Digitalradio

FDP Niedersachsen: DAB+ zugunsten von 5G-Ausbau stoppen

Erneutes Störfeuer gegen das digital-terrestrische Radio DAB+ aus Niedersachsen: Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag, dass der Landtag die Landesregierung auffordern soll, die Förderung der Verbreitung von DAB+ durch den Rundfunkbeitrag zu beenden. Die eingesparten Gelder sollen für den 5G-Ausbau verwendet werden.
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DAB+ unerwünscht: Die FDP will das Digitalradio zu Fall bringen DAB+ unerwünscht: Die FDP will das Digitalradio zu Fall bringen
Foto: Pure
Nieder­sachsen ist mit nur 14,4 Prozent Schluss­licht bei der Haus­halts­durch­drin­gung des Digi­tal­ra­dios DAB+. Aus keinem Bundes­land kommt zudem so viel Wider­stand gegen das digital-terres­tri­sche Radio.

Neuestes Kapitel: Die FDP-Frak­tion fordert in einem Antrag, dass der Landtag die Landes­re­gie­rung auffor­dern soll, sich konse­quent zusammen mit dem Bund, anderen Ländern sowie den privaten und öffent­lich-recht­li­chen Sendern für einen markt­ge­rechten Über­gang in eine digi­tale Radio­zu­kunft einzu­setzen und ein klares, abge­stimmtes Konzept zu erar­beiten sowie die Förde­rung der Verbrei­tung von DAB+ durch den Rund­funk­bei­trag zu beenden.

"Markt­ge­recht" laut FDP: UKW und Internet

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Als "markt­g­recht" sieht die FDP neben einem unver­än­derten Fort­be­stand des analogen UKW-Hörfunks die digi­tale Verbrei­tung im Internet. Wer in Deutsch­land die Vorteile des digi­talen Radios nutzen will, kaufe sich laut den Libe­ralen meist keinen neuen Rund­funk­emp­fänger, sondern wech­sele statt­dessen auf Radio via Internet über das bereits vorhan­dene Gerät wie Smart­phone, Smart Speaker, Tablet PC, Laptop oder PC. Radio via Internet werde von rund 38 Prozent der Bevöl­ke­rung gehört, bei den 14- bis 29-Jährigen sind es fast 60 Prozent. Das meist­ge­nutzte Gerät für den Online-Audio­konsum ist das Smart­phone mit 70 Prozent. Bereits 6 Prozent der Online-Audi­o­nut­zung erfolge über Smart Speaker.

Nur etwa 10 Prozent der Rund­funk­hörer nutzten dagegen DAB+. Ohne dass sich das digital-terres­tri­sche Radio bislang am Markt nach­haltig etablieren konnte, werde die Entwick­lung und Verbrei­tung von digi­talen Über­tra­gungs­stan­dards für terres­tri­schen Radio­emp­fang seit mehr als 20 Jahren aufseiten des öffent­lich-recht­li­chen Hörfunks mit hohen Beträgen aus dem Rund­funk­bei­trag geför­dert, heißt es von der FDP.

Einge­sparte Gelder für schnelles Internet verwenden

Gleich­zeitig solle mit den durch DAB+ einge­sparten Geldern der Ausbau von schnellem Internet in der Fläche so voran­ge­trieben werden, dass auch die Nutzung von Radio via Internet rasch flächen­de­ckend die Realität in Nieder­sachsen werde. Zur Parti­zi­pa­tion des Hörfunks an 5G müssen die für die Radio­ver­brei­tung über 5G notwen­digen Frequenz­spek­tren dem Rund­funk zur Verfü­gung gestellt werden.

Zum Thema fand auch eine Anhö­rung mit privaten nieder­säch­si­schen Hörfunk­ver­an­stal­tern und Experten im Landtag statt. Der Ausschuss für Haus­halt und Finanzen teilt dabei die Auffas­sung des Landes­rech­nungs­hofs, dass sich ange­sichts der seit 20 Jahren andau­ernden, aber bisher wenig erfolg­rei­chen Förde­rung der Entwick­lung und Verbrei­tung von DAB/DAB+ und der weiterhin zu erwar­tenden hohen Kosten eines fort­dau­ernden Simul­cast­be­triebs die Betei­ligten entweder auf klare und krisen­si­chere Rahmen­be­din­gungen sowie über­schau­bare Fristen zum Ersatz von UKW durch DAB+ verstän­digen oder die Förde­rung der Verbrei­tung von DAB+ möglichst umge­hend beendet werden sollten.

Landes­re­gie­rung: Über Zukunft des Digi­tal­ra­dios ist nicht entschieden

Die Landes­re­gie­rung reagierte mit einer Stel­lung­nahme: Seitens der Gesetz­geber könnten zurzeit keine für alle Betei­ligten akzep­ta­blen Rahmen­be­din­gungen sowie konkrete Fristen für den Ersatz von UKW durch DAB+ fest­ge­legt werden. Die Gemenge­lage, insbe­son­dere bei den privaten und öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­ver­an­stal­tern, sei aktuell noch zu hete­rogen, vor allem auch vor dem Hinter­grund, dass sich bislang keine der neuen Über­tra­gungs­tech­niken etabliert habe.

Die Entschei­dung, ob ein Veran­stalter sein Angebot über DAB+ verbreite, obliege allein dem Unter­nehmen selbst. Die Länder beob­ach­teten jedoch sehr genau die weitere Entwick­lung der Akzep­tanz der verschie­denen Über­tra­gungs­sys­teme. Jede staat­liche Regu­lie­rung des Gesamt­sys­tems würde zudem einen massiven Eingriff in die jewei­ligen Geschäfts­mo­delle der Veran­stalter bedeuten und könnte in der Folge gege­be­nen­falls auch exis­ten­ti­elle Bedeu­tung für die Unter­nehmen haben.

Man verweist zudem darauf, dass seitens der Staats- und Senats­kanz­leien der NDR-Vertrags­länder zu keinem Zeit­punkt Förde­rungen zur Verbrei­tung von DAB+ gewährt wurden.

Nieder­sachsen manö­vriert sich ins digi­tale Abseits

Vergleicht man Nieder­sachsen mit anderen Bundes­län­dern, wo es zumin­dest Bestre­bungen der Politik gibt, das digital-terres­tri­sche Radio nach vorn zu bringen, manö­vriert sich Nieder­sachsen jedoch mit seiner Haltung immer mehr ins Abseits. Selbst Nord­rhein-West­falen hat seine lang­jäh­rige Blockade gegen DAB+ aufge­geben, bereits im März könnten regio­nale Kapa­zi­täten für den Privat­funk ausge­schrieben werden. Auch inter­na­tional kommt DAB+ stark voran: Soeben erst hat das EU-Parla­ment eine Digi­tal­radio-Pflicht für Neuwagen beschlossen, natio­nale Rege­lungen für andere Radio­mo­delle sollen folgen.

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