DAB+: MEHR! Radio geht juristisch gegen Medienanstalt vor
MEHR! Radio geht wegen DAB+ gegen die Medienanstalt vor
Foto: MEHR!Radio
Auf UKW war das alles noch so schön einfach: Ein Veranstalter hat den Bedarf für ein Privatradio in einem von ihm definierten Versorgungsgebiet gestellt. Die Bundesnetzagentur hat ihm anschließend eine Frequenz gesucht. Diese wurde - wenn es noch einen freien Kanal gab und das ganze auch medienpolitisch gewollt war - durch die zuständige Landesmedienanstalt ausgeschrieben und er konnte anschließend genau dort senden, wo er es wollte.
Beim Digitalradio DAB+ ist das alles nicht ganz so einfach: Interessierte Veranstalter sind gezwungen ihre Programme in Ensembles auszustrahlen. Ist nur ein regionaler oder gar landesweiter Kanal in Planung, müsste der Veranstalter riesige Streuverluste in Kauf nehmen, selbst wenn er eigentlich nur eine einzige Stadt erreichen will. Gibt es nicht genügend Mitbewerber, sodass sich der Aufbau eines Muxes wirtschaftlich nicht lohnt, kann er erst mal gar nicht auf Sendung gehen. Es ist mit einer der Gründe, warum die meisten deutschen Privatradios das digital-terrestrische Verfahren überhaupt nicht lieben.
Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen Landesanstalt
MEHR! Radio geht wegen DAB+ gegen die Medienanstalt vor
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Die digital-terrestrischen Frequenzzuschnitte sind jetzt auch Bestandteil eines Streits in Nordrhein-Westfalen: MEHR! Radio
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hat nach eigenen Angaben in der vergangenen Woche bei der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen als aufsichtsführende Behörde Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen die Landesanstalt für Medien (LfM) eingelegt. Grund sei die Weigerung der LfM, für den Bedarf von MEHR! Radio eine DAB+-Frequenz bei der Staatskanzlei zu beantragen, mittlerweile ein Jahr nach Lizenzerteilung. Bisher hatte die LfM dies damit begründet, dass sie noch Zeit brauche, den Gesamtbedarf für NRW zu ermitteln. Auf der letzten Medienkommissionssitzung am 1. Februar habe der Direktor der LfM aber unmissverständlich deutlich gemacht, dass ein Antrag auf Frequenzzuordnung für Ballungsräume vorerst gar nicht gestellt werden soll. Der Bedarf von MEHR! Radio werde also nicht bedient. Dies halte der potenzielle Veranstalter für einen Rechtsverstoß.
"Eine Auswahl von Bedarfen kann die LfM treffen, wenn es mehr Bewerber gibt als Frequenzen", sagt MEHR! Radio-Sprecher Lutz Sonntag gegenüber teltarif.de. "Bei DAB+ gibt es aber genug Frequenzen für alle mitgeteilten Bedarfe. Was die LfM hier macht, ist, dass sie Bedarfe vorher ausselektiert, indem sie die Frequenzen dafür gar nicht erst anfordert, obwohl sie das dem Gesetz nach müsste."
Sendegebietszuschnitte für Lokalradios unattraktiv
MEHR! Radio wollte einen lokalen Multiplex in Düsseldorf betreiben, mit einem Eigenprogramm und Kapazitäten, die der Veranstalter untervermieten wollte. Geplant in NRW ist aber jetzt in Szenario, das von wesentlich größer zugeschnittenen Verbreitungsgebieten ausgeht als ursprünglich geplant. Diese neuen so genannten Kacheln seien vom Zuschnitt und den Senderbetriebskosten für neue lokale Anbieter wie MEHR! Radio eher unattraktiv, so der Veranstalter.
Zugleich seien die zum Radio NRW-Verbund gehörenden Lokalradios aufgefordert, bei DAB+ mitzumachen. Sollten sie tatsächlich teilnehmen, wären kaum noch Sendeplätze für andere Veranstalter frei. Das bedeutet: Weniger regionale Konkurrenz für die etablierten Veranstalter.
Neben MEHR! Radio ist auch ein Veranstalter aus Pulheim bei Köln betroffen, der in der Domstadt ebenfalls einen lokalen Multiplex geplant hat. Auch hierfür wird es keine Genehmigung geben. Die LfM plant unterdessen wie berichtet die Ausschreibung von voraussichtlich sechs regionalen Muxen, die in Gesamtheit eine landesweite Versorgung gewährleisten sollen.