EU-Kommission: Roaming und Bier trinken
Die für Roaming zuständigen EU-Kommissare Andrus Ansip und Günther Öttinger
Bild: dpa
Wie bereits berichtet, sollen Handynutzer nach einem überarbeiteten
Vorschlag der EU-Kommission ab Mitte 2017 doch ohne zeitliche
Begrenzung kostenfreies Roaming im EU-Ausland nutzen können.
Nach heftiger Kritik hatte die Brüsseler Behörde zuletzt einen ersten
Plan zur Neuregelung der Auslands-Handykosten zurückgezogen. Demnach
waren nur 90 Tage kostenfreies Roaming pro Jahr im EU-Ausland
garantiert. Parlament und Staaten hatten die Neuregelung vergangenes
Jahr beschlossen. Die EU-Kommission sollte lediglich noch Details
Die für Roaming zuständigen EU-Kommissare Andrus Ansip und Günther Öttinger
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ausarbeiten. "Dauerhaftes Roaming" war in dem Beschluss nicht
vorgesehen. Was das bedeutet, sollte die EU-Kommission ausarbeiten.
Roaming ist für Reisende
Jetzt gibt es weitere Details. Noch immer heißt es aber: "Roaming ist für Reisende." Das neue System solle auf Basis des Wohnorts oder einer "festen Verbindung" zu einem EU-Staat basieren. Dazu gehöre etwa, dass die jeweiligen Mobilfunkkunden häufig in dem EU-Staat anwesend sein müssen, in dem der von ihnen genutzte Provider ansässig sei. Anbieter von Telekommunikationsdiensten sollen einschreiten können, wenn ein Nutzer sich ständig in seinem Heimatland aufhält, aber dennoch dauerhaft auf günstigere Roaming-Tarife aus dem Ausland zurückgreife. Die Telekom-Konzerne sollen solche Nutzer darauf ansprechen und für sie einen Aufpreis einführen können. Die Kommission schlägt für diesen Fall maximal 4 Cent pro Gesprächsminute, ein Cent pro SMS und 0,85 Cent pro MB vor.
Verbraucher sollen ihrerseits Einspruchsrechte bekommen, wenn ein Anbieter einen möglichen Missbrauch feststellt und entsprechende Aufschläge berechnen will.
Höhere Preise für alle?
Der endgültige Vorschlag soll nun im Dezember angenommen werden. Zuvor sind Beratungen mit der europäischen Regulierungsbehörde BEREC, den EU-Staaten und weiteren Beteiligten wie Telekom-Unternehmen geplant.
Die EU-Kommission hatte zuvor versucht, einen möglichen Missbrauch der Roaming-Regelung durch das 90-Tage-Limit zu verhindern. Sie hatte argumentiert, eine längere Nutzungsfrist könne Missbrauch ermöglichen: Nutzer könnten sich einfach in einem EU-Land mit besonders günstigen Preisen eine SIM-Karte besorgen und in teuren Ländern auf Dauer damit telefonieren. So sind die Kosten für die Mobilfunknutzung in Irland mehr als sechsmal so hoch wie in Lettland. Iren könnten sich also einfach lettische SIM-Karten zulegen, um dauerhaft günstiger zu telefonieren.
Dies könne aus Sicht der Behörde längerfristig zu höheren Preisen für alle Verbraucher führen, weil die jetzt sehr günstigen Anbieter ihre Preise entsprechend nach oben anpassen würden.
Das ursprünglich vorgeschlagene Mindestkontingent von 90 Tagen decke praktisch jeden Bedarf von Reisenden - sie verbrächten in der Regel weitaus weniger Tage im EU-Ausland, hatte es geheißen. Die Kommission betonte zugleich, dass die EU-Roaming-Gebühren seit 2007 um mehr als 90 Prozent gefallen seien.
Bier ist im Reiseland auch nicht billiger
EU-Roaming-Argument: Bier ist im Reiseland auch nicht billiger, nur weils zuhause billiger ist.
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Warum EU-Bürger kein Recht auf die dauerhafte Nutzung des günstigsten Tarif
innerhalb der EU haben sollen, erklärte Andrus Ansip mit folgendem Bespiel: "Die Deutschen können sich über ziemlich billiges Bier freuen. Aber
wenn sie zum Beispiel nach Schweden reisen, dann müssen sie für einen
halben Liter Bier einen viel höheren Preis zahlen. Und wenn
man nach denen geht, die permanentes Roaming fordern, dann bedeutet
das: Diese Deutschen müssen in Schweden nur ihren Heimatpreis zahlen
und die Brauerei, die in Deutschland ihr Lieblingsbier braut, muss
die Differenz zahlen zwischen dem schwedischen und dem deutschen
Preis. Jeder kann verstehen, dass das nicht fair ist."
Wie Sie beim Roaming sparen können, verraten wir in unserem Ratgeberbereich.