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Veranstaltung: Bund und Länder gemeinsam für DAB+

Bund und Länder treiben die Digitalisierung des Radios voran. UKW wird damit endgültig zum Auslaufmodell. Einen festen Abschalttermin wird es aber dennoch vorerst nur auf Landesebene geben.
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Schulterschluss bei DAB+ Breiter Schulterschluss bei DAB+
Digitalradio Deutschland
Nachdem das Digitalradio Board der Bundesregierung den Aktionsplan zur weiteren Entwicklung von DAB+ in Deutschland vorgestellt hat, setzen sich Bund und Länder weiter entschlossen für den Erfolg des Radiostandards DAB+ ein. DAB+ werde sich in den nächsten 12 Monaten sehr dynamisch entwickeln, lautete der Tenor der Veranstaltung "DAB+ im Dialog: Die Erfolgsfaktoren 2017", die am 7. März auf Einladung des Digitalradio Vereins Deutschland in Berlin stattfand. Auf hochkarätig besetzten Panels diskutierten Teilnehmer über zentrale Erfolgsfaktoren pro DAB+: geeignete politische Rahmenbedingungen, die zu erwartende zusätzliche nationale Programmvielfalt über den zweiten Bundesmux sowie drittens DAB+ mobil, also digitales Radiohören im Auto. Schulterschluss bei DAB+ Breiter Schulterschluss bei DAB+
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Politik will Vielfalt im Radio stärken

In ihrer Keynote erklärte Dorothee Bär, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), dass mit dem vorgelegten "Aktionsplan für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter" ausreichend Rückenwind vorhanden sei für die weitere Beratung durch die Rundfunkkommission der Länder am 15. März. Ziel sei es, mit der Digitalisierung die Chancen für das Medium Radio auch in der digitalen Welt zu erhalten, vor allem "mehr Vielfalt und auch mehr Wettbewerb, der die Balance im dualen Rundfunksystem bewahrt", so Bär. Sie wies Kritik durch den Branchenverband VPRT zurück: "Radioempfänger sollen in der Lage sein digitale Signale zu empfangen. Wir haben einen Vorschlag entwickelt, der technologieneutral auf eine digitale Schnittstelle abzielt und DAB+ nicht einseitig bevorzugt. Die Gegenargumentation des Verbands ist nicht stringent." Einen festen Abschalttermin für UKW auf Bundesebene wollte sie aber weiter nicht präsentieren, dagegen wollen einige Bundesländer UKW im Jahr 2025 abschalten und haben dieses Datum in ihren Landesgesetzen verankert.

Bärs Kollegin Heike Raab, Staatssekretärin und Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und in Europa, für Medien und Digitales, unterstrich die Beteiligung der Länder an der Digitalisierung des Hörfunks: Für sie stehen die sogenannte Smart-Radio-Regelung und ein Moratorium für die Vergabe frei werdender analoger Übertragungskapazitäten im Zentrum der Beratungen. "Wir wollen weg von den Sorgen und hin zum Vertrauen!", kündigte sie in ihrer Keynote an, auch mit Blick auf die Bedenken einiger Privatradios. Der Aktionsplan enthält einen Passus, der von der Industrie fordert, ab 2019 nur noch Multi-Norm-Geräte anzubieten, die analoge und digitale Signale empfangen können. Der Aktionsplan regelt ferner den Umgang mit frei werdenden UKW-Frequenzen, die künftig nicht neu vergeben werden sollen.

Für den Verein Digitalradio Deutschland fasste dessen Vorsitzender und Deutschlandradio-Intendant Dr. Willi Steul zusammen: "Gerade der Schulterschluss zwischen Bund und Ländern sowie das große Interesse am zweiten Bundesmux zeigen uns, dass DAB+ auf UKW folgen wird. Wir lassen uns auch nicht von der Kritik Einzelner aufhalten, besonders weil die Teilnehmer des Digitalradio Boards den Aktionsplan mit nur einer Gegenstimme mit überwältigender Mehrheit beschlossen haben. DAB+ ist im Markt angekommen".

Breiter Schulterschluss: Inzwischen sind (fast) alle für DAB+

Dr. Ulrich Liebenow, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Digitalradio der ARD, erläuterte, welche enorme Kraft der Senderverbund bei DAB+ entfalte, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Ein zügiger Netzausbau sowie Kommunikation und Marketing seien wichtig, ohne Berührungsängste mit den privaten Anbietern. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das zweistufige Modell für den Übergang auf die digitale Hörfunkverbreitung, das die ARD in die Diskussion mit allen Marktteilnehmern eingebracht hat. Die ARD würde ihre Ausbaupläne auf dieser Grundlage weiter umsetzen.

Bayern wird vorhandene Sende-Kapazitäten für den Privatfunk nutzen und mit einer neuen Aufteilung Programmkosten senken. Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) gelang es, private und öffentlich-rechtliche Sender in gemischten, regionalen Multiplexen zusammenzuführen. In wenigen Monaten sollen die ersten privaten Programmanbieter aufgeschaltet werden. "DAB+ ist nicht mehr aufzuhalten. Unser Modell ist das fairste, damit Private diesen Weg mitgehen können", so Schneider.

Wolfgang Breuer, CEO der Media Broadcast, beschrieb, warum das Unternehmen nach dem geplanten Rückzug aus der analogen UKW-Verbreitung nun ganz auf die Digitalisierung des Hörfunks setzt: "Wir werden auch in 20 Jahren noch lineares Radio haben, wir werden in 20 Jahren auch noch über 50 Millionen Fahrzeuge haben. Eine digitale Broadcast-Technologie ist die beste und effizienteste dafür." Breuer kündigte beim ersten Bundesmux für 2017 den Ausbau auf 120 Sendeanlagen an und zeigte sich optimistisch, dass sein Unternehmen auch den Netz- oder Plattformbetrieb des zweiten Bundesmuxes übernehmen könne.

Olaf Hopp vertrat als CEO von Radio Energy die privaten Sender und bekannte sich klar zu DAB+ als Investition in die Zukunft mit starken wirtschaftlichen Perspektiven. Zusammen mit weiteren privaten Anbietern wolle man die Reichweitenforscher der agma zur Weiterentwicklung der Resonanzforschung bewegen, damit digitale Sender besser ausgewiesen werden und damit eine Refinanzierung möglich wird: "Auch neue DAB+ only-Sender müssen eine faire Chance auf dem Markt haben."

Eine mögliche Rückkehr des Privatradioverbands VPRT zum DAB+-Fahrplan stellte Ulrich Hürter, Mitglied im Fachbereichsvorstand Radio- und Audiodienste im VPRT, in Aussicht. Er kenne die Stellungnahme seines Verbandes zur Roadmap, "ein Beschluss ist es noch nicht" und "sie wurde in meinem Urlaub verabschiedet", sagte Hürter vor erfreut lachendem Publikum.

Einigungsgespräche beim zweiten Bundesmux

Mit Spannung erwartet wurde der Bericht zur neuen Programmvielfalt auf dem zweiten Bundesmux. Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, informierte in seiner Keynote darüber, dass man in Einigungsgesprächen ausloten wolle, ob die vier Bewerber untereinander Kooperationspotenzial sähen. Spätestens im Juni werde eine Auswahlentscheidung getroffen.

Fuchs freute sich besonders über das Engagement privater Anbieter in Hamburg: So hätten mit Radio Hamburg und Hamburg Zwei weitere Sender Verträge unterschrieben. Inzwischen sei der regionale Privatradio-Multiplex in Hamburg ausgebucht.

DAB+ bald serienmäßig in allen Fahrzeugen

Der dritte Erfolgsfaktor für DAB+ ist die künftige Marktdurchdringung mit DAB+ Autoradios. Laurence Harrison, Auto-Fachmann von Digitalradio UK, stellte die Erfolgsfaktoren von DAB+ in Großbritannien vor. Er betonte die Bedeutung eines engen Austausches zwischen Programmanbietern und Autoherstellern. Dies gelänge Digitalradio UK sehr gut. Inzwischen sei man auf knapp 90 Prozent Serienausstattung bei Neufahrzeugen gekommen.

Im anschließenden Automotive-Panel plädierte Dr. Volker Schott vom Verband der Automobilindustrie dafür, dass DAB+ in punkto regionaler Netzabdeckung und Programmvielfalt noch interessanter werden müsste, um Autofahrern einen besseren Mehrwert zu bieten. Für Frank Nowack, bei Ford zuständig in der Entwicklung von Multimedia-Systemen, ist bei einer Kundennachfrage von 30 bis 40 Prozent die Schwelle erreicht, ab der Autohersteller über DAB+ Radios als Serienausstattung nachdächten. Derzeit sind rund 21 Prozent aller deutschen Neuwagen mit DAB+ ausgerüstet. Vor einem Jahr waren es nur rund 14 Prozent.

Johannes Boos, ADAC Hörfunk, plädierte für eine schnelle Integration von DAB+ Radios in Autos, gerade mit Blick auf Reisen ins europäische Ausland: "Wir brauchen Planungssicherheit, daher brauchen wir heute schon Geräte, die alle wichtigen Übertragungsstandards, auch DAB+, abbilden können."

Carsten Friedrich, Account Direktor der Firma Mediamobile, sieht noch großen Handlungsbedarf beim Thema mobile Datenübertragung über den sowohl DAB+- als auch IP-basierten Standard TPEG: "Es gibt inhaltsstarke Argumente für TPEG, aber sie haben leider bisher nicht das Gehör in der Automobilindustrie". Man müsste sich mit Hörfunkveranstaltern, Automobilherstellern und Providern dringend an einen Tisch setzen, bevor häufig kostenpflichtige, internetbasierte Konkurrenzprodukte im Bereich Verkehrsinformationen und Telematik das Rennen machen.

Anfang des Jahres haben wir getestet, welche Unterschiede es beim Empfang von DAB+ und UKW gibt.

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