Überwachung

Handy-Überwachung in Deutschland auf dem Vormarsch

Um Verdächtige in Ermittlungen aufzuspüren, wird der Aufenthaltsort mitunter auch per Smartphone oder Handy abgefragt. Genau diese Methode für Ermittlungen hat im vergangenen Jahr wieder deutlich zugenommen.
Von Stefan Kirchner

Überwachung Die Handy-Überwachung hat 2017 stark zugenommen
Foto: picture alliance / dpa
Datenschutz und digitale Privatsphäre wird spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden und den umfangreichen Überwachungs­maßnahmen der Geheimdienste NSA (USA) und GCHQ (Großbritannien) wieder verstärkt in den Vordergrund gerückt. Gerade die Möglichkeiten der Überwachung sorgten damals für Aufsehen.

Nun wurde bekannt, dass der Verfassungs­schutz deutlich mehr sogenannte Stille SMS verschickt, um Verdächtige in laufenden Ermittlungen zu orten und zu überwachen. Dies geht aus einer Anfrage des Fraktions­abgeordneten Andrej Hunko der Linkspartei hervor, wie das Handelsblatt berichtet.

Dem Bericht zufolge wurden mehr als 180 000 dieser speziellen SMS-Nachrichten allein im zweiten Halbjahr 2017 verschickt. Im Vorjahres­zeitraum waren es mit 144 000 Stiller SMS noch deutlich weniger Fälle, um Verdächtige zu überwachen.

Verstärkte Überwachung

Überwachung Die Handy-Überwachung hat 2017 stark zugenommen
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Auch das Bundes­kriminalamt (BKA) setzte im vergangenen Jahr wieder verstärkt auf das frag­würdige Mittel für Ermittlungen. Waren es im zweiten Halbjahr 2016 noch etwa 17 000 Stille SMS, stieg die Zahl der verschickten Stillen SMS im zweiten Halbjahr 2017 auf 22 000.

Selbst die Abfrage von Standorten Verdächtiger über die Funkzelle wurde vom BKA im vergangenen Jahr häufiger genutzt. Alleine in den letzten 6 Monaten des Jahres 2017 wurde 376 mal die Funkzellen­ortung genutzt - im Jahr davor war das Rechts­mittel nur in einem einzigen Fall eingesetzt worden.

Bei der Anfrage an die Bundes­regierung kam zudem heraus, dass der IMSI-Catcher von der Justiz­behörde insgesamt 61-mal im vergangenen Jahr genutzt wurde. Zum Vergleich: 2016 wurden über die Methode lediglich 8 Telefonate abgehört.

Die Sache mit den Prepaid-SIMs

Kein Wunder, dass sich der Linken­politiker alles andere als begeistert zeigt. "Handys sind zum Telefonieren da, nicht um deren Besitzer heimlich zu verfolgen", sagte Hunko. "Durch die neuen Fähigkeiten von Polizei und Diensten wird das Vertrauen in die digitale Privat­sphäre weiter ausgehöhlt."

Sein Kollege Patrick Sensburg, Geheimdienst­experte der CDU, sieht dies wenig verwunderlich etwas anders. Als Begründung für den zunehmenden Einsatz Stiller SMS zur Ortung und Verfolgung von Verdächtigen führt er an, dass Terroristen und andere Straftäter verstärkt auf Prepaid-SIM-Karten zurück­greifen, um miteinander zu kommunzieren.

Als Beispiel führt er an, dass bei Durchsuchungen und Razzien im Inland, aber auch in Ländern wie Syrien oder Irak Hunderte dieser SIM-Karten gefunden wurden. Manche der SIM-Karten seien den Ermittlungen zufolge auch als improvisierte Zünder für geplante Bomben­anschläge vorgesehen gewesen. "Sowie die Zahl der zirkulierenden SIM-Karten steigt, muss sich leider auch die Kommunikations­überwachung auf mehr Anschlüsse ausdehnen", sagte Sensburg.

In einem weiteren Beitrag lesen Sie, wie Handys und Smartphones durch Bundes­behörden überwacht werden können und wie Stille SMS sowie der IMSI-Catcher funktionieren.

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