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Drillisch: Netzbetreiber und Provider zugleich geht nicht (Update)

Um den vierten Netz­betreiber 1&1-Dril­lisch ist es ruhig geworden. Offi­zielle Nach­richten gibt es kaum. Dafür inter­essante Nach­richten aus dem Umfeld. Welche Chancen hat Dril­lisch und was ist zu beachten?
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Um den künf­tigen vierten Netz­betreiber 1&1-Dril­lisch (im folgenden Dril­lisch genannt) ist es seit Abschluss der 5G-Frequenz­auktion sehr ruhig geworden. Das schafft Raum für Speku­lationen und Infor­mationen über Bande.

Dril­lisch ist seit vielen Jahren als Service-Provider zuerst im Netz von Voda­fone und später auch im Netz von Telefónica/o2 unter­wegs. Ein Provider-Vertrag mit der Deut­schen Telekom wurde vor sieben Jahren "fristlos" gekün­digt, betrof­fene Kunden im Telekom-Netz konnten in ein anderes Netz wech­seln oder ihre Rufnummer zu einem anderen Anbieter (außer­halb von Dril­lisch) mitnehmen.

Netz­betreiber und Provider zugleich geht nicht

Die 1&1-Drillisch AG muss sich bis Jahresende entscheiden. Soll der Vertrag mit Telefónica verlängert werden? Die 1&1-Drillisch AG muss sich bis Jahresende entscheiden. Soll der Vertrag mit Telefónica verlängert werden?
Foto: Picture Alliance / dpa
Aus der 5G-Frequenz­auktion in Mainz ist Dril­lisch als künf­tiger Netz­betreiber hervor­gegangen. Nur: Sobald Dril­lisch sein eigenes Netz startet, werden binnen einer bestimmten Über­gangs­frist die verblie­benen Service-Provi­derver­träge ungültig. Das wurde jetzt bekannt. Dril­lisch muss dann alle verblieben Kunden in sein "eigenes Netz" über­tragen. Da das eigene Netz am Anfang nur in Ballungs­gebieten verfügbar dürfte, ist Dril­lisch auf Roaming-Abkommen mit anderen Netz­betrei­bern ange­wiesen. Kämen diese nicht zustande, würden die Dril­lisch-Kunden in riesige Funk­löcher fallen und vermut­lich ihre Verträge kündigen. Dabei wäre zu klären, ob in diesem Fall andere (frühere) Kündi­gungs­fristen gelten.

Service-Provider oder MBA-MVNO? (Update)

Neben dem Service-Provider-Vertrag hat Dril­lisch einen soge­nannten MBA-MVNO-Vertrag mit Telefónica-Deutsch­land (o2), als Voraus­setzung der damals geneh­migten Fusion von E-Plus und o2. Dieser Vertrag würde im Juni 2020 (nicht Ende 2019) auslaufen, wenn Dril­lisch nicht bis zum 31.12.2019 die Option einer Verlän­gerung zieht. Die sper­rige Abkür­zung "MBA-MVNO" steht für Mobile Bitstream Access und MVNO für Mobile Virtual Network Operator. Darüber kann Dril­lisch seine Kunden­signale auf das Netz von o2 trans­portieren lassen. Dril­lisch hat bereits eine eigene "Vorwahl 015566", nutzt diese aber bislang noch nicht.

Roaming-Abkommen gilt nicht für 5G

Das "Roaming"-Abkommen zwischen Dril­lisch und o2 ist seitens der EU nur für 2G, 3G und 4G gere­gelt. Für 5G gibt es derzeit noch keine Roaming-Abkommen. "Man kann drüber reden", findet Markus Haas, CEO von Telefónica. Aktuell sei die Lage kritisch: Dril­lisch müsse sich bis Jahres­ende verbind­lich entscheiden, ob sie dem MBA-MVNO-Vertrag um fünf Jahre verlän­gern wollen, 2025 steht diese Entschei­dung erneut an, dann gilt diese Option nicht mehr. Dafür kann Dril­lisch diesen Vertrag in einen "National Roaming" Vertrag im Netz von o2 umwan­deln.

Update: Verhand­lungen laufen

Wie ein Dril­lisch Spre­cher gegen­über teltarif.de inzwi­schen erläu­terte, geht es "beim National Roaming für Dril­lisch nicht um Zugriff auf 5G Netze, sondern die Bestands­netze der Netz­betreiber, also 3G oder LTE. 5G bauen wir ja selbst. Die Gespräche über National Roaming mit allen Netz­betrei­bern laufen derzeit, deshalb haben wir die Option gegen­über Telefónica bisher nicht gezogen."

Ökono­misch sei es "derzeit nicht rentabel, ein komplett neues Netz aufzu­bauen", findet Haas. Er habe damit Erfah­rung. "Als kleiner Netz­betreiber mit 'nur' 10 Millionen Kunden hatten wir es schwer", erin­nert sich Haas, der seit Netz­start von VIAG-Interkom (im Jahre 1998) im Unter­nehmen, das heute Telefónica (o2) heißt, mit dabei ist.

Wer liefert Dril­lisch das Netz?

Derweilen rätselt die Branche, wer die System­technik für das Dril­lisch-Netz liefern soll. Vermutet wird weiterhin, dass es der chine­sische Ausrüster ZTE sein könnte, der mit Hilfe eines Finanz­inves­tors ein schlüs­selfer­tiges Netz bauen könnte, das Dril­lisch nur noch mieten bräuchte. So hätte Dril­lisch keinen Stress mit Netz­planung, Suche von Stand­orten, dem eigent­lichen Netz­aufbau und so weiter.

Werden chine­sische Liefe­ranten zulässig sein?

Doch das birgt Risiken. Unter­stellt, dass die Politik sich wirk­lich dafür entscheidet, chine­sische Hersteller wie Huawei oder ZTE beim 5G-Aufbau in Deutsch­land "außen vor" zu lassen, wäre das von Dril­lisch wohl ange­peilte Modell nicht mehr reali­sierbar. Sicher stünden Ericsson oder Nokia gerne bereit, diese Aufgabe zu über­nehmen, doch genau so sicher zu wesent­lich höheren Kosten. Dril­lisch wird aber den Markt nur erobern können, wenn sie Kampf­preise machen können, um Kunden anzu­locken.

Frequenz­handel ist möglich

Von der Öffent­lich­keit weit­gehend unbe­merkt, ist es seit etwa zehn Jahren möglich, erstei­gerte Frequenzen weiter zu verkaufen, aller­dings nur so lange, wie die Lizenz dafür gültig ist (die aktu­ellen 5G-Frequenzen reichen bis 2040).

In der Branche wird daher speku­liert, dass Dril­lisch viel­leicht am Ende gar kein eigenes Netz aufbauen, sondern die Frequenzen gegen Höchst­gebot an einen anderen Anbieter verkaufen könnte, etwa im Gegenzug für güns­tige Einkaufs­kondi­tionen als Service-Provider.

Haas lädt 1&1 Dril­lisch zum Network Sharing ein

Dass Dril­lisch irgend­wann auch im länd­lichen Raum ein eigenes Netz aufbaut und sei es per Network-Sharing, glaubt Haas nicht. Das müssen sie auch nicht, weil Dril­lisch als Neuein­steiger im deut­schen Mobil­funk-Netz­betreiber-Markt erleich­terte Auflagen erhalten hat. Der Druck liege hier nur bei den drei bereits etablierten Netz­betrei­bern, beklagte sich Haas.

Telekom, Voda­fone und Telefónica hatten am Montag eine Koope­ration beim Netz­ausbau von 6000 Stationen in wirt­schaft­lich unren­tablen Regionen bekannt gegeben. Alle drei Netz­betreiber betonten, dass sie Dril­lisch einladen wollen, beim Netz­ausbau mit zu machen. Markus Haas bestä­tigt das: „Wer bereit ist, im länd­lichen Raum zu inves­tieren, ist einge­laden, am Network-Sharing teil­zunehmen. Es liegt an Dril­lisch, ob das für sie in Frage kommt."

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