Vernetzter Kontinent

EU-Vorschlag: Alle Telefonate innnerhalb der EU ohne Aufschlag

Vorschläge betreffen auch innereuropäische Festnetzgespräche
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Neelie Kroes setzt sich für einen vernetzten Kontinent ein. Neelie Kroes setzt sich für einen vernetzten Kontinent ein.
Bild: dpa
Das Telefonieren mit dem Handy soll im EU-Ausland ab Juli 2016 grundsätzlich nicht mehr kosten als im Inland. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Telekom­firmen dann frei­willig auf die Roaming-Gebühren für Handytelefonate, SMS und mobile Internet­nutzung verzichten. Tun sie das nicht, müssten sie ihren Kunden unkomp­liziert die zeit­weise Nutzung von Anbietern vor Ort ermöglichen. Für eingehende Anrufe beim Auslands­aufenthalt sollen die Extra­kosten bereits ab Juli 2014 wegfallen. Auch für einen Festnetzanruf über EU-Grenzen hinweg dürften die Firmen demnächst nicht mehr verlangen als für ein Inlandsgespräch.

Gesetzespaket "Vernetzter Kontinent" angekündigt

Neelie Kroes setzt sich für einen vernetzten Kontinent ein. Neelie Kroes setzt sich für einen vernetzten Kontinent ein.
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Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat heute in seiner diesjährigen Rede zur Lage der Union das Gesetzes­paket "Vernetzter Kontinent" angekündigt.

"Weitere deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem europäischen Tele­kommuni­kations­binnen­markt sind dringend notwendig - für die strategischen Interessen Europas, den wirtschaftlichen Aufschwung, für den Telekommunikationssektor selbst und für die Bürgerinnen und Bürger, die über eingeschränkte und unfaire Internetzugänge wie Internet und Mobilfunkdienste frustriert sind", sagte Barroso.

Pläne der Kommission sehen keinen Zwang vor

Einen Zwang für die Unternehmen zur Abschaffung der Roaming-Kosten sehen die Pläne zwar nicht vor. Die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes glaubt aber, dass die Erlaubnis zur zeitweiligen Nutzung von Fremdanbietern im Ausland für die Firmen so unattraktiv ist, dass sie auf die Roaming-Aufschläge verzichten. "Wenn Sie reisen, können Sie einfach einen anderen Anbieter wählen, der Ihnen bessere Tarife gewähren wird - bei Nutzung der gleichen SIM-Karte, der gleichen Rechnung", teilte Kroes am Mittwoch mit. "So oder so, Kunden werden diesen hohen Gebühren entgehen können."

Neelie Kroes sagt weiter: "Das heute vorgeschlagene Gesetzespaket birgt großartige Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in Europa. Die Europäische Kommission sagt nein zu Roamingaufschlägen, ja zur Netzneutralität, ja zu Investitionen und ja zu neuen Arbeitsplätzen. Bei den Vorschriften für den Telekommunikationssektor geht es nicht mehr nur um diesen einen Sektor, sondern um die Untermauerung einer tragfähigen Entwicklung aller Branchen."

Vorschläge bedürfen noch der Zustimmung diverser EU-Gremien

Die Vorschläge benötigen die Zustimmung des Europaparlaments und der 28 EU-Staaten. Doch selbst wenn die Pläne der EU-Kommission dort eine Mehrheit finden, gilt: Der Griff zum Mobiltelefon oder Laptop könnte im Ausland weiterhin ein wenig mehr kosten als daheim. Denn "objektiv gerechtfertigte" Extrakosten könnten die Unternehmen ihren Kunden weiter in Rechnung stellen. Das gilt auch für länderübergreifende Festnetzgespräche.

EU-Kommission will keine Verluste verursachen

Denn die EU-Kommission will den Telekomfirmen mit ihren Roaming-Vorschlägen keine Verluste aufzwingen. "Wenn wir darüber reden, dass die Anbieter Kosten wieder ausgleichen dürfen, dann sprechen wir über sehr geringe Kosten, von einer nationalen Regulierungsbehörde überprüft", erklärte der Sprecher von EU-Kommissarin Kroes. Es dürfte für die Anbieter einfacher sein, diese "winzigen Kosten" gar nicht erst in Rechnung zu stellen.

Netzneutralität: Inhalte dürfen nur in Ausnahmefällen verlangsamt werden

Die EU-Kommission macht auch Vorschläge zur Netzneutralität - also dem Grundsatz, dass Anbieter nicht bestimmten Internetinhalten Vorrang vor anderen einräumen sollen. Die Behörde sieht vor, dass Internetanbieter zwischen Inhalten unterscheiden dürfen und nicht alle Datenpakete zu gleichen Bedingungen transportieren müssen. Nun heißt es, es dürften nur in bestimmten Ausnahmefällen Inhalte verlangsamt oder gar blockiert werden. Als Beispiele nennt die EU-Kommission den Kampf gegen Kinderpornografie oder eine drohende Überlastung des Internets.

EU will, dass Verbraucher profitieren

Der Kunde solle darunter nicht leiden, betonte Kroes: "Alle Netzwerke und Technologien sind unterschiedlich. Das gilt auch für die Bedürfnisse von Verbrauchern. Deshalb bleiben Abonnements mit unterschiedlichen Internetgeschwindigkeiten oder Datenvolumen möglich."

Kritiker bezweifeln derweil, ob Kunden von dem Vorstoß der EU-Kommission wirklich profitieren. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) erklärte bereits am Dienstag, die Kosten für Verbraucher würden nicht sinken, wenn die Firmen die Gebühren an anderer Stelle erhöhten. "Vor solchen Überlegungen kann ich die Telefonkonzerne nur warnen."

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