Umfangreicher Rückblick

Das war die Geschichte von E-Plus: Von den Anfängen bis Thorsten Dirks

Am 1. Oktober endete die bewegte Geschichte des eigenständigen Mobilfunkanbieters E-Plus. Doch der Geist der Herausforderung geht weiter. Wie hat sich das Unternehmen seit 1992 entwickelt? Im ersten Teil unseres großen Rückblicks beleuchten wir die Zeit bis zum Amtsantritt von Thorsten Dirks.
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Das E-Plus-Sofort-Paket [Link entfernt] wurde 1996 mit Handy als "Prepaid"-Karte verkauft und nach erfolgter Bonitätsprüfung in einen Laufzeitvertrag umgewandelt. Falls die Bonitätsprüfung fehlschlug, konnte der Kunde vom Kauf- und Laufzeitvertrag zurücktreten und bekam den Kaufpreis zurück. Die Geräte hatten einen SIM-Lock, um zu verhindern, dass reihenweise günstige Handys aus Startpaketen mit anderen Karten bzw. Verträgen genutzt wurden.

Als erster Mobilfunkanbieter führte E-Plus auf dem deutschen Markt 1997 ein allgemeines Prepaid-Produkt unter dem Namen Free and Easy ein. Die großen Wettbewerber Telekom/T-Mobil(e) und Mannesmann D2 (heute Vodafone) kamen damit erst ein Jahr später (1998) auf den Markt.

1999 verblüffte E-Plus den Markt mit inklusiven Minutenpaketen, die Time & More getauft wurden. Der Knüller: Verbliebene Rest-Minuten eines Monats konnten in den Folgemonat übernommen werden. Zu diesem Zeitpunkt setzte die Konkurrenz noch auf hohe monatliche Grundgebühren und separate Minutenpreise.

Datentechnisch wurde WAP auch von E-Plus als "mobiles Internet" präsentiert. Wer schneller Daten übertragen wollte, konnte jedoch bei E-Plus mit HSCSD (= High Speed Circuit Switched Data) mit damals atemberaubenden 14 400 Bit pro Sekunde "surfen", GSM selbst erlaubte eigentlich nur bis zu 9 600 Bit pro Sekunde. Zu HSCSD konnte sich sonst nur Mannesmann D2 durchringen, die Deutsche Telekom blieb lange bei 9 600 Bit pro Sekunde, bis GPRS eingeführt wurde

i-mode bei E-Plus - mobiles "Internet"?

Mobiles Internet per i-mode: Ein Flopp Mobiles Internet per i-mode: Ein Flopp
Bild: dpa
Mit dem aus Japan übernommenen i-mode war E-Plus seiner Zeit ziemlich weit voraus. Die Überlegung: Informationen, kurze E-Mails, Einkäufe: Alles vom Handy, inklusive der Abrechnung. Wer sich noch an den Btx-Dienst der Deutschen Bundespost erinnert: i-mode war diesem nicht unähnlich. Sehr bunt, mit einfachen Grafikelementen und zahlreichen Informationsangeboten von "Drittanbietern", die für ihre Dienste etwas Geld haben wollten. i-mode kostete einen monatlichen Aufpreis auf die E-Plus-Vertrags-Grundgebühr von rund 2,50 Euro.

Doch i-mode floppte. Zum einen gab es kaum passende Geräte, der damalige Marktführer Nokia ignorierte lange Zeit diesen etwas proprietären Standard und E-Plus versäumte wiederum, die i-mode-Inhalte regelmäßig auf Vollständigkeit und Aktualität zu prüfen. Somit staubten viele unvollständige oder lieblos gepflegte Angebote im Netz ein. Der Aspekt von privaten i-mode-Homepages, wo Privatpersonen für interessante Inhalte sorgen sollten, wurde schnell aus den Augen verloren.

Gemessen an heutigen Smartphones waren die Geräte und Netze noch viel zu schwach, um bewegte Inhalte vernünftig in Echtzeit zu übermitteln. E-Plus konzentrierte sich wieder mehr auf die Sprachtelefonie.

Die Ära Brenke - Thiemann und erste Verkaufsgerüchte

Der erste E-Plus-Chef Herbert Brenke war - wie sein Kollege Gemmel - 1993 von der Thyssen Handelsunion zu E-Plus gekommen, er ging 1998 in den Ruhestand. Sein kommissarischer Nachfolger Klaus Thiemann (der 1997 zu E-Plus gestoßen war) blieb bis 2000, bevor er zum Festnetz-Anbieter Arcor (heute Vodafone) wechselte.

Thiemann merkte schnell, dass bei Pressekonferenzen oft knifflige Detail-Fragen von den anwesenden Journalisten gestellt wurden. Eines Tages brachte er seine Produktmanagerin Kirsten Kuypers auf die Pressekonferenz mit, die selbst die komplexesten Fragen souverän beantworten konnte.

Während der Amtsführung von Thiemann interessierte sich die britische Orange Gruppe für den Kauf von E-Plus. Sie unterlag 2000 der KPN, dem ehemaligen staatlichen Telekommunikationskonzern der Niederlande.

Die bevorstehende Ausschreibung von UMTS-Lizenzen in Deutschland beflügelte die Hoffnungen der Branche. Gemeinsam mit dem Hongkonger Unternehmen Hutchison Whampoa gründete man die in Luxemburg beheimatete "Auditorium SA", um sich in Deutschland um eine UMTS-Lizenz zu bewerben. Wenige Minuten vor Schluss der mit rund 50 Milliarden teuersten Auktion der Bundesrepublik sprang Hutchison aus dem Konsortium ab und ließ KPN mit rund acht Milliarden Euro an Lizenzkosten alleine auf der Rechnung sitzen. An dieser Summe hatte das Unternehmen viele Jahre schwer zu verdauen. Dieser Vorfall legte vielleicht den ersten Grundstein für die heute aktuelle Fusion von E-Plus und o2.

Die Ära Bergheim: Mehrmarkenstrategie und simyo-Start

Im Herbst 2000 übernahm Uwe Bergheim den Chefsessel. Bergheim, ein reiner Marketing-Mann, habe lange gezögert, den Job zu übernehmen, berichteten Insider: "Ich kann doch nicht einmal mein eigenes Handy richtig bedienen!" Vorher hatte er Hundefutter und Hygieneartikel erfolgreich vermarktet. Unter Bergheim wurde bei E-Plus die Mehrmarkenstrategie gestartet. Unter dem Dach von E-Plus löste der Startup-Unternehmer Rolf Hansen unter dem Markennamen simyo mit "einfach einfachen" 19 Cent pro Minute ein regelrechtes Tarif-Erdbeben in der Branche aus. So günstig hatte man vorher noch nie telefonieren können.

Doch Bergheims Geschäftszahlen stellten die Mutter KPN auf die Dauer nicht zufrieden. Immer wieder kam aus Deutschland die Forderung nach einem besseren Netzausbau. Zwar war die Sprachqualität bei E-Plus "so nah, als wär man da" unerreicht gut, aber E-Plus galt in den Köpfen der Öffentlichkeit als das "Netz mit vielen Funklöchern".

Bergheim geht - Krammer kommt: Handy-TV und Outsourcing

Neuer KPN-Europachef wurde Stan Miller, der aus Südafrika gekommen war und als Vater der E-Plus Gruppe gilt. Auf Uwe Bergheim folgte in Deutschland im Jahre 2006 Michael Krammer, den man aus Österreich vom Tiefpreis-Anbieter Telering geholt hatte, nachdem Telering zuvor an die Deutsche Telekom verkauft worden war.

Krammer brachte den Düsseldorfern schnell die österreichische Tarifwelt bei: Tarife "um 9 Cent" bedeuten nicht ungefähr, sondern exakt 9 Cent und Prepaid wird dort als "Wertkarte" bezeichnet. Als erstes stieg Krammer aus dem geplanten Konsortium von T-Mobile, Vodafone D2, E-Plus und VIAG/o2 für mobiles Fernsehen auf dem Handy aus, weil ein lähmender Streit um die richtige Norm (DVB-H oder DMB?) und eine mangelnde Refinanzierung durch zahlende Kunden keine Erfolgsaussichten versprachen. Krammer behielt Recht.

Da KPN zu wenig Geld bereitstellte, um den notwendigen Netzausbau zu finanzieren, optimierte Krammer weiter die Kosten. Unter Bergheim war schon die E-Plus-Hotline an die KPN-Tochter SNT ausgelagert worden. SNT telefonierte nicht nur für E-Plus, sondern auch für o2 und andere Kunden. Nun gab Krammer das Netz von E-Plus in fremde Hände: Mit der Wartung sowie dem weiteren Ausbau des Netzes wurde der Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent betraut, damit sollten bis zu 20 Prozent der Netzkosten eingespart werden.

Im zweiten Teil unseres umfangreichen Rückblicks auf die Geschichte von E-Plus schauen wir auf die Ära von Thorsten Dirks zurück, die die Einführung von Base und weiteren Marken, die Ethno-Discounter und virtuellen Mobilfunkanbieter, schnelles mobiles Internet sowie schließlich die Übernahme-Verhandlungen mit Telefónica brachte.

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