gelangen. Gegen den Umsteige-Trick hilft, dass die USA das Laptop-Verbot generell auf alle Flüge aus Europa ausweiten wollen. Freilich hilft das nicht gegen Umsteigeverbindungen via zum Beispiel Japan. Und gegen die Gefahr, dass Bomben in Elektronikgeräten versteckt sind, hilft die Verbannung von Elektronik vom Bord- ins Aufgabegepäck ebenfalls nicht. Hingegen trägt die Elektronik-Verbannung dazu bei, dass die gegängelten Passagiere künftig die USA meiden. Ob das das eigentliche Ziel ist?

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