Ausland

Ein Jahr "Roam like at home": Einige Ausnahmen bleiben

Seit einem Jahr können Mobilfunkkunden in der Europäischen Union ihren Heimattarif ohne Roaming-Zuschläge nutzen. Einige Besonderheiten gilt es nach wie vor, zu beachten.
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Am 15. Juni 2017 ist die EU-Roaming-Verordnung in der aktuellen Fassung in Kraft getreten. Seitdem haben die Mobilfunkkunden die Möglichkeit, ihren heimischen Mobilfunktarif in allen Staaten der Europäischen Union sowie in den EWR-Ländern Liechtenstein, Norwegen und Island zu nutzen, ohne dass dabei Zuschläge für den Auslandseinsatz anfallen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Vertragskunden oder Nutzer von Prepaidkarten handelt.

Einige Einschränkungen gibt es nach wie vor. So sind netzinterne Leistungen wie zum Beispiel Community-Flatrates von der Roam-like-at-Home-Regelung ausgenommen. Wer also beispielsweise einen Tarif nutzt, mit dem er monatlich 200 Gesprächsminuten in alle Netze sowie eine netzinterne Flatrate zur Verfügung hat, kann die 200 Allnet-Minuten im Rahmen der Regulierung in allen EU- und EWR-Staaten nutzen, die netzinterne Flatrate gilt jedoch weiterhin nur dann, wenn er im Heimatnetz eingebucht ist.

Fair-use-Grenze für den Internet-Zugang

Vor einem Jahr startete das EU-Roaming ohne Aufpreis Vor einem Jahr startete das EU-Roaming ohne Aufpreis
Fotos: Gina Sanders/Denis Plaster - Fotolia.com/teltarif,de, Montage: teltarif.de
Eine weitere Beschränkung können die Anbieter für den mobilen Internet-Zugang festlegen. Dabei ist die Fair-use-Grenze im Rahmen der Regulierung genau definiert. Anbieter wie Drillisch oder mobilcom-debitel kommunizieren - beispielsweise in den Roaming-SMS bei Grenzübertritt - diese Regelung, sodass die Provider-Kunden in der Regel nicht ihr komplettes innerdeutsches Datenvolumen im EU/EWR-Roaming zur Verfügung haben.

Telekom, Vodafone und o2 haben bislang auf das Anwenden der Fair-use-Policy verzichtet. Inzwischen gibt es aber auch hier Ausnahmen - etwa für die Kunden, die die Tarife MagentaMobil XL bzw. Red XL mit echten Daten-Flatrates gebucht haben. Hier wenden Telekom und Vodafone die Fair-use-Regelung an, sodass die Kunden im Ausland jeweils 23 GB ungedrosseltes Datenvolumen im Ausland zur Verfügung haben.

Weitere Kostensenkungen in den kommenden Jahren

In den kommenden Jahren wird sich die für die Kunden im EU-Roaming verfügbare Datenmenge vergrößern, zumal diese Werte von den Großhandelspreisen abhängig sind, die die Netzbetreiber untereinander für Daten-Roaming ihrer Kunden berechnen dürfen. Diese Großhandelspreise sinken von gegenwärtig 7,14 Euro pro Gigabyte auf 5,335 Euro im kommenden Jahr bzw. 4,165 Euro im Jahre 2020. Im Falle der Unlimited-Tarife von der Telekom und Vodafone erhöhen sich dadurch die im EU-Ausland nutzbaren Datenvolumen auf 30 GB im Jahr 2019 und 39 GB im Jahr 2020.

Die Telefónica-Marke o2 bietet das "unbegrenzte Weitersurfen" über UMTS nach Verbrauch des Highspeed-Datenvolumens in den Free-Tarifen auch im EU-Roaming an. Hier stehen anders als innerhalb Deutschlands aber nur maximal 256 kBit/s anstelle von 1 MBit/s zur Verfügung.

Telekom StreamOn und Vodafone Pass nicht im Ausland

Telekom und Vodafone schließen zudem das EU-Roaming in den Zero-Rating-Optionen StreamOn und Vodafone Pass aus. Zumindest im Fall der Telekom hat die Bundesnetzagentur den Betreiber zu entsprechenden Nachbesserungen aufgefordert, während die Telekom auf dem Standpunkt steht, dass ein uneingeschränktes EU-Roaming dem StreamOn-Angebot die wirtschaftliche Grundlage entziehen würde. Nun soll das Landgericht Köln über den Fall entscheiden.

Eine Entscheidung des Regulierers zum Vodafone Pass steht noch aus. Allerdings wurde schon im Vorfeld mitgeteilt, nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Telekom zu prüfen. Dabei ist Vodafone für eine entsprechende Anordnung durch die Bundesnetzagentur, die drohen könnte, besser gewappnet. Im "Kleingedruckten" behält sich der Netzbetreiber bereits vor, den Vodafone Pass auch im Ausland anzubieten - begrenzt auf 30 GB Datenvolumen im Monat. Neben der EU gilt die Regulierung auch in den EWR-Staaten Neben der EU gilt die Regulierung auch in den EWR-Staaten
Fotos: Gina Sanders/dimakp - Fotolia.com/teltarif,de, Montage: teltarif.de

Kein Dauer-Roaming

Ausgeschlossen ist beim "Roam like at home" auch die dauerhafte Nutzung eines Mobilfunktarifs außerhalb des Heimatnetzes. Dadurch sollen die Provider vor den hohen Kosten geschützt werden, die durch Dauer-Roaming verursacht werden können. Der Auslandseinsatz der SIM-Karte ohne zusätzliche Kosten ist ausdrücklich für den vorübergehenden Aufenthalt - etwa bei Urlaubs- oder Geschäftsreisen - gedacht.

Genau festgelegt wurden auch die Kosten, die Anbieter für den Fall berechnen dürfen, dass der Kunde seinen Vertrag oder seine Prepaidkarte dauerhaft im Ausland nutzt. So kann der Aufschlag für Telefonate maximal 3,2 Cent pro Minute betragen. Für den SMS-Versand kann 1 Cent pro Kurznachricht berechnet werden.

Regulierung für Auslandsgespräche geplant

Nicht berücksichtigt sind derzeit zudem Telefonate aus dem jeweiligen Heimatnetz ins Ausland. Wer also mit seiner deutschen SIM-Karte beispielsweise von Deutschland aus nach Österreich oder Spanien telefoniert, zahlt je nach Tarif unter Umständen deutlich mehr als für einen Anruf aus den genannten Ländern nach Deutschland.

Allerdings gibt es mittlerweile Bestrebungen, nach denen innerhalb der Europäischen Union auch für Anrufe aus dem Heimatland des Kunden ins Ausland Preisobergrenzen eingeführt werden. Details zu den maximalen Kosten, die für Handygespräche ins europäische Ausland künftig anfallen sollen, haben wir in einer eigenen Meldung zusammengefasst.

Kostenfalle Schweiz

Eine mögliche Kostenfalle ist der Aufenthalt in der Schweiz oder auch nur in Grenznähe zur Eidgenossenschaft, wenn sich die Handys der Nutzer in ein schweizerisches Mobilfunknetz einbuchen. Die Schweiz gehört der EU nicht an und gehört auch nicht zu den EWR-Ländern, in denen die Regulierung ebenfalls gilt. So können bei Nutzung eines schweizerischen Mobilfunknetzes hohe Aufschläge anfallen. Hier müssen Kunden exakt auf die Regelung achten, die bei ihrem Tarif gelten.

Beispiel Telekom: Prepaidkunden können in der Schweiz zwar das innerdeutsche Datenvolumen nutzen, nicht aber die Telefonie- und SMS-Komponenten ihres Tarifs. Für Vertragskunden ist die Schweiz beim "Roam like at home" dabei, sofern die All-inclusive-Option gebucht wird. Diese ist in fast allen MagentaMobil-Tarifen automatisch voreingestellt, in der Fullflat MagentaMobil XL aber nicht einmal auf Wunsch buchbar. Einige Besonderheiten sind beim EU-Roaming weiterhin zu beachten Einige Besonderheiten sind beim EU-Roaming weiterhin zu beachten
Fotos: Gina Sanders/lunglung - Fotolia.com/teltarif,de, Montage: teltarif.de

Großbritannien nach dem Brexit

Unklar ist es derzeit noch, wie es mit dem Roaming in Großbritannien weitergeht, wenn das Vereinigte Königreich wie geplant im kommenden Jahr die Europäische Union verlässt. Denkbar sind längerfristige Übergangsregelungen für International Roaming. Möglich wäre aber auch, dass Großbritannien dann ähnlich wie die Schweiz behandelt wird, sodass Aufpreise für die Mobilfunknutzung auf der Insel anfallen.

Die Telekom hatte im vergangenen Jahr auf Anfrage erklärt, Großbritannien nach dem Austritt aus der EU weiter in der Tarifzone für "roam like at home" zu belassen. Denkbar wäre aber, dass das wie für die Schweiz nicht im Tarif MagentaMobil XL gilt und dass Prepaidkunden mit Einschränkungen rechnen müssen. o2 will "Staaten, die die EU verlassen", gar in die Weltzone 3 einordnen - und damit ähnlich wie die USA und die Ukraine behandeln, mit entsprechend hohen Kosten für die Kunden.

WiFi Calling nicht immer von Vorteil

Nicht zuletzt kann auch WiFi Calling für Telekom- und Telefónica-Kunden zu einer Kostenfalle werden. Bei Vodafone ist die WLAN-Telefonie auf das Heimatnetz beschränkt. Für WLAN-Anrufe gilt immer der innerdeutsche Tarif. Vorteil: Man ist auch weit außerhalb der EU ohne Kosten für eingehende Anrufe erreichbar und kann beispielsweise die Allnet-Flat auch auf Mauritius, in den USA oder Australien nutzen.

Dafür wird auch ein Anruf von der italienischen Ferienwohnung zur Pizzeria um die Ecke wie eine Verbindung von Deutschland nach Italien behandelt. Das kann je nach Tarif teuer werden - zumindest bis die Auslandsgespräche ebenfalls reguliert sind. Über eine klassische Mobilfunkverbindung ist das gleiche Telefonat im Rahmen einer Allnet-Flat kostenlos. Daher empfiehlt es sich, auf WLAN-Anrufe im EU-Roaming zu verzichten und den Dienst über das Menü des Smartphones abzuschalten.

Weitere Details, Tipps und Tricks zur Mobilfunknutzung im Ausland haben wir in unserem Roaming-Ratgeber zusammengestellt.

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