Vernetzte Straßenlaternen: Sinnvoll oder Datensammler?
Eine der intelligenten Straßenlaternen in Darmstadt
Bild: Vodafone
Zäh fließt der Verkehr rund um das Darmstädter
Schloss. Wie viele schwere Laster, Autos, aber auch Radfahrer und
Fußgänger hier unterwegs sind und welche Schadstoffe etwa die Motoren
in die Luft blasen, das messen hier nun Straßenleuchten. Genauer
gesagt spezielle Sensoren und Funkmodule, mit denen nun erst einmal
drei Laternen ausgestattet sind. Die Stadt will sich mithilfe der
Informationstechnologie neu organisieren.
Die "intelligenten"
Leuchten", sind ein Beispiel dafür. "Wenn es um den Schutz der Umwelt
oder um eine bessere Verkehrsführung in der Stadt geht, dann können
solche intelligenten Straßenlaternen gute Anwendungsmöglichkeiten
bieten", sagt José David da Torre Suárez, Geschäftsführer der
Gesellschaft Digitalstadt Darmstadt.
Eine der intelligenten Straßenlaternen in Darmstadt
Bild: Vodafone
Datenschutz steht an oberster Stelle
Solche Daten seien die Grundlage für sinnvolles Handeln, argumentiert da Torre. Durch sie könnten etwa Stadtplaner en détail erfahren, wo der Verkehr die Umwelt am stärksten belastet oder welche Strecken stark frequentiert werden. Die digital ermittelten Statistiken, die nun zwischen Schloss, Kongresszentrum und Landesmuseum ermittelt werden, geraten via Mobilfunk in die städtischen Fachabteilungen. Die Co2-Werte werden etwa alle 15 Minuten ermittelt und weitergesendet.
Auch mit Blick auf die öffentliche Sicherheit könne das Projekt "Smart Lighting" eines Tages Vorzüge bieten, sagt da Torre. Ändere sich der Geräuschpegel auffällig, etwa weil ein Schuss falle oder Glas klirre, könnten das die Sensoren weitergeben, sagt er. "Das könnte die Sicherheit verbessern", fügt er hinzu. Personenbezogene Daten würden jedoch nicht erhoben. Datenschutz stehe an oberster Stelle. Das betonen auch die beteiligten Unternehmen ICE-Gateway und Vodafone an diesem Freitag. Daten von Passanten, Autofahrern und Radlern würden mit der neuesten Technik verschlüsselt. Ein wichtiger Aspekt - mindestens so entscheidend wie die Kosten für Sensoren und Funkmodule an den Leuchten. Wie Marie-Louise Bruch von Vodafone sagt, liegen diese Kosten pro Laterne im dreistelligen Euro-Bereich.
Konkrete Projekte noch nicht geplant
Noch ist das aber alles Zukunftsmusik. Konkrete Projekte seien noch nicht geplant, heißt es am Freitag. Die würden sich mit der Zeit und den eingehenden Daten ergeben, sagt der Geschäftsführer. Das sei zudem erst der Anfang. So wolle man weitere der insgesamt etwa 16 000 Lampen in der südhessischen Stadt mit Modulen und Sensoren ausstatten. Etwa 20 Prozent der Laternen sind mittlerweile übrigens mit sparsamen LED-Lichtern ausgestattet. Ein wichtiger Punkt aus Sicht von Max Mühlhäuser, Professor am Fachbereich Informatik an der Technischen Universität (TU) Darmstadt. Er sagt, die Umrüstung auf LED-Licht sei ein entscheidender Schritt, da die dadurch möglichen erheblichen Stromersparnisse Geld für Innovationen frei machen.
Auch er ist überzeugt, dass Straßenlaternen vielfältige Möglichkeiten bieten. So könnten die Lampen etwa um "intelligente" Straßenschilder mit wechselnden Warn- oder Umleitungshinweisen ergänzt werden. Auch könnten neue Arten von Funkzellen mithilfe der hohen Masten eingerichtet werden. Dafür müssten die Leuchten aber überall mit Dauerstrom betrieben werden. Marco Holz vom Darmstädter Chaos Computer Club (CCC) erkennt zwar auch die Vorteile solcher digitalen Anwendungen. Er sieht aber auch das Risiko, dass gewinnorientierte Tech-Unternehmen zunehmend Teile städtischer Infrastrukturen - und somit Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge - mitgestalten. "Daher ist die Beteiligung der Bürger an solchen Prozessen unerlässlich", sagt er. In Darmstadt steht Bürgerbeteiligung auch auf der Agenda. Kennen sollten sie die konkreten Pläne daher schon, sagt Holz.
Auswertung der von den Straßenlaternen gesammelten Daten
Bild: Vodafone
Der Hessische Städtetag begrüßt, dass die Stadt ihre Vorreiterrolle
annimmt. Solche Experimente seien notwendig, da sie langfristig zur
Verbesserung der Lebensqualität beitragen könnten, sagt der
geschäftsführende Direktor des Städtetags, Stephan Gieseler. Sein
Amtskollege, Karl-Christian Schelzke vom Hessischen Städte- und
Gemeindebund, mahnt hingegen, die Stadt müsse die Projekte
transparent gestalten und zeitnah darlegen, wofür die Daten konkret
verwendet werden sollen. "Auch wenn diese Technik sinnvoll genutzt
werden kann, Darmstadt muss letztendlich darlegen, wofür die Daten
gesammelt werden", fordert Schelzke. Was die Anwendungen der smarten
Straßenlaternen angeht, so sagt der Geschäftsführer der Gesellschaft
"Digitalstadt Darmstadt" da Torre, werde es im Laufe des Jahres
konkrete Pläne geben. Die werde man dann auch mitteilen.
Was es in Darmstadt auch gibt, ist ein LoRaWAN: Stadtweite Funknetze für private Vernetzung.