Netzausrüster

Auch Ericsson erwartet 5G-Start noch dieses Jahr

Ericsson setzt auf einen weichen Übergang von 4G zu 5G. Von den Staaten wünscht sich Ericsson konsistente Regulierung, sowie Zugeständnisse bei Netzneutralität und Datenschutz.
Vom Mobile World Congress in Barcelona berichtet

Auch der weltweit führende Netzwerkausrüster Ericsson hat auf dem Mobile World Congress in Barcelona den Start von 5G noch in diesem Jahr angekündigt. Anders als gestern Nokia setzt Ericsson aber weiterhin auch auf 4G/LTE und sieht 4G sogar als das in den kommenden Jahren noch mit Abstand wichtigere Netz. Zentrale Innovationen, die zunächst für 5G entwickelt wurden, werden daher auf 4G rückportiert. Im Gegenzug sollen die Netzbetreiber 4G as Basis für 5G verwenden. Ericsson sieht ein gutes 4G-Netz als beste Basis für den 5G-Ausbau Ericsson sieht ein gutes 4G-Netz als beste Basis für den 5G-Ausbau
Foto: teltarif.de
In den kommenden sechs Jahren erwartet Ericsson ein Wachstum der von den Mobilnetzen transportierten Datenmenge von 40 Prozent jährlich. Bis 2023 wird sich die gesamte Datenmenge daher in etwa verachtfachen. Dann werden der Prognose zufolge 20 Prozent der Daten bereits von den neuen 5G-Netzen transportiert werden, die bis dahin bereits etwa eine Milliarde Kunden gewonnen haben werden. Den Rest müssen hingegen die noch kräftig auszubauenden 4G-Netze stemmen. Zum Vergleich: In den letzten fünf Jahren betrug das jährliche Wachstum der Datenmenge sogar 65 Prozent jährlich. Ericsson erwartet ein weiterhin rasantes Wachstum der mobil übertragenen Datenmenge Ericsson erwartet ein weiterhin rasantes Wachstum der mobil übertragenen Datenmenge
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Ericsson sieht sich bei 5G sehr gut aufgestellt. So habe man zur Standardisierung der 5G-Funkschnittstelle ("5G New Radio") mehr beigetragen als jeder andere. Ericsson-Chef Börje Ekholm legt Wert darauf, dass 5G von der 3GPP als offener Standard verabschiedet und dann von allen Ausrüstern standardgemäß implementiert wird, so dass später Komponenten unterschiedlicher Ausrüster und Partner nahtlos zusammenarbeiten können. Nur durch Standardisierung könnten entsprechend große Stückzahlen und niedrige Kosten pro Stück erreicht werden.

Regulatorische Aufgaben

Während Ekholm die Industrie auf einem guten Weg sieht, von sich aus weltweit harmonisierte Standards zu entwickeln, fordert Ekholm mehr Einsatz der Staaten bei der Harmonisierung der Regulierung: Die Staaten müssten eine stabile Regulierungsumgebung bieten, und sie sollten aufhören, Mobilfunkinfrastruktur als staatliche Einkommensquelle zu sehen, sondern diese vielmehr als kritische nationale Ressource wertschätzen. Insbesondere müssten unbedingt baldmöglichst in den mittleren und hohen Frequenzbändern international harmonisierte Frequenzbereiche für die Nutzung mit 5G bereitgestellt werden.

Network Slicing auch für 4G

Ein Beispiel für die Rückportierung von 5G-Technologie auf 4G ist 4G Network Slicing, die Fähigkeit, auch das 4G-Netz in mehrere, auf die jeweilige Anwendung optimierte Segmente (Slices) aufzuteilen. Hierdurch können unterschiedliche Anforderungen unterschiedlicher Anwendungen dennoch von einem Netz abgewickelt werden. Zum Beispiel benötigen Smartphones typischerweise hohe Bitraten für Nutzerinhalte, können es aber verkraften, wenn ein Download mal kurz pausiert, wenn die Netzversorgung gerade nicht optimal oder die Last in der Zelle sehr hoch ist. Steuerungsanwendungen in der Industrie oder für autonom fahrende Autos benötigen hingegen keine so hohe Datenrate, dafür eine sehr, sehr hohe Verlässlichkeit. Klassisches WLAN sei Ekholm zufolge künftig nicht mehr geeignet, wenn sich in einer Industrieanlage im Schnitt pro Kubikmeter mehr als ein Sensor befinde. Hier hätten 5G-Dienste, die mit lizensierten Frequenzbereichen arbeiten, einen großen Wettbewerbsvorteil.

Ericsson-Chef Börje Ekholm Ericsson-Chef Börje Ekholm
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Ausdrücklich sprach Ekholm davon, die aktuellen Regelungen zur Netzneutralität zu überdenken. Zwar sei Ericsson grundsätzlich für Netzneutralität, insbesondere lehne Ericsson eine Priorisierung in Abhängigkeit vom Inhalt ab. Ein Journalist stellte dennoch die Frage, ob es passieren könne, dass beispielsweise die Videostreams bestehender Privatsender, die bereit seien, für den Transport zu zahlen, ungehindert durchgelassen würden, während die Inhalte neuer, weniger zahlungskräftiger Startups ausgebremst würden. Während Ekholm eine solche Diskriminierung von Inhalten ablehnte, sprach er auch davon, dass es dennoch möglich sein müsse, missionskritische Anwendungen zu priorisieren. Als Beispiel nannte Ekholm "Remote Surgery".

Auch die Datenschutzbestimmungen in der EU sieht Ekholm eher als Hinderer denn als Treiber beim Netzausbau.

In einem geteilten Netz mit auf die jeweilige Aufgabe optimierten Network Slices wird die Optimierung der Aufteilung der beschränkten und/oder teuren Netzwerkressourcen immer wichtiger. Hier verwendet Ericsson Methoden der künstlichen Intelligenz, um die Netzbetreiber von Routine-Aufgaben bei der Netzwerkverwaltung zu entlasten.

Mehr Forschung und Entwicklung

Ericsson hat im letzten Jahr Stellen abgebaut, zugleich aber Ingenieure für Forschung und Entwicklung eingestellt. Ekholm betonte wiederholt, welch hohen Stellenwert Forschung und Entwicklung für Ericsson haben. Diese setzt Ericsson ein, um die drei Hauptanliegen seiner Kunden, der Netzbetreiber, zu erfüllen: Die Steigerung der Effizienz um die Kosten pro Gigabyte weiter nach unten zu drücken, die Digitalisierung, ebenfalls zur Kostensenkung, aber auch zur Verbesserung des Nutzererlebnisses, und die Erschließung neuer Einnahmequellen.

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