Umfangreicher Rückblick

Das war die Geschichte von E-Plus: Von den Anfängen bis Thorsten Dirks

Am 1. Oktober endete die bewegte Geschichte des eigenständigen Mobilfunkanbieters E-Plus. Doch der Geist der Herausforderung geht weiter. Wie hat sich das Unternehmen seit 1992 entwickelt? Im ersten Teil unseres großen Rückblicks beleuchten wir die Zeit bis zum Amtsantritt von Thorsten Dirks.
Von /

Am 1. Oktober hat die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, wie wir sie bisher kannten, nach über 20 Jahren ihr juristisches Leben ausgehaucht und ist zur Tochter der Telefónica Holding Germany geworden. Eine gute Gelegenheit, die turbulente Geschichte des Unternehmens Revue passieren zu lassen, wie sie unser Autor Henning Gajek über weite Strecken selbst erlebt hat.

Der erste Kontakt von E-Plus mit der Öffentlichkeit erfolgte zur CeBIT 1993. Damals suchte die frisch gegründete E-Plus-Mobilfunk GmbH neue Mitarbeiter, insbesondere zum Netzaufbau und späteren Betrieb. Vieles war damals noch unklar. Dr. Dietrich Gemmel [Link entfernt] kümmerte sich in leitender Funktion und Personalunion um Personalakquise und informierte die Fachpresse über Hintergründe, er kam ursprünglich aus dem Bergbau. Hauptgesellschafter von E-Plus waren zunächst Unternehmen der Energiebranche wie VEBA Telecom (VEBA ist heute eon), RWE Telliance und Thyssen (heute Thyssen-Krupp) [Link entfernt] Telecom.

CeBIT 1994: Das erste Live-Erlebnis des E-Plus-Netzes

Das grüne Vögelchen: Ein Kennzeichen von E-Plus Das grüne Vögelchen: Ein Kennzeichen von E-Plus
Bild: dpa
Ein reales DCS1800-Netz (die damalige Bezeichnung für GSM 1 800) konnte E-Plus dem staunenden Fachpublikum auf der CeBIT 1994 in Hannover präsentieren. Vorstandsvorsitzender Herbert Brenke lud dazu in den Keller des Thyssen-Pavillons auf dem CeBIT-Gelände, den - welch Wunder - nur das E-Plus-Netz versorgte. Nur eine kleine Handvoll Journalisten hatten schon ein passendes Gerät mit Karte, der Rest schaute missmutig auf das Display des eigenen D1- oder D2-Handys. welches "Netzsuche" oder gar nichts anzeigte. Beinahe wäre diese Premiere schiefgegangen, weil die Übergabeleitungen zur Deutschen Telekom erst in letzter Minute freigeschaltet wurden.

Zu Anfang wurde bei E-Plus auf eine strikte Trennung zwischen der E-Plus Mobilfunk als Netzbetreiber und der E-Plus Service als "hauseigenem Service-Provider" geachtet. Neben E-Plus-Service konnte man das neue E-Plus-Angebot auch über einen der damals noch zahlreichen "unabhängigen" Service-Provider wie Mobilcom, Debitel, Talkline, Dekratel, Axicom, Cellway, Martin Dawes etc. bekommen.

Startschuss im Zirkus

Den offiziellen Startschuss gab E-Plus bei einer Veranstaltung im Circus Roncalli zu Berlin, wo Talkmaster Günter Jauch mit Thomas Gottschalk mobil telefonieren durfte.

Gleich zum Start präsentierte E-Plus erste kreative Ideen: Einen serienmäßigen "Anrufbeantworter", der vom eigenen Anschluss kostenlos abgehört werden konnte, das war damals völlig neu. Mailboxen gab es schon, aber die Kunden von Telekom D1 und Mannesmann D2 wurden dafür regelmäßig zur Kasse gebeten, wenn ein verpasster Anruf auf der Mailbox gelandet war und dort abgehört werden musste.

Kreativ ab Netzstart

Das E-Plus-System erlaubte es, kostenlose Nachrichten von Anrufbeantworter (Mailbox) zu Anrufbeantworter im E-Plus-Netz zu verschicken. Damit konnte man die anfangs großen Funkversorgungslöcher überbrücken. Neue Sende-Technik "hielt" laufende Mobilfunkverbindungen noch dann aufrecht, wenn ein mobiler Teilnehmer in der Bewegung zwischen zwei Sendestationen kurzzeitig kein Netz hatte. Dadurch ergaben sich in der Startphase ungeahnt gute Reichweiten. Erst später übernahm VIAG Interkom (heute o2) diese Technik für ihr eigenes Netz.

Nicht nur das: Zum Netzstart waren die beliebten SMS-Kurznachrichten bei E-Plus kostenlos. Tüftler entwickelten daraufhin ein Verfahren, ganze Dateien in 160-Zeichen-Pakete zu zerlegen und per SMS zu übertragen. Die erzielbaren Datenraten waren denkbar gering, aber es kostete nichts. Die logische Folge: Die Kurzmitteilungszentrale (SMSC) von E-Plus war schnell überlastet.

Viel Lust und Frust in der ersten Zeit

Über Nacht wurden SMS-Nachrichten auf einmal bepreist, viele Fans und Stammkunden waren entsprechend sauer und kündigten fristlos.

Für einmalig 100 DM (heute etwa 51 Euro) konnte sich ein frischgebackener E-Plus Kunde eine "Wunschrufnummer" aussuchen, das war bis dahin im Mobilfunk absolut unbekannt. Sicher, gute Händler hatten schon früh Listen von aktuell schaltbaren Rufnummern, die sie ihren Kunden vor Vertragsabschluss vorlegten, aber bei E-Plus konnte man sich mit leichten Einschränkungen eine siebenstellige Rufnummer mit der Vorwahl 0177 aussuchen. Das kam an. Wer in Berlin z.B. die Festnetz-Rufnummer 030-0123456 hatte, nahm sich mobil die 0177-0123456 dazu. E-Plus präsentierte sich mit einem sympathischen Vögelchen in türkisgrün.

Der neue Anbieter war von interessierten Kunden sehnsüchtig erwartet worden, da E-Plus den Luxus "Mobiltelefon" erstmalig "bezahlbar" machte. Als Zielgruppe wurden kleine Handwerker und Gewerbetreibende, aber auch Studenten erreicht.

Die anfängliche Freude über das bezahlbare mobile Telefonieren mit E-Plus wurde bald durch fehlerhafte oder unverständliche Rechnungen getrübt. In Newsgroups und Foren wurde viel Kritik geäußert, die am E-Plus-Service scheinbar unbeeindruckt abperlte. Doch der Chef von E-Plus-Service, den man im Unternehmen liebevoll "K.O. Schmidt" nannte, sorgte für Abhilfe. Er kaufte ein funkelnagelneues Abrechnungssystem namens "BSCS" (heute ein Produkt des Netzausrüsters Ericsson) und von einer Rechnung auf die nächste waren viele Probleme beseitigt. Das korrekte Abrechnen von Mobilfunkdienstleistungen war in der Pionierzeit des Mobilfunks alles andere als trivial.

Auf der folgenden Seite des ersten Teils unseres Rückblicks auf die zwanzigjährige Geschichte von E-Plus widmen wir uns den ersten Prepaid-Angeboten und Minutenpaketen, dem Ausflug ins mobile Internet mit i-mode sowie der Mehrmarkenstrategie und ersten Verkaufsgerüchten.

Mehr zum Thema Telefónica (E+)